Wer morgen Früh den Kratzer im Handschuhfach haben sollte und wieso Brücken tückisch sind:
Nach etwas Regen im Südosten, in Hochlagen auch etwas Schnee, startet die neue Woche relativ ruhig. Grund ist ein Zwischenhoch, das gebietsweise auch Sonnenschein nach Deutschland bringt. Morgen früh wird man dagegen hier und da manche Autoscheiben vom Reif befreien - auf Brücken sollte man zudem vorsichtig fahren. Wieso ausgerechnet dort?
Das Wetter beruhigt sich
Zunächst ein kleiner Blick auf die aktuelle Wetterlage: Der Tiefausläufer von Tief "Kay", der gestern vor allem im Süden gebietsweise für etwas Regen und Schneeregen, in höheren Lagen auch für Schnee gesorgt hat, ist nun abgezogen, das Tief selbst liegt mittlerweile mit seinem Zentrum weit im Nordosten über der Barentssee. Allerdings wird der Südosten Deutschlands noch von Ausläufern des Tiefs "Luis" über Italien gestreift, sodass es dort noch einmal für etwas Neuschnee in den dortigen Alpen reicht.
Ansonsten aber verstärkt sich über Deutschland aktuell das Zwischenhoch "Quintia" über Deutschland. Es sorgt für Wetterberuhigung und vor allem in der Nordwesthälfte auch gebietsweise für einige Stunden Sonnenschein.
Doch wird sich "Quintia" nicht allzu lange über Deutschland halten können, schon im Verlaufe des späteren Tages ziehen bereits wieder dichtere Wolken an die Ems und die Ostfriesischen Inseln. Sie gehören zu Ausläufern eines Orkantiefs bei Island.
Aufklarungen in der Nacht
Damit verschiebt sich auch die Zone mit geringer Bewölkung in den Südosten Deutschlands (Abb. 2) - abgesehen von Nebelfeldern wird man dort ab heute Abend oft die Sterne sehen können. Nun wird es in Sachen Reif interessant:
Bei schwachem Wind und bei wenigen Wolken kann dabei die Tageswärme in den Weltraum entweichen, die Luft kühlt sich vom Boden her aus. Die niedrigsten Temperaturen befinden sich damit in unmittelbarer Nähe des Bodens. Der erste fühlbare Effekt ist dabei also die Temperatur - bis morgen Früh wird es in der Südosthälfte dabei häufig zu leichtem Frost kommen (Abb. 3), im Süden kann es über Schneeflächen auch zu Temperaturen unter -5°C kommen.
Autoscheiben kratzen?
Wo ist aber nun der Zusammenhang zwischen diesem Frost und der Reifbildung? Damit sich Reif bilden kann, muss die Temperatur unter den so genannten Taupunkt fallen. Der Taupunkt ist ein Feuchtemaß und die Temperatur, bei der die Luft mit Feuchtigkeit zu 100% gesättigt wäre. Sinkt die Temperatur weiter, so bilden sich je nach Temperatur Wassertröpfchen oder Eiskristalle aus. Man erlebt diesen Effekt sehr oft beim Griff in das heimische Eisfach: Nimmt man etwas tiefgefrorenes heraus, so bildet sich an der Oberfläche sofort eine Eiskristallschicht. Der Grund ist, dass die deutlich wärmere Zimmerluft (mit entsprechend höherem Feuchtegehalt) an der Verpackung des Gefrierguts abgekühlt wird und sich die Luftfeuchtigkeit bei unter Null Grad in Form von Eiskristallen an der Oberfläche zeigt. Dies ist nichts anderes als Reif.
Das gleiche wird in der kommenden Nacht in den Aufklarungsgebieten auch an der Oberfläche von zum Beispiel Autos geschehen, da diese besonders gut auskühlen, daher lohnt es sich in der Südosthälfte, den Kratzer bereit zu halten. Dies gilt übrigens auch für Lufttemperaturen über Null Grad, da wie oben beschrieben die Temperatur der Glasscheibe und anderer Oberflächen deutlich darunter liegen kann.
Was Brücken anfälliger für Glätte macht
Trotz der leichten Minusgrade, die verbreitet in der Südosthälfte Deutschlands auftreten werden, ist Glätte jedoch nur ein lokales Phänomen, besonders auf Brücken kann sie vereinzelt entstehen. Doch wieso ausgerechnet dort?
Um diese Jahreszeit hat der Boden in einigen Zentimetern Tiefe noch die Wärme der Vorwitterung gespeichert, 5 Zentimeter unter der Oberfläche herrschen derzeit fast überall noch Plusgrade zwischen 1 und 7°C. Dieser Boden wärmt auch die befestigten Straßen, sodass die wenigen Stunden Frost nicht ausreichen, um die dortigen Fahrbahnoberflächen unter den Gefrierpunkt abzukühlen.
Brücken jedoch haben dieses "Wärmepolster" nicht und kühlen dementsprechend - je nach Material - schneller aus. Dennoch wird sich nicht auf jeder Brücke in der kommenden Nacht Reif bilden. Denn neben Minusgraden ist eine weitere Bedingung zu erfüllen, wie wir oben gelernt haben: Die Temperatur der Oberfläche muss negativ sein und niedriger als der Taupunkt. Es kommt also auch auf die Luftfeuchtigkeit an (Abb. 4).
Um nun möglichst genau die Brücken eingrenzen zu können, auf denen in der kommenden Nacht Glätte entstehen kann, sind entlang vieler wichtiger Straßen und Autobahnen Glättemeldeanlagen installiert, insbesondere auch auf Brücken. Diese messen nicht nur die Lufttemperatur, sondern auch die Temperatur der Fahrbahnoberfläche sowie andere Parameter. Die MeteoGroup erstellt für all diese Stellen eine Prognose, um die entsprechenden Winterdienstkunden mittels Glätteportal rechtzeitig vorbereiten zu können.
Wir sehen eine solche Prognose für die Forsthausbrücke der A7 in Hessen in Abb. (5). In Abb. 6 sehen wir nur die Temperaturprognosen - in Rot die Lufttemperatur, in Blau die Temperatur der Fahrbahnoberfläche und in Grün den Taupunkt. Es ist der Zeitraum markiert, an dem sich Reif bilden kann, wenn also die grüne Linie unterhalb der blauen verläuft und beide bei negativen Temperaturen. Wer an weiteren Details interessiert ist, dem empfehlen wir unser Glättelexikon auf Glätte24.de.