Niedrigwasser an Rhein und Donau auf Rekordkurs

Eine beispiellose Niedrigwasserphase beschäftigt die Einzugsgebiete von Rhein und Donau. Aktuelles von unserem Experten Andreas Wagner:

So wenig Wasser führten Rhein, Donau und deren Nebenflüsse selten: Durch immer wiederkehrenden Hochdruckeinfluss geht die Trockenheit auch in der kommenden Woche und wahrscheinlich auch bis über den Monatswechsel hinaus weiter. Dementsprechend sind die Flusspegel an besagten Gewässern auf Rekord-Niedrigkurs. Einen aktuellen Überblick über die Situation gibt uns unser Hydrologie-Experte Andreas Wagner.

Wetterlage

In den letzten Wochen ist ein immer wiederkehrendes Muster bei der Druckverteilung über dem europäischen Kontinent festzustellen: Über Mitteleuropa etabliert sich immer wieder ein ausgedehntes und hartnäckiges Hochdruckgebiet, während an seinen Rändern Tiefs unbeständiges und für die jeweiligen Regionen auch jeweils ungewöhnliches Wetter bringen. Wie diese "Wetterkapriolen" entstehen, kann man sich am besten mithilfe unseres Gratis-Tools MeteoEarth.com vergegenwärtigen:

Mild in Skandinavien, kalt am Mittelmeer

Dieses Hochdruckgebiet über Zentraleuropa ist angefüllt mit bodennah kalter Luft, da sich diese nach teils klaren Nächten vor allem über Schnee stark abkühlen kann, welches letzten Endes auch das Hoch selbst am Leben erhält (schwere und absinkende Luft lässt den Druck am Boden steigen). Gleichzeitige weht die Luft bei uns auf der Nordhalbkugel aus dem Hoch heraus mit dem Uhrzeigersinn. Stellt man sich dieses vor oder betrachtet den Windstream bei MeteoEarth.com, so kann man leicht nachvollziehen, dass über Nordeuropa dementsprechend vornehmlich westliche Windrichtungen vorherrschen, während über dem Mittelmeerraum die Hauptwindrichtung Ost sein muss. Über weiten Teilen Skandinaviens und auch Nordosteuropas sorgen daher Tiefs mit atlantischen Luftmassen für milde und feuchte Luft, was sich dort in unbeständigem Wetter bei für die Jahreszeit zu hoher Temperatur ausdrückt.

Anders dagegen Südeuropa: Dort kann die sehr kalte Festlandsluft aus Osteuropa in den Mittelmeerraum eindringen und kommt daher in Kontakt mit dem sehr milden Meereswasser. Dieses wiederum sorgt dafür, dass sich kräftige Tiefs entwickeln können - bei ungewöhnlich kalter Witterung für die Region. Dies erklärt damit auch die als "Wetterkapriolen" beschriebenen Schneefälle der letzten Tage bis in tiefere Lagen im Osten Spaniens inklusive Mallorca und ins Atlasgebirge im Norden Afrikas.

Rekordverdächtiges Niedrigwasser an Rhein und Donau

Tiefs kreisen also in einem weiten Bogen um Mitteleuropa und damit auch Deutschland herum, während hierzulande lediglich die Frage besteht, ob sich nun eher trüb-graues Nebel- und Hochnebelwetter hält oder die Sonne scheint. In beiden Fällen bleiben nennenswerte Niederschläge aus, und die Vorhersagemodelle bescheinigen mit jeder neuen Berechnung mehr die Erhaltungsneigung dieser Wetterlage. Erfahrungsgemäß ist dabei auch die kalte und damit schwere Luft nur sehr schwer durch atlantische Tiefs auszuräumen. Doch ohnehin sind wir auch nach Prognoserechnungen weit davon entfernt, wie die Prognose der Niederschlagssumme bis Monatsende des europäischen Vorhersagemodells ECMWF zeigt. Wie deutlich zu sehen ist, bleiben nennenswerte Niederschläge für Deutschland und die weitere Umgebung größtenteils aus. 

Unser Flusspegel-Experte Andreas Wagner dazu: "Eine schier beispiellose Niedrigwasserphase beschäftigt seit Monaten die gesamten Einzugsgebiete von Rhein und Donau. Auch wenn Tief EGON kurzfristig für eine leichte Entspannung am Rhein und dessen Nebenflüsse geführt hat, so rauschen die Pegelstände seit ein paar Tagen wieder vollends gen Rekordtiefstwerte. Der Rhein ist so niedrig für diese Jahreszeit wie seit Mindestens 60 Jahren nicht mehr. Vergleichbares Niveau gab es nur in den Jahren 1962 (Eiswinter) und Sommer 2003 ('Jahrhundertsommer' mit zum Beispiel maximal 40,3 Grad in Perl-Nennig).

Auslöser dieser Niedrigwasserphase ist ein ausgesprochen markantes Niederschlagsdefizit im Westen und im Südwesten Deutschlands sowie in der Schweiz. Erschwerend kommt nun die Frostlage hinzu: Diese bindet zusätzliches Wasser an Bächen durch Randeisbildung oder gar Vereisung. Da auch mittelfristig noch immer keine nennenswerten Niederschläge zu erwarten sind, könnte es am Rhein durchaus für Pegelstände im Bereich absoluter Rekordtiefstwerte kommen.

Am Pegel in Worms liegt der Pegelwert derzeit bei etwa 0,45 Meter. Normal wären um diese Jahreszeit etwa 2,00 Meter. Bis zum kommenden Wochenende könnte der Pegelstand auf 0,30 bis 0,20 Meter absinken. Der absolute Rekordwert aus den Jahren 1962 und 2003 beträgt hier 0,16 Meter. Einen neuen Rekordwert möchte ich noch nicht in Aussicht stellen, vielleicht bricht dann zum Monatswechsel ja doch noch Irgendwann die Westwindzone durch."

Wichtig sei dabei zu beachten, dass durch gebaggerte Schifffahrtsrinnen der Wert für die Wassertiefe dennoch höher sein kann als der angegebene Flusspegel. So "beträgt die Wassertiefe bei Worms zum Beispiel für die Schiffe noch immer rund 1,90 Meter", so Wagner.  

Es seien übrigens bereits so einige Häfen und Kanäle zugefroren und auch auf der Elbe und der Donau würde die Schifffahrt bereits durch Eisgang, Eisschollen oder zugefrorene Häfen behindert und der eine oder andere Eisbrecher sei im Einsatz. "Ich rechne im Bereich der Donau mit einer Zunahme der Behinderungen", gibt Wagner zu bedenken.  

Eisflächen nicht betreten!

Eine wichtige Warnung zum Schluss: "Eisflächen sollen nicht betreten werden. Meist ist das Eis noch zu dünn. Zumal es jetzt in der Mitte und im Osten Deutschlands auch schon mal zwischenzeitlich tagsüber taut. Liegt dann noch Schnee auf der Eisdecke eines Sees oder eines Kanals, dann kann man erst recht nicht die Schwachstellen ausmachen. In der Regel geben die örtlichen Behörden eine Eisdecke frei. Ist dies nicht der Fall, sollte man sich auch nicht aufs Eis wagen." Übrigens würden sich in einigen Städten jetzt auch bereits Wasserrohrbrüche durch den bereits tief in den Boden eingedrungenen Frost häufen. "Achtung: Da Straßen und Gehwege meist schneefrei sind, fehlt hier die schützende Schneedecke, die ein stärkeres Eindringen des Frostes hemmt."

Wir werden die Flusspegel weiter im Auge behalten und über die weitere Entwicklung informieren.