Gespenstische Ruhe durch Schnee

Noch eben dröhnte der Straßenverkehr durchs Fenster und plötzlich herrscht Ruhe. Frischer Schnee wirkt wie ein Schalldämpfer. Doch warum ist das so?

Wie sich herausstellt, gibt es einen wissenschaftlichen Grund hinter der plötzlichen Stille, die mit den physikalischen Eigenschaften von Schnee im Zusammenhang steht. Es ist wissenschaftlich erwiesen, dass Schnee Schallwellen absorbiert bzw. verschluckt. Schon in der Schule lehrte man uns, dass sich Schallwellen je nach Medium sehr unterschiedlich ausbreiten. So klingt die Stimme unter Wasser anders als an Land und in einer großen Turnhalle anders als beispielsweise in der kleinen Imbissbude an der Ecke.

Leise rieselt der Schnee

Schnee besteht zu etwa 90 Prozent aus Luft, der Rest aus Eis. Feine Eiskristalle verhaken sich und es entstehen zum Teil gitter- oder würfelähnliche Muster mit Hohlräumen. Treffen nun Schallwellen auf die Schneedecke, so werden diese gestreut oder absorbiert. Ein Großteil der Schallwellen dringt in den Schnee ein und findet nicht mehr heraus. Der Schall wird im wahrsten Sinne geschluckt. Die Schallwellen irren in den Hohlräumen und den Kristallgängen umher und verlaufen sich schließlich, ein nicht unbedeutender Teil wird in Wärmeenergie umgewandelt.

Altschnee nur bedingt geräuschdämmend

Am besten funktioniert das „Schalldämpfen“ bei frischem Puder- oder Pulverschnee, dieser bietet ausreichend Hohlräume und Kristallgänge. Es ist erstaunlich, wie gut die Geräuschminderung wirkt, vor allem bei hohen Frequenzen. Schon ein halber Zentimeter reicht, um den Effekt wahrzunehmen. Die Schallabsorption wird auf einer Skala von 0 bis 1 gemessen. Basierend auf Messungen liegt die Schallabsorption durch Schnee zwischen 0,5 und 0,9. Zum Vergleich: Der Absorptionsgrad von Fensterglas liegt meist bei 0,04 bis 0,4. Nun ist Schnee nicht gleich Schnee und alle Theorie wird irgendwann grau. Altert der Schnee, wird der Schnee Tauprozessen ausgesetzt, folgt dann noch Gefrieren, so verliert die weiße Pracht mitunter die Fähigkeit der Schalldämpfung. Die Oberfläche reflektiert dann einen großen Teil der Schallwellen und diese können leicht von unseren Ohrmuscheln aufgefangen werden.

Zum Teil auch Kopfsache

Den physikalischen Hintergrund hätten wir nun geklärt, doch haben sich auch Psychologen dem Thema gewidmet. So konnte mit einem Experiment nachgewiesen werden, dass Probanden einen vorbeirauschenden Zug lauter wahrnehmen, wenn er im Sommer durch die Landschaft fuhr und leiser in einer winterlichen Umgebung. Unsere Augen scheinen demnach die Höreindrücke zu beeinflussen. Unser Gehirn hat gespeichert, dass Schnee die Lautstärke dämpft und dieser Impuls oder Gedankengang setzt sich dann in einer Meinung fest. Sitzt man hingen in der Wohnung und sind die Scheiben verdunkelt, so lässt sich der „psychologische“ Effekt nicht bestätigen.