Von Sonnenlicht in der Nacht und einem flinken Boten

Die Tage werden rapide kürzer und die Nächte länger. Grund genug, einen Blick an den Nachthimmel zu werfen - es gibt einiges zu entdecken.

Vorausgesetzt, es zeigen sich Wolkenlücken, lohnt sich ein Blick an den Nachthimmel ja das ganze Jahr über. Die immer früher einsetzende Dämmerung macht dies abends leichter, und auch morgens machen viele von uns (oft, ohne darüber nachzudenken) so manche astronomische Beobachtung. Was kann man sehen? Und wo liegen überhaupt die "Grenzen" der Nacht?

Ein "Knips" zwischen Tag und Nacht und wieder zurück?

Zwar wird es momentan abends relativ schnell dunkel und morgens auch verhältnismäßig schnell wieder hell, aber eine gewisse Zeit zwischen Tag und Nacht, die Dämmerung, gibt es auch jetzt, zehn Tage vor dem astronomischen / kalendarischen Herbstanfang. Für uns Meteorologen hat der Herbst ja schon am 1. September angefangen, da sich ganze Monate für die Statistik besser auswerten lassen. Mit dem Überschreiten der Sonne des Äquators in südlicher Richtung beginnt am 22. September der Herbst auch auf dem Kalender und für die Astronomen.

Zu den Zeiten der Frühlings- und Herbst-Tagundnachtgleiche merkt man die schnell ansteigende bzw. abnehmende Tageslänge recht deutlich. Hat man vor zwei Wochen um eine bestimmte Zeit abends noch im Hellen draußen gesessen und konnte ohne Licht lesen, ist dies nun unter Umständen nur noch schwer möglich - abgesehen davon, dass es das derzeitige wechselhafte Wetter oft schwierig macht, gemütlich den Abend im Freien zu verbringen. Doch "wechselhaft" bedeutet ja nicht dauerhaft unfreundlich, und so bieten sich auch immer wieder Gelegenheiten, zur Zeit der Dämmerung außerhalb unserer Häuser den Übergang zwischen Tag und Nacht (und umgekehrt) zu beobachten.

Man unterscheidet drei Phasen der Dämmerung: Nach Sonnenuntergang befinden wir uns zunächst in der Bürgerlichen Dämmerung. Es ist noch ziemlich hell (anfangs merkt man ohne direkte Sicht zum Westhorizont nicht unbedingt, ob die Sonne schon untergegangen ist) und der Tag ist eher präsent als die Nacht. Befindet sich die Sonne 6 Grad unter dem Horizont, endet die Bürgerliche Dämmerung; die Nautische Dämmerung beginnt. Erste hellere Sterne und (sofern über dem Horizont) werden sichtbar. Die Nautische Dämmerung ist beendet, wenn sich die Sonne 12 Grad unter dem Horizont befindet. Dann fängt die Astronomische Dämmerung an. Die obersten Schichten der Atmosphäre werden noch vom Sonnenlicht beleuchtet (im Sommer kann man in manchen Nächten die Leuchtenden Nachtwolken erkennen), auch wenn es schon "dunkel" im allgemeinen Sprachgebrauch ist. Erst, wenn die Sonne tiefer als 18 Grad unter dem Horizont steht, ist es auch astronomisch dunkel. Morgens geht es umgekehrt von der Nacht über die Astronomische, Nautische und Bürgerliche Dämmerung in den Tag.

Was man nachts derzeit so sehen kann

Zu Beginn der Nacht sollte man sich bei entsprechend wenigen Wolken - wenn man die Himmelsrichtungen nicht kennt - zunächst am Himmel orientieren. Den Großen Wagen als Teil des Sternbildes Großer Bär kennt nahezu jedes Kind. Hat man ihn gefunden, gelangt man, den rechten Teil des Wagens etwa 4 bis 5 Mal nach oben verlängernd, zum Polarstern im Sternbild Kleiner Bär (wiederum ist der Kleine Wagen ein Teil dieses Sternbildes). Zieht man eine gedachte Linie vom Polarstern zum Horizont, weiß man, wo Norden ist. Ein heller Stern, der am Nordosthorizont funkelt, ist Kapella im Sternbild Fuhrmann. Er ist - wie der Große und Kleine Wagen - bei uns nahezu das ganze Jahr über zu sehen. Im Westen, also in der Verlängerung der Deichsel des Großen Wagens, ist halbhoch ein heller Stern sichtbar: Arktur im Sternbild Bootes (Bärenhüter), der dem Großen Wagen folgt bzw. der den Großen Bären vor sich her um den Himmelsnordpol treibt. Fast im Zenit, also über unseren Köpfen, sehen wir den Stern Wega im Sternbild Leier, einem typischen Sommersternbild. Weiter in Richtung des Südhorizonts erkennt man halbhoch den Stern Atair im Sternbild Adler. Zusammen mit Wega und Atair bildet der links, also östlich von Wega und links oberhalb, also nordöstlich von Atair stehende Deneb im Sternbild Schwan das sogenannte Sommerdreieck. Geht man vom Sommerdreieck ein ganzes Stück nach rechts unten, gelangt man über dem Südwesthorizont zu einem weiteren, recht hellen Himmelskörper. Dies ist aber kein Stern, sondern der Planet Saturn. Blickt man nach Osten, erkennt man, ungefähr auf halber Höhe zwischen Deneb im Schwan und dem Osthorizont, ein auf der Spitze stehendes Viereck aus Sternen, das zum Sternbild Pegasus gehört.

