Hochwasser an der Ostsee?

An der Ostsee sind die Wasserstände derzeit überdurchschnittlich hoch. Dabei kann es am Wochenende sogar zu einem Sturm-Hochwasser kommen:

Das Thema Sturm beschäftigt uns in dieser Woche gleich mit zwei Auswirkungen. Zum einen drohen vor allem zum Freitag hin in einigen Gebirgs-Hochlagen teils massive Schneeverwehungen! Zum anderen dürfte es am Wochenende an der Ostseeküste zu einem Sturm-Hochwasser kommen. Kollege Stefan Kreibohm vom Wetterstudio Hiddensee dazu mit einer Einschätzung.

In Berglagen massive Schneeverwehungen!

Momentan geht es in Deutschland mit überwiegend ruhigem Winterwetter zu. Das gilt insbesondere für den Wind, der heute nur überwiegend schwach bis mäßig aus nördlichen Richtungen daherkommt. Das gilt aber auch ebenso für die Schneefälle, die vor allem im Osten Deutschlands heute nur in überwiegend schwacher Form auftreten können. Allenfalls örtliche Schauer am Nachmittag können dabei noch einmal kräftiger ausfallen, dabei handelt es sich jedoch um Ausnahmen.

Doch in den kommenden Tagen wird es windiger werden. Wie schon in gestrigen News angedeutet, steigen die Luftdruckgegensätze an, wenn sich das Hoch von Nordwesten her ausdehnen möchte, gleichzeitig aber auch das kräftiger werdende Mittelmeertief "Norbert" nach Osten wandert. Das ist gleichbedeutend mit einem auffrischenden Nordostwind. Im Flachland hat dieser dann überwiegend nur den Effekt, dass die gefühlte Temperatur Donnerstag und vor allem am Freitag deutlich unter der gemessenen liegen dürfte, dies insbesondere im Süden, wo es am häufigsten zu starken bis stürmischen Böen kommen kann. 

Deutlich problematischer wird es dagegen mit zunehmender Höhe. Unsere Unwetterzentrale hat bereits Vorwarnungen vor Sturmböen, im Hochschwarzwald auch vor orkanartigen Böen ab 700 Metern Höhe ausgegeben. Und angesichts der sich dort teils türmenden Schneeberge drohen dabei in diesen höheren Berglagen teils meterhohe Schneeverwehungen! Wer also von Donnerstagabend bis in den Samstagmorgen hinein Fahrten in das höhere Gebirge unternehmen möchte, dem empfehlen wir, sich vorher auf den Seiten der Unwetterzentrale oder per AlertsPro App genau zu informieren. Es ist durchaus möglich, dass dort einige Straßen unpassierbar werden und man förmlich im Schnee feststecken kann!

Ostsee mit hohen Wasserständen

Doch auf ein weiteres Ereignis machte am heutigen Morgen MeteoGroup-Kollege Stefan Kreibohm vom Wetterstudio Hiddensee aufmerksam. Er beobachtet von dort aus stets den Zustand der Ostsee und die möglichen wetterbedingten Auswirkungen. Und schon seit Dezember vergangenen Jahres messen alle Pegel Wasserstände, die 30 bis 40 cm über dem Normalwert liegen. Ursache ist die vorangegangene Sturmserie. Kreibohm dazu:

"... und so ganz nebenbei ist seit Anfang Dezember ca. 200 km³ durch Belte und Öresund salz- und sauerstoffhaltiges Wasser in die Ostsee geflossen, bedingt durch den permanenten Südwestwind, der viel Wasser aus dem südwestlichen Teil des Ostseebeckens gedrückt hat, was dann durch eben dieses salz- und sauerstoffhaltigere Kattegatwasser ersetzt wurde. Diese Salzwassereinbrüche sind für die Ostsee lebenswichtig, da sich am Grunde des Binnenmeeres sonst die toten Bereiche ausdehnen würden. Den letzten großen Zustrom gab es 1993, da waren es 300 km³. Da Salzwasser schwerer ist als Süßwasser sinkt es zunächst in Arkonabecken, von dort dann weiter nach Osten und Norden. Inzwischen hat sich das Ostseebecken deutlich mit Wasser gefüllt, und wir erleben nun trotz starken Südwestwindes kein starkes Niedrigwasser mehr, im Gegenteil, der Wasserstand ist sogar 30 bis 40 cm höher als normal."

Denn an der deutschen Ostseeküste machen sich Flut und Ebbe derzeit teils deutlicher bemerkbar als sonst. Üblicherweise sind ja die Gezeiten in dem Binnenmeer kaum spürbar. Stefan Kreibohm nennt "als Beispiel für Deutschland das Seegebiet von Wismar bis Stralsund, wo man seit vielen Tagen deutlich wie selten Ebbe und Flut feststellen kann, in diesem Gebiet jeweils gegen 6 und 18 Uhr Flut, im Strelasund etwas zeitversetzt, dazwischen Ebbe, schwankt hier um 10 cm, Richtung Kiel wird es noch mehr und die Zeiten verschieben sich 2 bis 3 Stunden nach vorne, östlich Rügens tendiert dieser Effekt gegen null."

Neues Sturmtief zum Wochenende

Nun deutet sich für den Sonntag eine Sturmlage für die Küsten an. Ursache ist die Entwicklung eines Sturmtiefs über Nordskandinavien, welches von dort am Rand von Hoch "Gabriela" südwärts zieht. Es sorgt dafür, dass der Wind bereits am Samstag wieder zunehmen wird und über der Nordsee aus Nordwest, über der Ostsee dagegen zunächst aus Südwest weht und zum Sonntag hin auf Nord dreht, also auf die Ostseeküste gerichtet ist. Noch einmal Stefan Kreibohm:

"... auf jeden Fall ein Beispiel dafür, dass es auch an der Ostsee Gezeiten gibt, nur eben meistens nicht der Rede wert. Sie können aber durchaus relevant werden, nämlich wenn Sturmhochwasser kritische Höchststände erreicht, es auf wenige Zentimeter ankommt. Mit derart kritischen Wasserständen ist am kommenden Sonntag nicht zu rechnen, aber ich vermute, dass wir die Ein-Meter-Marke überschreiten, denn alle (Vorhersage-)Modelle zeigen starken bis stürmischen Nordwind nach starkem Südwestwind. Erst wird also Wasser weggedrückt, dann schwappt es zurück, wird zusätzlich gedrückt, und dies alles bei allgemein schon 30 bis 40 cm höherem Ausgangszustand. Ein Meter ist kein Drama, aber es läuft in einigen Häfen dann über die Kaikante, wie Wismar oder Stralsund. Zur Perfektion fehlt eine Winddrehung auf Nordost, dann würde ich von 1,50 m ausgehen, mindestens. Aus dem Bauch heraus würde ich für Sonntag 1 bis 1,30 m annehmen."

Auch diese Lage werden wir weiter beobachten.