Schnee oder Regen?

Die Wettervorhersage für Ostdeutschland stellt uns heute vor eine Herausforderung. Von Schnee, Eiskörnern und Sprühregen bei Frost:

Viel fällt nicht aus den Wolken im Osten Deutschlands, aber immer wieder ein bisschen. Soweit ist die Wettervorhersage für Sachsen, Thüringen, das südliche Sachsen-Anhalt bzw. Brandenburg noch klar. Doch die Tücke steckt im Detail. Fällt Schnee oder Regen? Probleme macht uns eine dünne Schicht milder Mittelmeerluft.

Nebeneinander von Schnee und Sprühregen

Die Meldungen der Wetterstationen von 8 Uhr zeigen bereits das Wirrwarr, das sich am heutigen Donnerstag zunächst vor allem in Sachsen zeigt: Offenbar unabhängig von der Höhenstufe gibt es ein Nebeneinander von geringem Neuschnee und Sprühregen, der auf den gefrorenen Böden stellenweise zu Glatteis wird. So meldete Marienberg auf 639 Metern Höhe gelegen bei -1 Grad leichten Schneefall, in Zinnwald-Georgenfeld auf 877 Metern Höhe dagegen wurde bei ebenfalls -1 Grad gefrierender Sprühregen registriert. Im Tiefland meldete Oschatz in Sachsen ebenfalls etwas Schnee bei knapp unter null Grad, Gera in Thüringen bei -1 Grad dagegen fiel wieder gefrierenden Sprühregen.

Wie kommt dieses Chaos zustande? Den Grund hierfür findet man, wenn man sich das Höhenprofil der Atmosphäre einmal genauer betrachtet. Dieses wird regelmäßig mit Aufstiegen von Wetterballons erstellt, wobei die daran befestigten Radiosonden wichtige meteorologische Parameter wie Temperatur, Luftfeuchtigkeit und Wind registrieren. In den Abbildungen findet sich die Simulation eines so genannten Radiosondenaufstiegs vom Europäischen Vorhersagemodell, so wie er aus der Gegend von Dresden um 10 Uhr aussehen sollte.

Wir haben in dieser Abbildung die 0-Grad-Linie markiert, zu sehen in blau ist der Temperaturverlauf mit der Höhe, in rot ist der so genannte Taupunkt dargestellt, ein Maß für die Luftfeuchtigkeit. Dabei gilt: Je geringer der Abstand zwischen roter und blauer Linie, umso höher die relative Luftfeuchtigkeit. Überdecken sich beide Linien, so ist die Luft mit Wasserdampf gesättigt, und Bewölkung beziehungsweise Nebel kann entstehen.

Um die Problematik heute zu verstehen, ist der "kritische Bereich" in etwa 800 Metern Höhe eingekreist. Dort liegt dann die Lufttemperatur knapp über dem Gefrierpunkt, während sie am Boden noch knapp darunter liegt, zudem ist die Luft dort gesättigt. Wie kommt es dazu?

Dünne, feucht-milde Luftschicht in der Höhe

Ursache ist das Tief "Iustus", das über das Mittelmeer weiter ostwärts zieht (siehe MeteoEarth.com). Zusammen mit einem Randtief über dem Südosten Deutschlands bringt es vor allem in der Höhe die mild-feuchte Mittelmeerluft auf seiner Vorderseite über den Balkan nach Deutschland und sorgt für diese sehr dünne Luftschicht mit positiver Temperatur. Am Boden dagegen hält sich durch die schwachen Windverhältnisse die Kaltluft länger, und auch darüber sinkt die Temperatur wieder wie erwartet mit der Höhe. 

Die geringen Luftdruckgegensätze sorgen gleichzeitig dafür, dass auch die Auf- und Abwärtsbewegungen in der unteren Atmosphäre sehr schwach sind. Es kommt also nun darauf an, in welcher Höhe der Niederschlag entsteht und wie schnell er zu Boden sinkt. All dies geschieht heute insgesamt sehr gemächlich. Bilden sich nun also innerhalb der "Mittelmeerluftschicht" Wassertröpfchen, so können sie sehr langsam zu Boden sinken. Durch dieses sehr gemächliche Absinken in die Frostluft hinein kann dabei Wasser auch noch bei Minustemperaturen flüssig sein, man spricht dann von unterkühltem Wasser. Unter Laborbedingungen (destilliertes Wasser ganz ohne Verunreinigungen und ohne Erschütterungen) klappt dies sogar noch bei bis zu -40 Grad. Sobald es aber in Bewegung gerät, wird es schlagartig zu Eis, wie auch am folgenden Experiment zu sehen ist:

 


Unterkühltes Wasser bei -5 Grad

Kommt dagegen nur etwas mehr Bewegung ins Spiel, so können die Regentropfen schon in der Luft wieder zu kleinen Eiskörnern werden. Diese können auf harten Boden fallen und wieder hochspringen, ohne zu zerfallen. Bei noch mehr Dynamik oder Niederschlag aus anderen Höhen fällt dann wieder Schnee. Gleichzeitig sorgen dann noch die Gebirge, der Tagesgang und das Weiterziehen des Tiefs dafür, dass eine punktgenaue Prognose, also wann und wo genau Regen oder Schnee fällt oder Eiskörner auftreten, zeitweise nahezu unmöglich ist.

Eine Tendenz kann jedoch abgeleitet werden: Da die wärmere Höhenluft von Südosten heute im Tagesverlauf noch etwas nach Deutschland vorankommt, dominiert in Ostsachsen die Regenphase teils bis auf den Erzgebirgskamm hinauf, nordwestwärts anschließend fällt eher etwas Schneeregen oder Schnee bzw. Eiskörner. Da im Laufe der kommenden Nacht das Tief und seine Höhenwarmluft dann ostwärts weiterziehen, wird es dann auch wieder in der Höhe kälter, sodass die leichten Niederschläge von Nordwesten her wieder zunehmend als etwas Schnee vom Himmel kommen werden, bevor sie nachfolgend ganz abklingen. Im Südosten Bayerns wird es wohl bis in den Samstag hinein noch gebietsweise etwas Nieselregen oder Schneeregen geben.