Unwettergefahr
Aktuell gehen die Blicke besonders bang gen Himmel, wenn dunklere Wolken auftauchen. Angesichts der Hochwasserlage wird jede größere Regenmenge gefürchtet. Momentan ist es jedoch noch so, dass Schauer und Gewitter sehr lokal begrenzte Phänomene sind, die dort allerdings hohe Regenmengen bringen können.
Eine Vorhersage in der gestrigen und zum Teil auch heutigen Wetterlage ist daher leicht falsch zu interpretieren. Im Rahmen des üblichen Wetterberichtes im Radio oder Fernsehen hört man dann "Heiter, später wechselnd bewölkt und örtlich Schauer oder Gewitter mit Starkregen". Ist es dann an seinem Aufenthaltsort trocken, eventuell auch über mehrere Tage trocken, so könnte man leicht den Eindruck bekommen, dass die Prognose falsch sei. Doch würde sie in diesem Fall genau stimmen, denn das hier wichtige Wort ist örtlich.
Dieses örtlich fällt in diesen Tagen umso mehr auf, weil diese örtlichen Schauer auch noch recht hohe Regenmengen bringen können. Das beste Beispiel ist dabei das gestrige Wetter in Sachsen, ähnliches passierte aber auch in Nordbayern oder Südhessen: Während es auf über 90% der Fläche trocken blieb, konnte man auf dem Radar die Entstehung eines Gewitters verfolgen, das beinahe ortsfest über dem Chemnitzer Land verharrte. So meldete das Dorf Kuhschnappel bei Sankt Egidien immerhin eine stündliche Niederschlagssumme von 19,3 Liter auf den Quadratmeter, während sonst nur unwesentliche Mengen registriert wurden (Abb. 1 und 2). So wird den meisten die Warnung vor Gewittern als übertrieben, denjenigen unter der Gewitterwolke als untertrieben vorkommen.
Wieso ist der Starkregen so lokal begrenzt?
Ursache für die großen Unterschiede im mittleren Deutschland ist und war die Lage im "Niemandsland" zwischen Hoch und Tiefs, wie zu sehen in Abb. 3: Deutlich erkennt man die zwei Höhentiefs, also Gebiete mit kalter Luft in der Höhe, zum einen über Spanien und Frankreich sowie über Norwegen. Dazwischen schiebt sich ein Höhenrücken von den Britischen Inseln in den Norden Deutschlands.
Am gestrigen Freitag ist dabei auf der Vorderseite des Höhentiefs über Südwesteuropa das Tief Ira entstanden. Es bringt nun feuchtere und instabilere Luft heran, die von Südwesten her gegen die trockenere und kältere im Norden drückt. Unter leichtem Hochdruckeinfluss geschieht so zunächst wenig, die Sonne scheint, die feucht-warme Luft wird erwärmt.
Ist jedoch die bodennahe Luft genug aufgewärmt, so kann sie aufsteigen bis in große Höhen. Je nachdem, wie schnell die Temperatur vor Ort mit der Höhe sinkt, können so Schauer oder kräftige Gewitter entstehen. Die Regengüsse entstehen also nicht dynamisch durch herannahende Tiefausläufer oder bestimmte Windverhältnisse, sondern allein aus der Luftmasse und dem Erwärmungsgrad heraus.
Da im besagten "Niemandsland" dabei nur schwache Druckunterschiede bestehen, gibt es auch kaum Wind, sodass die entstandenen Gewitter nicht rasch weiter ziehen, sondern sich nur sehr langsam oder gar nicht bewegen. So kann die gesamte aufsteigende feuchte Luft mit der Höhe abkühlen, und das ganze so kondensierende Wasser an einem Ort abregnen. Unwettergefahr besteht hier also in erster Linie durch Starkregen, nicht durch großen Hagel und schon gar nicht durch Sturmböen, weil diese einen dynamischen Antrieb voraussetzen. Ausgelöst werden kann die aufsteigende Luft dabei vor allem durch Gebirge oder andere lokale Einflüsse. Aber wo genau, ist dabei nicht vorhersagbar.
Heute und morgen zunehmende Unwettergefahr
Diese Dynamik ensteht allmählich an diesem Wochenende durch herannahen des Tiefs "Ira" von Frankreich her (Abb. 4). An den sich verschärfenden Luftdruckgegensätzen entsteht dabei ein Tiefausläufer, während das Tief selbst über das südliche Deutschland nach Osten zieht. Dabei steigt vor allem in einem Streifen über dem südlichen Deutschland die Unwettergefahr an. Bereits heute kann man bei lokalen Gewittern in der Mitte Deutschlands auch großkörnigen Hagel nicht ausschließen.
Und auch für morgen sind wegen der teils kleinräumigen und dynamischen Prozesse, die bei solch einer Wetterkonfiguration vor sich gehen, ortsgenaue Prognosen nicht möglich. Aber es kann gesagt werden, dass in einem breiten Streifen, der über dem südlichen Deutschland verläuft, teils kräftigere Gewitter entstehen, wobei neben Starkregen und großem Hagel auch wieder Sturmböen möglich werden. In der Mitte Deutschlands kommt es zu teils länger anhaltendem Regen, auch dort kann gebietsweise eine Unwetterwarnung vor Dauerregen notwendig werden.
Im Modellvergleich (Abb. 5) zeigen sich dabei noch Unsicherheiten. Unsere Risikoabschätzung (Abb. 6) ergibt aber mögliche lokal begrenzte Spitzenwerte über 150 Liter pro Quadratmeter Sonntag und Montag. Dementsprechend sollte man unsere Warnungen auf der Webseite oder bei WeatherPro verfolgen. Im Norden bleibt es dagegen bei ruhigem und heiterem Wetter.