Was macht der Winter?

Wieso kommt der Winter in dieser Saison nicht in die Gänge? Vom Polarwirbel-Split und mehr

Nach einem der schneereichsten Dezember 2010/2011 in den Wetteraufzeichnungen folgte einer der schneeärmsten. Die Extreme zwischen dem letzten und diesem Winter könnten kaum größer sein. Doch wieso erleben wir statt Schnee Regen? Und hat der Winter noch eine Chance?

Milde Meeresluft statt Kälte
Besonders deutlich spüren wir in den letzten Tagen, woher die Luft kommt. Am gestrigen 27.12. beispielsweise standen wir im Norden Deutschlands bei Temperaturen von teils 11°C auf - am frühen Morgen. Ursache ist die Zugbahn der Tiefs, die ungewöhnlich weit nördlich über Europa hinwegziehen, so erreicht heute Orkantief Robert Schottland mit der Gefahr von Böen über 120 km/h.

In Deutschland erleben wir dabei einen Wechsel von sehr milder Meeresluft auf der Vorderseite dieser Tiefs. Sind sie dann ostwärts gezogen, so sinken die Temperaturen vorübergehend, jedoch meist nur in Richtung der Normalwerte. Kalte Wetterperioden sucht man vergeblich, der Schnee im Flachland wird schnell vom nächsten Regen weggespült.

Wetterküche Atlantik
Diese Serie von Sturmtiefs findet ihren Anfang weit westlich von uns auf dem Atlantik. Der Jetstream, der als Ausgleichswind zwischen den verschieden temperierten Luftmassen in der Höhe weht, ist derzeit sehr ausgeprägt, die Strömung dazu zonal. Sprich: Ganz anders als in der vergangenen Zeit macht der Wind in der Höhe keine großen Auslenkungen in höhere oder tiefer Breiten (= meridionale Strömung), sondern weht vom Atlantik schnurstracks auf direkterem Wege auf Europa zu, und damit können die Tiefs ungehindert und rasch von West nach Ost ziehen. Kaltlufteinbrüche haben damit keine Chance, sich festzusetzen, sie werden förmlich von Westen her "weggeweht".

Winter und Polarwirbel
Doch woher kommt diese Änderung? Der Grund dafür ist vermutlich in der Höhe zu suchen, bei dem so genannten Polarwirbel. Dieses ist ein Wirbel über den Polen, der sich besonders in den Polarnächten mit sehr kalter Luft anfüllt. Ein starker Polarwirbel ist ein kompaktes Gebilde. Er sorgt für eine stärkere Durchmischung der Atmosphäre. Die höchsten Luftschichten in der Stratosphäre können sich gut mit den darunter liegenden austauschen, zudem ist die Hauptwindrichtung in allen Höhen westlich.

Gerade der arktische Polarwirbel ist aber aufgrund seiner Landmassen störanfälliger. Seine Entwicklung wird in den Wintermonaten genau beobachtet. Denn bei einer Erwärmung der höheren Stratosphäre schwächt sich der Polarwirbel ab und kann sich durch diese Warmluftvorstöße sogar teilen. Die Hauptwindrichtung der Stratosphäre dreht dann auf Ost, und der Austausch mit der darunter liegenden Troposphäre wird behindert.

Dadurch schwächt sich die Westwinddrift ab, und nach ein paar Tagen bis Wochen beginnt der Jetstream stärker zu mäandrieren. Dadurch steigt die Chance für blockierende Wetterlagen deutlich an, Kaltluftvorstöße können sich besser durchsetzen, und die Chance für längere winterliche Perioden steigen.

Beispiel Januar 2009
Ein Beispiel hierfür ist der Januar 2009. Damals kam es durch eine rasche Erwärmung der Stratosphäre (SSW) zu dem gesagten Polarwirbel-Split, wie hier noch an den Temperaturen der Stratosphäre zu sehen ist:

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Die Folge für Deutschland war ein noch lange anhaltender Winter bis in den März hinein.

Winter hat wenig Chancen
In diesem Jahr sieht es dagegen schlecht aus für durchgreifend winterliche Einbrüche, denn der Polarwirbel zeigt sich auch weiterhin stark und kompakt. Wir sehen in Abb. 2 oben links die aktuelle Analyse auf einem Niveau von 100 hPa (15 bis 16 km Höhe). Sie zeigt einen kompakten und mit kalter Luft angefüllten Polarwirbel. Und auch bis in den Januar hinein zeigt er keine Anzeichen einer deutlichen Abschwächung oder Aufteilung. Damit werden sehr wahrscheinlich auch weiterhin die westlichen Wetterlagen überwiegen.

Und wenn gleich das Temperaturniveau im Laufe des Januars etwas absinken könnte (Abb. 4), da wir häufiger mit nordwestlicher Strömung kältere Meeresluft herangeführt bekommen werden (Abb. 5), so wird dennoch nicht das Temperaturniveau erreicht, um für anhaltend winterliches Wetter sorgen zu können. Um es klarer zu sagen: Derzeit sieht es schlecht aus für einen Wintereinbruch.