Mai-Hitze?

In letzten Tagen hört man von einer möglichen ersten Hitzewelle im Mai. Wie wahrscheinlich ist das?

Hier und da tauchten in den letzten Tagen Meldungen in den Medien auf, dass in diesem Mai eine erste Hitzewelle möglich ist mit Höchsttemperaturen von 30°C. Wir fühlen dem heute ein bisschen auf den Zahn: Wie wahrscheinlich ist aus heutiger Sicht eine Hitzewelle? Und wenn ja, dann wann und wo in Deutschland?

Sonnenschein und 30°C, also Eiscafé und an den Badeseen oder am Strand liegen. Für viele sind diese Vorhersagen verlockend, und hier und da war schon zu lesen oder zu hören, dass erste "Heiße Tage", also Tage mit einer Höchsttemperatur ab 30°C, bereits im Mai möglich seien. Allerdings erst nach dieser doch sehr wechselhaften Woche.

Doch um es gleich vorweg zu schicken: Ein einzelner "Heißer Tag" im Mai ist in Deutschland nicht ungewöhnlich, in begünstigten Regionen (Südwesten und Osten Deutschlands) sogar eher die Regel als die Ausnahme. Beispielsweise hatte Karlsruhe in den Jahren 1981 bis 2010 im Mittel 0,9 "Heiße Tage" im Mai, die statistische Wahrscheinlichkeit liegt dort also sogar bei 90%.

Wie sieht es nun in diesem Jahr aus? Da wir von einem Vorhersagezeitraum von über einer Woche sprechen, ist die Unsicherheit der Prognose naturgemäß noch sehr groß, wir können also nicht mit einer konkreten Wettervorhersage, sondern nur mit Wahrscheinlichkeiten argumentieren. Schauen wir uns dazu an, was die größten Vorhersagemodelle dazu sagen. Dazu betrachten wir das europäische ECMWF und das amerikanische GFS/NCEP Modell. Einen ersten groben Überblick über die mögliche Temperaturentwicklung in weiterer Zukunft gibt dabei die Ensembleprognose der Temperatur, besser bekannt als 15-Tage-Trend.

In Abb. 2 sehen wir diesen Trend des europäischen Modells, in blau zusätzlich die Temperaturkurve der aktuellen Prognose der Amerikaner. Bei letzteren sind für München und Berlin tatsächlich Werte nahe 30°C zu erkennen, die jedoch aus dem grauen "80% - Vertrauensintervall" herausragt. Sprich: Noch sind "Heiße Tage" für ein konkretes Datum nicht besonders wahrscheinlich. Aber wir schauen dennoch hin: Wie könnten sie entstehen?

Jetstream "schlingert" bald wieder

Der Jetstream ist ein Starkwindband in der Höhe. Er steuert gewissermaßen Hochs und Tiefs am Boden. Zieht dieser Jetstream glatt von West nach Ost über unsere Breiten hinweg, so bekommen wir einen regen Wechsel von Hochs und Tiefs ohne großartige Abweichungen der Temperatur von den üblichen Mittelwerte, eben das typische, unbeständige Wetter, wie es unserem gemäßigten Klima hierzulande entspricht.

Schaut man sich jedoch die Entwicklung auf unserer Wetterküche, dem Atlantik, an, so deutet alles darauf hin, dass er bald wieder stärker zu "schlingern" (oder besser: zu mäandrieren) beginnt. Damit kann mal die Kaltluft aus polaren Regionen, mal sehr warme Luft aus den Subtropen nach Deutschland gelangen. Letzteres haben wir häufig im März und April erlebt, Ersteres zu Beginn diesen Monats. Mit anderen Worten: Die Wahrscheinlichkeit für ungewöhnlich kühles oder ungewöhnlich warmes Wetter nimmt in der kommenden Woche wieder zu, und das mit etwa gleicher Wahrscheinlichkeit. Wie ist das möglich?

Auf die Lage kommt's an

Vereinfacht gesagt, ist die Wahrscheinlichkeit in der kommenden Woche groß, dass es irgendwo zwischen Atlantik und Mitteleuropa zu einem Kaltluftvorstoß kommt, und auf seiner Vorderseite wird dagegen die warme Luft nach Norden befördert. Wir werden also entweder in einem Bereich mit kühler Luft und wechselhaftem Wetter liegen oder in einem Bereich mit sehr warmer Luft, wobei dann zeitweise auch mit kräftigeren Gewittern gerechnet werden müsste. Sehr wahrscheinlich werden wir wohl irgendwo dazwischen positioniert sein.

Jetzt müssen wir nur noch die Wahrscheinlichkeit für Höchstwerte von 30°C ausloten, und das funktioniert wiederum mit dem Verfahren der Ensembleprognose, bei der viele Vergleichberechnungen angestellt werden. Wir werfen nun die beiden oben angesprochenen Modelle mitsamt ihren Vergleichsberechnungen in einen Topf und schauen, wie viele von ihnen einer bestimmten Wetterlage zugeordnet werden können. Wir teilen sie also in Gruppen, in Cluster, ein. Je mehr Berechnungen in einem Cluster, umso größer ist damit die Eintreffwahrscheinlichkeit.

Das Ergebnis aus 72 Einzelberechnungen für den 18. Mai ist dabei in Abb. 3 zu sehen. Stark vereinfacht gesagt entspricht die hellgrüne Farbe eher Temperaturen im Bereich der Normalwerte, dunkelgrün ist eher etwas kühler, gelb eher etwas wärmer als normal. Interessant ist die "rote Zone". Mit Sonnenunterstützung sind dort 30°C zu erwarten. Kommen wir nun zu den Wahrscheinlichkeiten: die ersten zwei Cluster zeigen normale bis leicht übernormale Temperatur (41 von 72 = 57%). 17 von 72 Berechnungen (ca. 24%) zeigen dagegen eher kühles und unbeständiges Wetter an. Die "Hitzevariante" wird vor allem von dem amerikanischen Modell gestützt, insgesamt aber noch mit einer Wahrscheinlichkeit von 15 von 72 Berechnungen, mit 21% also nahezu ebenso wahrscheinlich wie die kühle Variante.

Wie würde die Hitze entstehen? Wie oben beschrieben und in Abb. 4 gezeigt: Auf der Vorderseite eines Tiefs, das über dem Atlantik nach Süden zieht, würde sehr warme Luft "angezapft". Höchsttemperaturen um 30°C wären dann vor allem im Süden und später im Osten im Verlauf der nächsten Woche möglich.

Fazit

Die sich über dem Atlantik entwickelnde Wetterlage bietet Potenzial für sowohl kühle als auch recht warme Tage ab der kommenden Woche. Am wahrscheinlichsten ist dabei weiterhin leicht unbeständiges Wetter bei leicht steigendem Temperaturniveau. Sowohl sehr kühle als auch sehr warme Phasen sind dabei etwa gleich wahrscheinlich. Nach jetzigem Modellstand liegt die Wahrscheinlichkeit für einen ersten "Heißen Tag" im Mai im Süden und Osten Deutschlands bei 20 bis 30 Prozent. Ruhiges Hochdruckwetter über mehrere Tage ist dabei indes nicht zu erwarten.