Wer früh morgens einen Blick an den Himmel wirft, sieht vom Sommerdreieck noch die Wega in der Leier tief am Nordwesthorizont stehen, außerdem den etwas höher und weiter westlich (links oben) stehenden Deneb im Schwan. Das Pegasus-Quadrat ist nach Westen gezogen. Die Kapella im Fuhrmann steht fast direkt über uns nahe des Zenits. Etwas tiefer sehen wir den abnehmenden Mond, und rechts davon den Stern Aldebaran im Sternbild Stier. In Richtung des Horizonts steht ein prominentes Wintersternbild, der Orion. Dessen drei "Gürtelsterne" sind ebenso wie der links oben (nordöstlich) stehende Stern Beteigeuze und der rechts unten (südwestlich) stehende Stern Rigel einprägsam. Von den Gürtelsternen in südöstlicher Richtung (links unten) aus gesehen, befindet sich der hellste Stern des gesamten Himmels, Sirius im Sternbild Großer Hund. Er funkelt auffällig in verschiedenen Farben. Ein nicht so heller, aber dennoch auffälliger Stern ist Prokyon im Sternbild Kleiner Hund und liegt links oberhalb (nordöstlich) von Sirius. Halbhoch über dem Osthorizont befinden sich die beiden Sterne Castor (etwas höher) und Pollux (etwas tiefer) im Sternbild Zwillinge. Pollux, Kapella, Aldebaran, Rigel, Sirius und Prokyon bilden zusammen die Konstellation des Wintersechsecks (wie das Sommerdreieck kein offizielles Sternbild, aber gut zu merken).

Recht tief über dem Osthorizont fällt ein sehr heller Lichtpunkt auf, der selbst den Sirius noch deutlich an Strahlkraft übertrifft. Es handelt sich um den Planeten Venus, unseren inneren Nachbarplaneten und den hellsten Himmelskörper nach dem Mond und der Sonne. Momentan ist die Venus der "Morgenstern"; manchmal spielt sie ihre Rolle als Abendstern. Noch tiefer am Osthorizont als die Venus sind in den nächsten Tagen bei guten Bedingungen zwei weitere Planeten zu sehen: Im Sternbild Löwe steht zum einen der flinke Merkur, der innerste Planet unseres Sonnensystems. Er durchläuft gerade seine günstigste Morgensichtbarkeit des ganzen Jahres. Nur wenige Tage im Jahr kann man ihn überhaupt mit dem bloßen Auge "erwischen". In der Nähe vom Merkur zeigt sich in den nächsten Tagen allmählich auch unser äußerer Nachbarplanet, der Mars. Im Vergleich zum Merkur besitzt der von rostähnlichem Material überdeckte Mars eine deutlich mehr ins orange oder rötliche gehende Färbung.

Nicht nur Sterne und Planeten sowie den abnehmenden Mond kann man bei gutem Wetter (es reichen ja schon einige größere Wolkenlücken, und natürlich ausreichend warme Kleidung) in den kommenden Nächten, genauer am frühen Morgen, einen weiteren "Himmelskörper" sehen. Dieser bewegt sich aber innerhalb von einigen Minuten über den Himmel (Zugrichtung von West nach Ost) und ist im Gegensatz zu den vorher beschriebenen Objekten in künstlicher Himmelskörper. Es handelt sich um die Internationale Raumstation ISS. Diese muss, anders als Flugzeuge, nicht beleuchtet sein, und doch kann man den Eindruck bekommen, sie würde helle Scheinwerfer besitzen, mit der ihre Position angezeigt wird. Tatsächlich aber ist es die reflektierende Oberfläche der ISS, die das Sonnenlicht (bei einer Flughöhe von derzeit gut 400 km auch nach Ende bzw. vor Anfang der astronomischen Dämmerung möglich) spiegelt und auf die Erde wirft. Am Mittwochmorgen kann die ISS gegen 5.30 Uhr gesehen werden, am Donnerstagmorgen zieht sie ungefähr um 4.38 Uhr über den Himmel und am Freitagmorgen kann sie etwa um 5.20 Uhr beobachtet werden.

Zwar befindet sich Deutschland im Einflussbereich von Tiefdruckgebieten, was zeitweise starke Bewölkung sowie Regen und Wind bedeutet, aber es gibt auch Ausnahmen: Zum Mittwochmorgen hin gibt es besonders im Osten und Süden des Landes gute Chancen auf größere Wolkenlücken oder auch mal (fast) wolkenfreie Abschnitte. Am Donnerstagmorgen sind vor allem zwischen dem Emsland und Vorpommern sowie zwischen Oberschwaben und Niederbayern einige Auflockerungen zu erwarten. Der Freitagmorgen bietet vor allem in der Südhälfte die eine oder andere Gelegenheit, das frühe Aufstehen oder das lange Wachbleiben mit einem Blick an den Sternenhimmel mit all den Schönheiten inklusive des einen oder anderen Planeten sowie der Internationalen Raumstation zu belohnen.

Für die genaue Vorhersage, wann wo die ISS zu sehen ist, und für viele weitere Anregungen für astronomische Beobachtungen, seien die folgenden Internetseiten empfohlen: Heavens-Above und Calsky

Für alle Fragen rund ums Wetter gibt es bei Wetter24, den Kollegen der Unwetterzentrale und bei MeteoEarth weitere Informationen.