Mesoskalige konvektive Systeme

Es ist Sommer und somit auch die Zeit der Gewitter. Manche sind verhältnismäßig harmlos und verpuffen binnen kürzester Zeit ohne größere Wetterwirksamkeit, andere hingegen wachsen zu wahren Ungetümen heran:

In der Nacht von Freitag auf Samstag sowie allgemein am frühen Samstagmorgen sind viele Menschen in den französischen Regionen Rhône-Alpes, Burgund, Franche-Comté bis hin zum Elsass und in die Schweiz hinein durch Blitz und Donner geweckt worden. Im Verlauf der Nacht hatten sich über Frankreich gleich zwei markante, gut strukturierte Systeme entwickelt.

MCS (mesoscale convective system) sind Multizellengewitter, welche sich für mehrere Stunden halten können. Es gibt durchaus Fälle mit Lebensspannen über 10 Stunden. Das gesamte System besteht aus mehreren Gewitterzellen, wobei die einzelnen Zellen eine kürzere Lebensdauer als das Hauptsystem aufweisen. Nicht selten werden in einem derartigen System mehr als 1000 Blitze pro Stunde registriert (in Spitzen durchaus 3000 bis 4000 Blitze pro Stunde). MCS sind vor allem durch Satelliten- und Radarbilder klassifizierbar und leicht durch den ovalen Wolkenschirm zu erkennen, welcher gigantische Ausmaße annehmen kann. So hätte der Wolkenschirm der beiden Strukturen der vergangenen Nacht flächenmäßig die gesamte Schweiz abdecken können. Es gibt aber auch Unterarten, die mit eher linienhafter Struktur, den sogenannten „squall lines“ (Böenfront) einhergehen. Mesoskalige konvektive Systeme können auf großer Fläche (Ausdehnung von 100 bis über 300 km) massive Probleme durch heftigen Starkregen verursachen. Hagel, Sturm- oder Orkanböen, aber auch Tornados sind weitere potentielle Begleiterscheinungen.

Wie entstehen diese Gebilde?

MCS entwickeln sich am ehesten an Kaltfronten sowie stationären Fronten, aber auch an den sogenannten Konvergenzen, extrem selten sogar an Warmfronten. Beste Bedingungen zur Entstehung hat ein MCS, wenn vor der eigentlichen Kaltfront sehr instabile Luft gehoben wird und eine moderate Windscherung (Richtungsänderung) vorhanden ist. Ein gewisses Feuchteangebot ist natürlich auch nötig, so sollte die bodennahe absolute Feuchte mindestens sechs Gram Wasser pro Kubikmeter Luft betragen. Hinzu kommt die Lage sogenannter Höhentröge und des Jets (starkes Höhenwindband). Für die Entstehung eines MCS ist nicht nur der Sommer gut, auch im Winter kann man diesen speziellen Typ von Multizellengewitter beobachten. Am häufigsten sieht man sie dennoch während der warmen Sommermonate. Nicht selten erreichen diese Ungetüme den Höhepunkt ihrer Entwicklung mit dem Maximum des low-lewel jets in den Nachtstunden. Tagsüber erfolgt oftmals ein langsames Abschwächen - so auch heute geschehen. Inzwischen gelingt es hin und wieder mal, diese riesigen Systeme von der Numerik her zu erfassen und in den Vorhersagekarten zu implementieren oder anzudeuten. Doch insgesamt ist die Gewittervorhersage weiterhin sehr schwierig und so muss man sich teils auf die reine Augenbeobachtung oder mit dem Blick auf das Radar und den Satellitenschirm behelfen. Eine halbwegs annehmbare Gewittervorhersage für einen gewissen Ort ist oft nur wenige Minuten vor dem Ereignis möglich, im besten Falle wenige Stunden vorher.

Da es auch an diesem Wochenende wieder unwetterartige Wetterentwicklungen geben kann, empfiehlt sich ein Blick auf die Hinweise der Unwetterzentrale Deutschland für unterwegs eignet sich Alertspro.