Sturm, Überflutungen und Tornados am Mittelmeer

Spätherbst ist Unwetterzeit am Mittelmeer. Auch zurzeit ist dort einiges los: gestern kam es zu Überflutungen, auch Tornados traten auf. Wieso?

Starkregen mit lokalen Überflutungen, durch Sturmböen, vereinzelt auch durch Tornados entwurzelte Bäume und großer Hagel traten am Mittwoch in der Mittelmeerregion auf. Auch am heutigen Tag hält die Unwettergefahr weiterhin an. Wieso entstehen gerade im Herbst so viele Unwetter in dieser Region?

Das Mittelmeerklima wird auch als Winterregenklima bezeichnet. Nicht umsonst schrieb hier Frédéric Chopin im Winter 1838 / 1839 mit seinem "Regentropfenpräludium" den Frust von der Seele, nachdem er sich eigentlich Sonne erhofft hatte, um seine Lungenerkrankung auszukurieren, und stattdessen Regenwetter vorfand. Der Beginn des Winters oder auch der Spätherbst ist dazu noch besonders unwetteranfällig in den mediterranen Subtropen.

Warum ist Herbstzeit = Unwetterzeit?

Die Ursache ist in den steigenden Temperaturgegensätzen auf der Nordhalbkugel zu suchen. Während das nördliche Europa in den länger werdenden Nächten deutlich schneller abkühlt, sinkt die Mitteltemperatur rund um das Mittelmeer deutlich langsamer. Unter anderem liegt dies auch am noch warmen Wasser, das ja generell langsamer abkühlt als die Landflächen. Diese Temperaturgegensätze begünstigen die Entwicklungen kräftiger Tiefs.

Insbesondere, wenn Höhenkaltluft von Nordeuropa weit genug nach Süden gelangt, so können durch den enormen Temperaturunterschied zwischen warmem Meerwasser und kalter Luft in höheren Luftschichten Tiefs entstehen oder sich verstärken. Der aufsteigende Wasserdampf bringt dabei genug Energie mit, um bei entsprechenden Bedingungen Starkregen, großkörnigen Hagel, Sturmböen, vereinzelt auch Tornados zu erzeugen.

Überschwemmungen, Hagel und Tornados

So sind auch die aktuellen Vorgänge zu verstehen. Aktuell schnürt sich in der Höhe Kaltluft, die wir hier in Deutschland ja in den vergangenen Tagen in Form von Schneefällen und Nachtfrösten zu spüren bekommen haben, als eigenständiger Bereich ab und befindet sich mit seinem Schwerpunkt über Italien. Dort herrschen in etwa 5,5 km Höhe derzeit Temperaturen bis zu -25, teils sogar -30 Grad. Das Wasser des Mittelmeeres rund um Sizilien dagegen hat an seiner Oberfläche noch +20 Grad. Dieser enorme Unterschied von 50 Grad führt dazu, dass Gewitterwolken weit in den Himmel wachsen können, während der Luftdruck darunter weiter sinkt.

Dementsprechend kam es gestern zu teils enormen Regengüssen, vor allem zwischen Italien und Griechenland. Im griechischen Preveza sollen beispielsweise am Mittwoch binnen 3 Stunden 45 Liter pro Quadratmeter Wasser vom Himmel geprasselt sein. Diese Wassermassen bahnten sich dann teilweise ihren Weg aus den Bergen die Hänge hinab und schossen in Richtung Meer, so wie hier in Capo d'Orlando an der Nordküste Siziliens:

Auf dem griechischen Korfu hat ein Tornado Dächer abgedeckt, auch aus Xanthi wurde ein Wolkenrüssel gesichtet.

Unwettergefahr hält an

Rund um das Mittelmeer ist auch heute die Unwettergefahr erhöht, wie ein Blick auf die Europa-Warnkarte unserer Unwetterzentrale zeigt. So sind vor allem an Adria und Ägäis weiterhin extreme Regenmengen möglich, das Europäische Vorhersagemodell berechnet Niederschlagssummen von örtlich über 200 Liter pro Quadratmeter in den kommenden Tagen, das entspricht etwa einem Drittel des normalen Jahresniederschlages von Berlin. Die oft gewittrigen Regengüssen können dann auch von Hagel und Sturmböen begleitet werden.

Aber nicht nur im Zusammenhang mit Gewittern tritt Sturm auf. Die aktuelle Wetterlage - Hoch über dem Atlantik, tiefer Luftdruck über Nordeuropa sowie Tiefdruckeinfluss über dem zentralen Mittelmeer - ist die Grundlage für Windsysteme wie Mistral oder Tramontana an der französischen und spanischen Küste, dort sind bereits orkanartige Böen aufgetreten. Auch die Bora kann bis Freitag kalten und stürmischen Nordostwind an die nördliche Adria bringen, wie unser Bora-Diagramm zeigt.

Wer zurzeit also in diesen Regionen unterwegs ist, ist daher bestens beraten, sich über unsere Unwetterzentralen in Europa oder per AlertsPro App über die gültigen Unwetterwarnungen vor Ort zu informieren.