Tornado in den Niederlanden

Am gestrigen Dienstag wurde in Heusden in den Niederlanden ein Tornado gefilmt, bei Temperaturen um 10 Grad. Wie kam es dazu?

Am gestrigen Dienstag, dem 19.05.2015, ist ein Tornado über den Ort Heusden in den Niederlanden bei Eindhoven hinweg gezogen. Bilder und Videos zeigen umgestürzte Bäume und Gebäudeschäden. Wie kann ein Tornado bei Temperaturen um 10 Grad entstehen?

Der Tornado im Video

Es war kurz nach 19 Uhr, als eine dunkle Gewitterwolke von West-Südwest her auf den Ort Heusden in der Nähe von Eindhoven in den Niederlanden zuzog. Der Wind frischte auf, und kurz danach wurden folgende Videoaufnahmen gemacht:


Amateuraufnahmen des Tornados von Heusden bei Eindhoven am Abend des 19.05.2015

Wie dort zu sehen ist, zog der Tornado über einen größeren Hühnerstall und verursachte dort erhebliche Schäden, wie entsprechende Bilder lokaler Medien zeigen. Ebenfalls stürzte ein größerer Baum auf eine Straße, er musste von der örtlichen Feuerwehr beseitigt werden. Hier Aufnahmen einer Überwachungskamera:

Wie man dort sieht, sind die Schäden nicht mit den jüngsten Vorfällen hier in Deutschland vergleichbar. Dennoch mag es den ein oder anderen verwundern, unter welchen Umständen sich dieser Tornado gebildet hat, erwartet man doch vor einem Gewitter, das einen Tornado produziert, schwül-warme Luft. Im Fall des Tornados in Heusden lag die Temperatur allerdings um 10 Grad. 

Tornados in kalter Luft?

Was wir also hier erkennen ist, dass es zur Bildung eines Tornados eben keine schwül-warme Luft braucht, wie man vielleicht annehmen sollte. Nicht einmal ein Gewitter ist zwingend nötig, um einen Tornado entstehen zu lassen. Doch kommen wir zunächst zu diesem speziellen Fall vom gestrigen Dienstagabend gegen 19:15 Uhr. Was ist geschehen? 

Die Kaltfront des Tiefs DIETHELM ist bereits am früheren Tag von Nordwesten her über die Niederlande hinweg gezogen, und deutlich kältere Luft erreichte von der Nordsee her das Land. Doch die kälteste Luft sollte erst noch nachfolgen mit Temperaturen von teils unter -30 Grad in gut 5 km Höhe. Auf der Vorderseite dieses Troges entstanden mehrere Konvergenzlinien. An diesen Linien strömt die Luft am Boden zusammen und muss aus physikalischen Gründen dementsprechend aufsteigen. 

Damit haben wir es mit einer aufsteigenden Luftbewegung und einem großen Temperaturunterschied mit der Höhe zu tun, einer großen Labilität. Hinzu kommt in diesem Bereich eine starke Windscherung, also eine große Änderung des Windes mit der Höhe. Die Folge war die Bildung von Superzellen, wie man sie auch als sommerliche Schwergewitter kennt. In der kalten Luft waren sie allerdings nicht so hoch reichend, sondern wir haben es mit flachen Superzellen (low-topped supercells) zu tun. Dennoch ist die Physik die gleiche: der Aufwindbereich gerät in Rotation, und wenn dieser Luftwirbel stark genug ist, kann er sich bis zum Boden durchsetzen, ein Tornado ist entstanden.

Flache Superzellen können sogar im Winter entstehen und starke Tornados produzieren. Das beste Beispiel sind die Fälle, die bei Durchzug des Orkantiefs KYRILL 2007 entstanden sind. Mindestens vier von ihnen hatten die Stärke F3 auf der 5-stufigen Fujita-Skala, hatten also die gleiche Stärke wie die Tornados aus Bützow und dem Kreis Augsburg in den vergangenen Wochen.