Ist der Winter vorbei?

Trotz des milden Wetters sollten wir den Winter nicht abschreiben. Warum nicht, das zeigt ein Blick zurück

Seit Tagen, spätestens seit Weihnachten 2012 herrscht nun in Deutschland mildes Wetter mit Regen statt Schnee und Tauwetter bis in die Mittelgebirge hinein. Durchgreifend winterliches Wetter ist auch für die nähere Zukunft nicht in Sicht. Aber das bedeutet noch lange nicht, dass wir den Winter abschreiben sollten...

Momentan zwischen mild und sehr mild
Gegenwärtig könnte man allerdings den Eindruck gewinnen, und auch am Horizont tut sich derzeit nichts wirklich Winterliches auf. Im Gegenteil: Die Bandbreite der derzeitigen Möglichkeiten erstreckt sich zwischen Temperaturen, die etwas oder deutlich milder sind als die 30-jährigen Durchschnittswerte, auch zu sehen, wie die "Rauchfahne" der Ensembleprognose von Berlin in Abb. 2 derzeit weit über dem Mittelwert, der gestrichelten Linie, schwebt.

Dabei erreicht uns auf der Rückseite der über Nordeuropa ziehenden Tiefs polare Meeresluft, die von sehr milder Luft auf der Vorderseite des kommenden Tiefs abgewechselt wird (Abb. 3). Dementsprechend haben wir es  vor allem am morgigen Donnerstag und Freitag in tiefen Lagen häufig mit Höchsttemperaturen um oder teils sogar über 10°C zu tun. 

In der kommenden Woche deutet sich Hochdruckeinfluss an, der zu häufig trübem Wetter führen wird. Dabei sollten die Temperaturen zwar zurückgehen, allerdings ist hierbei noch keine wirklich winterliche Witterung zu erwarten. Nach dem 10. Januar wird es da schon interessanter. Denn die Vorhersagemodelle bieten in einigen Berechnungen Möglichkeiten an, dass zumindest den Osten Deutschlands kältere Festlandsluft erreichen könnte (Abb. 4), und so steigt die Wahrscheinlichkeit für winterlicheres Wetter auf immerhin 40% an - was aber im Umkehrschluss bedeutet, dass wir immer noch eine etwas höhere Möglichkeit für ein (moderat) mildes Wetter behalten.

Und so hört man nun vielerorts, dass der Winter wohl gelaufen sei. Doch ein Blick in die Vergangenheit lehrt uns, dass dies ein Trugschluss sein kann. Dabei muss man gar nicht so weit zurückblicken - erst im letzten Winter wurden wir zum Monatswechsel Januar/Februar von eisiger Kälte überrascht, nachdem mit nur kurzen Unterbrechungen zuvor eine Serie von Tiefs reichlich Niederschläge und milde Luft zu uns schaufelten. Erst Ende Januar konnten diese nicht mehr ungehindert nach Osten durchziehen. Und so verkündeten wir damals: Die Kälte kommt, und zwar, weil sich Kältehoch "Cooper" in den Weg stellte und mit östlichen Winden eisige Festlandsluft heranbrachte. Die Konsequenz waren neue Kälterekorde, zum Beispiel in München mit -20,0°C am 06.02.2012 und -23,1°C am 13.02.2012 (für die jeweilige Dekade).

Überraschung im Februar? Das Beispiel 1956
Es war in den vergangenen Jahren oft so, dass der Februar der kälteste Monat des Winters war. Es gibt sogar sehr seltene Fälle in der Klimageschichte in Deutschland, wo man nach einem extrem milden Dezember und Januar im Februar durch einen Kälteeinbruch überrascht wurde - ein solch extremes Beispiel ist der Winter 1955/56. Damals betrug die Abweichung der Temperatur vom Normalwert in Mitteleuropa im Dezember 1955 +2,8 Grad, im Januar 1956 +1,4 Grad.

Gegen Ende des Monats bildete sich dann eine weit verbreitete Schneedecke, gefolgt von einem Nordskandinavien-Hoch. Die Folge war ein eisiger Februar, der mit dem Jahrhundert-Februar 1929 durchaus mithalten konnte (Abweichung Mitteleuropa -5,6 Grad, für Berlin -8,9 Grad vom langjährigen Mittel). In weiten Teilen im Südosten Deutschlands wurden damals Temperaturen zwischen -30 und -33°C gemessen. Viele Flüsse froren ganz oder teilweise zu:

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Anhand unserer Ähnlichkeitsanalyse in Abb. 5 sehen wir allerdings, dass aus dem bisherigen Temperaturverlauf keine Aussage getroffen werden kann, wie der Winter in diesem Jahr weiter geht, sowohl milde als kalte Folgemonate traten in der Geschichte gleichermaßen auf. Wir werden also weiter warten müssen und können festhalten: Ein kalter Winter ist zwar noch nicht in Sicht, kann aber auch nicht ausgeschlossen werden.