Kalt oder mild?

Die Wetterentwicklung in der kommenden Woche ist spannend: Kommt Tauwetter oder bleibt es kalt?

Der Kampf "mildes Tief" gegen "kaltes Hoch" geht in der kommenden Woche scheinbar in die nächste Runde. Während sich zurzeit spürbar die Frostluft in Deutschland festsetzt, unternimmt ein kräftiges Tief vom Atlantik her einen neuen Anlauf. Wird es die Kälte vertreiben?

Da unser Wetter in ständiger Bewegung ist, bleibt auch die weitere Entwicklung immer wieder spannend. Dies gilt besonders, wenn es zu einem Kampf unterschiedlicher Luftmassen kommt. Bei uns in Mitteleuropa ist das besonders im Winter spürbar, wenn sich östlich von uns die Kaltluft über dem ausgedehnten Festland Russlands oder in Skandinavien ansammelt, westlich von uns aber der durch den Golfstrom deutlich mildere Atlantik gegenübersteht.

Wetter am Scheideweg
Dabei entstehen immer wieder Wetterlagen, die uns einen "Scheideweg" anbieten - entweder bleibt uns die Frostluft meist durch Hochdruckeinfluss erhalten (kalte Luft ist schwerer, sinkt zu Boden, ein "Kältehoch" entsteht), oder es gewinnen atlantische Tiefausläufer. An einem solchen Scheideweg stehen wir nun zum Ende dieser und Anfang der kommenden Woche.

Bisher deutete vieles darauf hin, dass sich dann von Westen her Tauwetter durchsetzen würde, und zwar mit einem kräftigen Tief, womit der Wind auf Südwest drehen und auffrischen würde. Dieser Wind würde dafür sorgen, dass die kalte Luft förmlich weggeweht werden würde (Abb. 2 bis 4). Die Folge wäre eine sprunghaft steigende Temperatur, nachdem sich die dünne Kaltluftschicht verabschiedet hätte.

Doch ohnehin ist der Meteorologe skeptisch, wenn er sieht, eine derart kalte Luft von jetzt auf gleich aus Mitteleuropa verschwinden soll. Die Vorhersagemodelle unterschätzen oft die Widerstandskraft dieser schweren und sehr flachen Kaltluft am Boden, und häufig kommen auch kräftige Tiefs nicht so recht dagegen an. Nach ganz aktuellen Berechnungen scheint sich dies auch zu bestätigen (Abb. 1).

Teils 10 Grad kälter
Vergleichen wir also nun Abb. 2 bis 4 mit denen der Abb. 5 bis 7 - gezeigt wird hier in beiden Fällen die Berechnung des GFS-Vorhersagemodells für Dienstag, den 29.01.2013. Einmal berechnet am gestrigen 21.01. mittags, ein Mal berechnet in der Nacht zum heutigen 22.01. In der Gesamtübersicht sind die Änderungen auch gut in Abb. 1 nachvollziehbar.

Nach der gestrigen Version verdrängt das kräftige Tiefdruckgebiet von Nordwesten her den hohen Luftdruck, der bis dahin über weite Teile Europas herrschen dürfte (Abb. 2). Der Wind frischt demnach auf und dreht von Südost auf Südwest (Abb. 3), wodurch sich eine kräftige Milderung auch am Boden bemerkbar machen würde. Dies wäre im Falle der gestrigen Berechnung bereits in Frankreich deutlich zu spüren gewesen - in Paris läge die Tiefsttemperatur bei +9°C (Abb. 4). Aber auch in der Westhälfte Deutschlands hätten sich bereits Plusgrade durchgesetzt.

Die letzten Berechnungen zeigen jedoch ein anderes Bild: Demnach kommt das Tief nicht gegen das Kältehoch an. Auf dem Weg von Nordwesten "tropft" demnach ein Teil der Kaltluft in Richtung Mittelmeer ab, wo sich ein neues Tiefdruckzentrum bilden würde. Das Tief über dem Atlantik dagegen zieht nach Nordosten. Über weite Teile Europas bleibt demnach hoher Luftdruck erhalten (Abb. 5), und auch, wenn in der Höhe die Temperaturen von Westen her etwas steigen würden, so könnte sich diese Milderung kaum am Boden durchsetzen, da der Wind demnach kaum spürbar wäre (Abb. 6). Als Konsequenz liegt die Temperatur in Paris zum gleichen Zeitpunkt bei -1°C, also 10 Grad unter der Berechnung von gestern. Und auch in den meisten Teilen Deutschlands würde es frostig bleiben.

Fazit
Aktuell scheint ein Umbrechen der wichtigsten Vorhersagemodelle stattzufinden, die bis auf weiteres hohen Luftdruck über weite Teile Europas dominieren lassen. Die Wahrscheinlichkeit, dass wir kommende Woche eher eine Frostabschwächung, nicht aber durchgreifendes Tauwetter bekommen, ist damit deutlich gestiegen. Während dabei nach Westen hin vorübergehend Schnee oder gar Eisregen möglich ist, ist die Niederschlagsneigung nach Osten hin eher gering. Der Winter scheint sich noch länger bei uns einrichten zu wollen. Es lohnt sich, die aktuelle Entwicklung mit der Ensembleprognose im Auge zu behalten.