Seltene Tropikluft
In den heutigen Wetter News möchten wir noch einmal die Außergewöhnlichkeit der nun allmählich zu Ende gehenden Wetterlage betonen. Denn derart hohe Temperaturen in Kombination mit dieser Luftfeuchtigkeit erreicht Deutschland nur extrem selten, wie ein Vergleich zeigen wird:
In den vergangenen Tagen sind etliche Hitzerekorde gepurzelt. Beispielsweise war es auf dem Brocken mit 29,0°C noch nie so warm wie am Montag. In Dresden-Hosterwitz wurde die 40-Grad-Marke mit 39,8°C am gleichen Tag nur knapp verfehlt. Doch ist dies noch nicht alles: Mit der südwestlichen Strömung auf der Vorderseite von Kaltluftvorstößen über dem Ostatlantik wurden gleichzeitig feuchte Luftmassen herangebracht.
Was ist die "äquipotenzielle Temperatur"?
Wir sprachen ja im Rahmen dieser Kolumne schon häufiger über die äquipotenzielle Temperatur gesprochen, die hier wieder zum Tragen kommt. Dieser meteorologische Parameter bezeichnet den Energiegehalt der Luft, der sich aus der fühlbaren Temperatur ergibt plus der Energie, die durch Kondensation des in der Luft enthaltenen Wassers hinzukommt. Man würde diese Temperatur messen können, wenn der komplette Wasserdampf kondensieren würde, und wenn man das Luftpaket vollständig wärmeisoliert auf einen Luftdruck von 1000 hPa brächte.
Interessierte können sich die Prognosen der äquipotenziellen Temperatur für die 850 hPa - Druckfläche (sie liegt im Mittel in 1500 Metern Höhe) in unsere Profikarten ansehen (dort nach ihrem griechischen Formelsymbol mit "Theta-E" bezeichnet).
Der Zahlenwert für die äquipotenzielle Temperatur liegt in der Natur also immer über dem der gemessenen, da absolut trockene Luft nicht vorkommt. Je größer der Abstand zur Temperatur ist, umso höher ist auch die Luftfeuchtigkeit. Schauen wir uns mit diesem Hintergrund also die Analysekarte von der Nacht zum Dienstag, 21.08.12, 2 Uhr MESZ, in Abb. 3 an. Deutlich erkennen wir hier die Luftmassengrenze über der Mitte Deutschlands, während im Süden "Theta-E" Werte von verbreitet über 60, lokal auch über 70°C zu finden sind.
Tropikluft in Deutschland
Das ist eine Größenordnung, die für Deutschland schon bemerkenswert ist. Selten gibt es Temperaturen von deutlich über 30 oder 35°C mit gleichzeitig derartig hoher Luftfeuchtigkeit. Derartige Luft ist normalerweise in den Tropen zu Hause, wie ein Vergleich mit Abb. 4 aus Mittelamerika zeigt.
Nach der Luftmassenklassifikation von Geb (1979) dürfte es sich örtlich um Tropikluft gehandelt haben, in dieser Form eine Seltenheit bei uns, während Subtropikluft schon häufiger anzutreffen ist. Geb unterscheidet sechs Hauptluftmassen: Arktikluft, Subpolarluft, erwärmte Subpolarluft, Luft der mittleren Breiten, Subtropikluft und Tropikluft, hinzu kommen Unterklassen, die die Luftfeuchtigkeit berücksichtigen, als Maß zur Klassifikation zählt hier vor allem die äquipotenzielle Temperatur. Bei sehr starken Warmluftvorstößen kommt es in Einzelfällen allenfalls zum Vorhandensein trockenerer kontinentaler Tropfikluft (Abkürzung cT). Die Umwandlung zur (feuchteren) Tropikluft (xT) mit äquipotenziellen Temperaturen von über 60°C auf 850 hPa bei uns darf man als seltenen Einzelfall betrachten.
Und so ist es auch nicht verwunderlich, dass die damit verbundenen gewittrigen Regengüsse durchaus tropische Dimensionen angenommen haben. Niederschlagssummen in der Größenordnung von lokal 50 Litern pro Quadratmeter in einer Stunde sind ebenfalls extrem selten hierzulande und haben in Folge ja auch zu entsprechenden Überflutungen geführt.
Anders als in den Tropen: großer Hagel
Nur eines war hierzulande anders: Zu den extremen Niederschlagsmengen gab es auch "Superzellen", die großkörnigen Hagel mitbrachten. Für dieses benötigt man eine starke Windscherung, also Änderung des Windes mit der Höhe, die es so stark in tropischen Breiten nicht gibt:
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