Beunruhigende Nachrichten aus der Arktis

Die Ausdehnung des arktischen Eises ist jetzt an seinem Sommer-Minimum. Und dieses Jahr so gering, dass ein Segelschiff erstmals den Arktischen Ozean durchquert hat!

Aktuell sind wir saisonbedingt an dem Punkt, an dem wir die geringste Ausdehnung des arktischen Seeeises erreicht haben. Die Bilanz ist mittlerweile wenig überraschend: In diesem Sommer haben wir die zweitgeringste Eisbedeckung seit Beginn der Aufzeichnung. Beunruhigender ist indes, dass das arktische Wetter in diesem Sommer eher ungünstig für eine starke Eisschmelze war. So konnte sogar zum ersten Mal ein Segelschiff die Nordost- und Nordwestpassage durchqueren.

Zweitgeringste Eisausdehnung

Das US-National Snow and Ice Data Center (NSIDC) war es, das am vergangenen Donnerstag vermeldete, dass das Minimum der Eisausdehnung in der Arktis für diese Saison wohl nun erreicht worden sei. Daher ist es an der Zeit, eine vorsichtige Bilanz zu ziehen: In diesem Sommer 2016 schrumpfte demnach die Ausdehnung des arktischen Seeeises am 10. September auf den (vorläufig) niedrigsten Wert von 4,14 Millionen Quadratkilometer. Damit liegt das Jahr 2016 zusammen mit 2007 auf Platz 2 von unten, wenn es um die Eisausdehnung geht hinter dem Rekordjahr 2012. Dieses ist noch weniger, als viele Prognosen der Experten vom Sea Ice Prediction Network prognostizierten, diese sagten nämlich noch im August 4,38 Mio. qkm voraus, wenn man 39 dieser Prognosen statistisch mittelt.

Bedingung für Negativrekorde 2007 viel günstiger

Doch beunruhigender als die Tatsache, dass wir uns wieder einmal in der Nähe von Negativrekorden befinden sind die Umstände, unter denen dieser Beinahe-Rekord erreicht wurde. Denn das Wetter in der Polarregion war alles andere als "günstig" für eine massive Eisschmelze. Dies sah im Sommer des (damaligen) Rekordes 2007 anders aus. Damals war es die Kombination aus wochenlangem Sonnenschein rund um die Uhr zusammen mit einer Arktis Dipol-Anomalie. Mit diesem Begriff bezeichnet man ein besonderes Wettermuster, dass seit dem Jahr 2000 immer häufiger in polaren Regionen beobachtet wird. Dabei werden zwischen hohem Luftdruck über den Arktisregionen Nordamerikas und tiefem über Eurasien einerseits mit südlicher Strömung wärmere Luftmassen sehr weit Richtung Polregionen gelenkt, welches dementsprechend zu deutlich übernormalen Temperaturen in der Arktis führt. Andererseits komprimieren die Winde weiter östlich das Eis und drücken es durch die Framstraße zwischen Spitzbergen und Grönland nach Süden in niedrigere Breiten.

In diesem Sommer gab es dagegen diese Anomalie nicht, und der August fiel eher häufiger wolkig und unbeständig aus. Allerdings war wohl der extrem milde vorausgehende Winter 2015/16 in der Region ausschlaggebend mit Temperaturen, die in der Polarregion alte Rekorde mit Abstand hinter sich ließ. Forscher sind sich sicher, dass mit der klassisch arktischen Dipol-Struktur der alte Rekord von 2012 bei weitem übertroffen worden wäre.

Beunruhigend erfolgreicher Segeltörn durchs Eis

Doch es ist nicht nur die Ausdehnung, die den Forschern Anlass zur Sorge gibt. Auch der Zustand des Eises hat sich verschlechtert. Vor allem das mehrschichtige Packeis, das üblicherweise das Bollwerk gegen die anderen abschmelzenden Eisschichten darstellt, ist zunehmend brüchig geworden. Beobachter, die im Arktischen Ozean unterwegs waren, sprechen sogar von "Schutt" bis in die Nähe des Nordpols: Das Eis ist von Rissen und Brüchen zersetzt, und auch hochauflösende Satellitenbilder zeigen eher einen Flickenteppich als eine kompakte Eismasse.

Um diesen schlechten Zustand des Arktischen Eises zu verdeutlichen, hat sich eine Segelyacht namens "Northabout" durch den Arktischen Ozean begeben, nachdem sich Nordost- und Nordwestpassage in diesem Sommer erneut geöffnet haben. Dabei hat sie in nur 14 Tagen die Nordwestpassage absolviert und wurde das erste bekannte Segelschiff, das in einem Sommer beide Passagen durchquert hat. Mitglieder der Crew berichteten sogar, dass sie auf dem Weg durch die Nordwestpassage nur zwei Mal auf Eis gestoßen seien.