Die Schafskälte kommt

Was man über die "Schafskälte" wissen muss, warum sie so häufig eintritt und wieso sie wieder vor der Tür steht:

Im Kalender der Bauernregeln steht für den heutigen 11. Juni die bekannte "Schafskälte" auf dem Programm. Sie bezeichnet eine kühle und unbeständige Wetterperiode, die für geschorene Schafe gefährlich werden kann. Ihre Eintreffwahrscheinlichkeit ist außergewöhnlich hoch, und auch in diesem Jahr ist sie zu erkennen. Aber wieso ist das so?

Die Schafskälte um den 11. Juni

Die Schafskälte ist sicher eine der bekanntesten Bauernregeln. Sie bezeichnet einen etwa ein- bis zweiwöchigen Zeitraum um den 11. Juni herum, in dem es zu unbeständigem und vor allem kühlem Wetter kommt. Die Trefferquote ist beachtlich, in der Wetterstatistik liegt sie bei immerhin 89% (nachgewiesen für Süddeutschland nach einer Statistik der Jahre 1881 bis 1980). 

Bei einer "echten" Schafskälte geht dabei die Temperatur auf durchschnittlich 5 bis 10 Grad zurück, was vor allem für junge, geschorene Schafe gefährlich werden kann, daher die Namensgebung. Manche bezeichnen die Schafskälte auch als "Monsunwelle", was fachlich nicht korrekt ist, auch wenn Parallelen zur Entstehung des Indischen Sommermonsuns bestehen.

Wieso trifft die Schafskälte so oft ein?

Aber wie kommt es zu einem solch häufigen Auftreten der Schafskälte um diese Zeit? Immerhin lässt sie sich auch in weiteren Klimareihen finden, so im Jahresverlauf der durchschnittlichen Tagestemperatur für Berlin, gebildet aus einer 30-jährigen Referenzperiode. 

Grundsätzliche Ursache ist der Unterschied der Temperatur zwischen Festland und Meer im Frühling. Wasser hat eine mehr als vier Mal so hohe Wärmekapazität im Vergleich zu etwa Beton. Das bedeutet, dass Wasser die Wärme besser speichern kann. Es erwärmt sich daher langsamer, kühlt sich aber auch langsamer ab als das Festland. Daher ist die Temperatur im Sommer zum Beispiel im kontinentalen Sibirien sehr hoch und im Winter sehr tief. Auf Sylt dagegen sind die Temperaturunterschiede Sommer-Winter deutlich geringer. 

Im Frühling ist daher das Festland durch den zunehmend hohen Sonnenstand deutlich schneller aufgewärmt als der Atlantik bzw. Nord- und Ostsee. Dabei sinkt die Luft im Mittel über der kühleren Wasseroberfläche ab, was gleichbedeutend mit hohem Luftdruck am Boden ist. Auf dem Festland passiert dagegen das Gegenteil: die erwärmte Luft steigt auf; im Mittel ist der Luftdruck am Boden also tiefer als über dem Meer. So kommt eine Zirkulation in Gang: Zum Ausgleich des unterschiedlichen Luftdrucks strömt die Luft also aus dem Hoch über den Meeresflächen in Richtung tieferer Luftdruck über dem Festland, gleichbedeutend mit einer im Mittel westlichen bis nordwestlichen Strömung, die damit oft kühle, maritime Luftmassen heranbringt. 

Schafskälte 2015

Auch, wenn ausgerechnet um den heutigen 11. Juni die Temperatur eher steigt als sinkt: Was in den kommenden Tagen geschieht, kann man durchaus als "light"-Version einer Schafskälte bezeichnen. In der Abbildung sehen wir die mittlere Druckverteilung über Europa am kommenden Dienstag: Wir erkennen eine ausgeprägte Zone hohen Luftdrucks zwischen dem Azorenhoch und der Nordsee. An seiner östlichen Flanke weht dabei mit nördlichem bis nordwestlichem Wind deutlich kühlere Luft nach Mitteleuropa. Diese Umstellung vollzieht sich bereits zum Wochenwechsel, wobei die teils schwülheiße Luft von der Nordsee her ausgeräumt wird. 

Dabei passiert etwas, was ebenfalls häufig zur Zeit der Schafskälte vorkommt: starke Stauniederschläge auf den Nordseiten der Gebirge, insbesondere der Alpen. So muss durch teils gewittrigem Starkregen ab Sonntag vor allem an den Rändern der östlichen und südlichen Mittelgebirge mit lokalen Überschwemmungen gerechnet werden, auch schwellen die Pegel der ohnehin gut gefüllten Flüsse im Süden wohl weiter an. Es lohnt sich also, die Unwetterwarnungen im Auge zu behalten. Bis Dienstag beruhigt sich das Wetter auch im Süden, und der Hochdruckeinfluss verstärkt sich, während sich die Temperatur in Folge nur allmählich von unten wieder in Richtung Normalwerte bewegen wird.