Polarlichter in Deutschland?

Jeder kennt es, aber nur wenige haben es schon selbst gesehen: das Polarlicht. Doch wer glaubt, man könne es nur in den polaren Regionen beobachten, der irrt.

Polarlichter entstehen, wenn elektrisch geladene Teilchen der Sonne, auch Sonnenwind genannt, auf die oberen Schichten der Erdatmosphäre treffen und dort die Luftmoleküle zum Leuchten anregen. Da die Sonnenwindteilchen vom Magnetfeld der Erde zu den magnetischen Polen geleitet werden, treten die damit verbundenen Leuchterscheinungen hautsächlich in den Polarregionen auf. Bei starken Sonnenwinden kann sich das Magnetfeld aber soweit deformieren, dass auch die mittleren Breiten vom Teilchenstrom etwas abbekommen.

Vor allem bei einer höheren Sonnenaktivität kann es eine Verschiebung der Polarlichtzone von Skandinavien nach Mitteleuropa geben. Die Chancen dafür sind etwa alle elf Jahre erhöht, das letzte Maximum ereignete sich um 2014 herum. Wir befinden uns also wieder in einer Phase abnehmender Sonnenaktivität. Doch auch diese reicht noch aus, um hin und wieder Polarlichter in Deutschland erscheinen zu lassen. So konnte man beispielsweise in der vorletzten Nacht und auch in der Nacht davor zumindest im äußersten Norden Deutschlands vorübergehend schwaches Polarlicht erkennen. Dies allerdings dicht am Nordhorizont und weitab von städtischer „Lichtverschmutzung“. Kurz vor Weihnachten war auch einmal bis zum Alpenrand hinunter ein schwaches Polarlicht sehen. Im Norden Deutschlands sind um das Aktivitätsmaximum herum etwa 10-20 Polarlichtnächte pro Jahr möglich.

Die besseren Chancen, ein Polarlicht in voller Pracht zu erleben, bestehen allerdings im hohen Norden (und Süden, wer sich einen Antarktisurlaub leisten kann). In Polarkreisnähe erscheint bei klarem Wetter fast jede Nacht ein grünliches Leuchten am Nordhorizont. Nimmt die Aktivität zu, intensiviert sich das Leuchten und spannt sich als Bogen über den Nordhimmel, der allmählich höher steigt. Häufig tanzen dann auch senkrechte Strahlen auf diesem und wenn man Glück hat, verwirbelt das Ganze zu einem Vorhang, der verschieden farbig aufleuchtet. Dann kommen auch die Farben rot, teilweise noch gelb und violett hinzu. Nicht selten verteilt sich das Polarlicht über den ganzen Himmel, mitunter bis an den Südhorizont, ehe es langsam wieder verlischt. Dabei können auch flackernde Effekte auftreten, die teilweise an ein brennendes Feuer in Echtzeit erinnern.

Eine derartige Formenvielfalt wird man in Mitteleuropa jedoch nicht zu Gesicht bekommen. Wenn es ein Polarlicht bis zu uns schafft, dann meistens als diffuses Leuchten, hin und wieder auch mit senkrechten Strahlen. Dabei überwiegt oft die Farbe Rot, welche übrigens erst ab einer gewissen Helligkeit vom Auge wahrgenommen wird. Das für Polarlichter der hohen Breiten typische Grün versteckt sich häufig hinter dem Horizont oder fällt kaum auf. Direkt vorhersagen lässt sich das Polarlicht allerdings nur kurzfristig – je nachdem, was auf der Sonnenoberfläche passiert. Manchmal wird auch in den Medien von bevorstehenden Polarlichtchancen berichtet, dann muss nur noch das Wetter stimmen. Vielleicht hat man ja mal Glück...