Tornado in Mailand

Tornado-Alarm gestern im Norden Italiens, unter anderem in Mailand. Hier die Hintergründe und Videos

Aus dem Norden Italiens wurden gestern mehrere Tornados gemeldet. Die meisten Berichte stammen aus der Umgebung von Mailand. Dort selbst wurde ein Industriegebiet verwüstet und Menschen verletzt.

Umgeworfene LKW und umherwirbelnde Trümmer
In Trezzo Sull'Adda, einem Industriegebiet nordwestlich von Mailand, gab es dabei große Verwüstungen. Nach Medienangaben sollen zwölf Menschen verletzt sein, Berichte von Todesopfern gibt es bisher nicht.

Der Tornado berührte dort am Nachmittag den Boden. Die Wucht dieses Wirbelsturms erkennt man anhand von Augenzeugenvideos. Dort ist zu sehen, wie Trümmer umhergewirbelt werden und sogar große LKW umgeworfen und verschoben wurden:

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Das folgende Augenzeugenvideo zeigt besonders beeindruckend, wie auch große Trümmer und ganze Dachbauteile in der Luft wirbeln. Man sollte jedoch betonen, dass das Filmen in der Nähe des Fensters lebensgefährlich war. Die Trümmer werden in dem Luftwirbel mit hoher Geschwindigkeit geschleudert und verwandeln sich dabei in tödliche Geschosse:

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Zuvor kam es auch in San Remo an der Rivieraküste zu einem Tornado. Man sieht nach etwa 10 Sekunden, wie die Gegenstände des Strandes durch die Luft gewirbelt werden. Mutmaßlich handelt es sich hier um eine Wasserhose, die an Land kam. Mit Wasserhose bezeichnet man Tornados, die über dem Wasser entstehen. 

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Wie entstanden die Tornados?
Gestern lag der Nordwesten Italiens, ähnlich wie der Osten Deutschlands in der Nähe der gleichen Luftmassengrenze zwischen feucht-warmer Luft im Osten und kühlerer Meeresluft im Westen. Wichtig sind nun die Vorgänge in der Höhe. Dort lässt sich ein scharfer Trog erkennen. Ein Trog ist eine nach Süden gerichtete Ausbuchtung in der Höhenströmung. In diesem stößt kühlere Luft nach Süden vor.

Man kann sich so einen Trog wie eine Baustelle auf einer Autobahn vorstellen: Vor dem Trog kommt es zu einem Stau, in diesem Falle der Luft, dort befindet sich also ein Masse-Überschuss. Auf der Rückseite dagegen, hinter der "Baustelle", kommt es zu einem Masse-Mangel, die Luft strömt schneller. Dies ist auch anhand der Windgeschwindigkeiten in Abb. 2 zu sehen.

Der zweite Effekt ist die Verwirbelung der Luft, die an so einem Trog entsteht. Der Meteorologe hat dafür den Begriff der Vorticityadvektion. Vorticity heißt so viel wie "Wirbelhaftigkeit", und mit "Advektion" wird das Heranbringen einer Eigenschaft bezeichnet. Für die Entstehung von Tornados interessant ist die unmittelbare Vorderseite solch eines Troges. Dort wird die Luft dazu gebracht, gegen den Uhrzeigersinn zu drehen (positive Vorticity), was mit aufsteigender Luftbewegung und Tiefdruckentstehung am Boden einher geht.

Nun sehen wir in der Karte in Abb. 3 in der Höhe ein Maximum an positiver Vorticityadvektion über dem Nordwesten Italiens, der sich am oberen Rand der Skala befindet. Die feucht-warme Luft am Boden wird also zum Aufsteigen gebracht, durch die Winddrehung und -zunahme mit der Höhe können so genannte Superzellen entstehen, die auch Starkregen und großen Hagel produzieren.

Der Aufwindschlauch gerät durch die Windänderung in Rotation, und so haben wir alle Zutaten beisammen, die zur Bildung eines Tornados notwendig sind, so auch zu sehen anhand des Radiosondenaufstiegs in Mailand gestern um 14 Uhr (Abb. 4).

Zum Schluss zeigen wir noch einen Satellitenfilm von gestern zwischen 14:45 und 16:30 Uhr. Blickt man in den Nordwesten Italiens, so kann man gut erkennen, wie die Gewitterwolken explosionsartig entstehen und der weiß leuchtende Amboss sich am oberen Rand der Troposphäre ausbreitet:

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