"Russenpeitsche"?

Was wurde aus dem von vielen als "Russenpeitsche" angekündigten Wintereinbruch?

Selten blickt man auf das zurück, was vor einem markanten Wetterereignis wirklich angekündigt wurde. Dennoch wird vielen von uns noch der Begriff der "Russenpeitsche" im Ohr sein, der durch manche Medien verbreitet wurde. Was sollte demnach also auf uns zugekommen, und was ist wirklich passiert?

Der Winter sollte mit Schnee und einem regelrechten Temperatursturz kommen, wenn man den Worten bestimmter Medien Glauben schenken sollte. Sie verkündeten mit markanten Begriffen den herannahenden Wetterumschwung. Allen voran verbreitet sich derzeit das Wort "Russenpeitsche". Damit wird vor allem ein Temperaturumschwung und "sibirische Kälte" in Verbindung gebracht. Doch davon sind wir weit entfernt.

Wir erinnern uns: Vom Mittelmeer zog das Tief Heike am vergangenen Donnerstag südlich entlang der Alpen, um dann über Tschechien nach Polen zu ziehen (siehe unsere News: Wintereinbruch?). Dabei lenkte das Tief Kaltluft von Sibirien kommend über Skandinavien und die Nordsee nach Deutschland. Die mitgeführte Mittelmeerluft brachte zudem dem Osten unseres Landes reichlich Niederschläge, teils als Regen, zunehmend auch als Schnee. Im Vorfeld wurde dabei in vielen Zeitungen und Fernsehberichten, vornehmlich vom Boulevard, ein Schneechaos angekündigt, das sowohl in Bayern als auch Sachsen eintreffen sollte. 

Bayern: MeteoGroup war skeptisch
Wie wir in den oben verlinkten News ja bereits bemerkten, stand die MeteoGroup diesen Ausführungen stets kritisch gegenüber. Dies gilt insbesondere für Bayern, da es einige Hinweise darauf gab, dass es zu längst nicht so viel Schnee kommen würde, wie es den Anschein erweckte. Denn wie man bereits anhand von Abb. 2 erkennen kann, kam die "Russenpeitsche", also die sibirische Kaltluft, längst nicht in voller Wucht bei uns an, sondern musste auf ihrem Weg über die noch milde Nord- und Ostsee.

Der teils kräftige westliche Wind in Bayern sorgte am Donnerstag ebenfalls dafür, dass kalte und mildere Luft sich gut durchmischen konnten. Dementsprechend konnte im Südosten Bayerns von einem Wintereinbruch kaum eine Rede sein, die ohnehin geringen Niederschläge fielen dort teils sogar als Regen (Abb. 3). Rutschig auf den Straßen wurde es vor allem zu Zeiten der stärksten Niederschläge (Abb. 4), welche sich von Südwest nach Nordost über Bayern zwischen Oberallgäu und Fichtelgebirge erstreckten. Insbesondere im Landkreis Schwaben kam es zu hohen Mengen, dort kann man berechtigterweise von einem markanten Wintereinbruch sprechen. Dennoch war es auch hier so, dass nach Nachlassen der Niederschläge der Schneematsch auf den teils noch warmen Straßen oft wieder verschwunden war.

Gleiches gilt für weite Teile Sachsens. Denn der Hauptunterschied zu Bayern lag hier in der Windrichtung: Während bei Passage des Tiefs "Heike" im Alpenvorland Westwind herrschte, kam es in Sachsen durch nördliche Winde zu einer Stausituation, welches die Niederschläge verstärkte. Besonders Chemnitz erlebte einen sehr schneereichen Donnerstag bis in die Nacht zum Freitag hinein, bis heute liegen dort 23 cm Schnee, auch am Dresdner Flughafen Klotzsche sammelten sich immerhin 10 cm an (Abb. 5).

Temperaturen: längst nicht sibirisch
Aber auch in Sachen Temperaturen bewegen wir uns nicht in extremen, sondern in durchaus normalen Gefilden. Zwar wurden nachfolgend über den Schneeflächen in Bayern örtlich Tiefsttemperaturen unter -10°C erreicht (Kaufbeuren, -12°C in der Nacht zum 01.12.2012). Jedoch galt dies für die weitaus wenigsten Regionen. Schaut man sich die derzeitige Abweichung der Temperaturen von den langjährigen Mittelwerten in 1.500 m Höhe an (Abb. 6), so erkennt man moderate Werte von -1 bis -4 Grad.

In beinahe allen größeren Städten blieben die Minustemperaturen damit einstellig, nichts daran erinnert an sibirische Verhältnisse. Der Begriff "Russenpeitsche" wäre wohl zu Beginn dieses Jahres passender gewesen. Manche erinnern sich vielleicht an die kalte Phase Ende Januar / Anfang Februar 2012 (News: Wieso so eisig?). Damals erreichte uns in der Tat kontinentale Arktikluft (Abb. 7), wobei zum Höhepunkt 06./07.02.2012 vielerorts neue Kälterekorde aufgestellt wurden. In der Nacht zum 06.02.2012 beispielsweise lag in München die Tiefsttemperatur bei -20°C. Davon sind wir mit um -3°C in den letzten Nächten (Abb. 8) noch weit entfernt...