Pfingstunwetter 2014 - heute vor einem Jahr
Heute jährt sich ein Unwetterereignis, wie es nur selten vorkommt - das Pfingstunwetter 2014. Vor einem Jahr sorgte dabei ein Gewitterkomplex vor allem an Rhein und Ruhr für teils katastrophale Zustände. Der Verkehr brach zusammen, mindestens sechs Menschen ließen dabei ihr Leben. Wir blicken zurück.
Pfingstunwetter 2014 - Kein "Orkan ELA"!
Das besagte Unwetter schlug vor allem in Nordrhein-Westfalen zu. In den Medien wurde seitdem viel darüber berichtet, allerdings auf sehr unterschiedliche Art und Weise. Oft hört man dabei von einem "Orkan ELA", der verbreitet für Zerstörungen gesorgt haben soll. Dies entspricht jedoch nicht der Wahrheit. Von einem Orkan, Sturm- oder Orkantief ELA kann aber keine Rede sein. Wie heftig jedoch die Auswirkungen waren, lässt sich am folgenden Augenzeugenvideo aus Essen von Philipp Peißen nachvollziehen:
Augenzeugenvideo vom 09.06.2014 aus Essen von Philipp Peißen
Richtig ist, dass das Tief ELA an der Wetterentwicklung beteiligt war. Dieses selbst allerdings schwächte sich heute vor einem Jahr, am 09.06.2014, auf dem Weg vom Ostatlantik zu den Britischen Inseln eher ab. Die Orkanböen entstanden dagegen nach extrem heißer Vorwitterung dabei aber an einer Gewitterlinie, die sich am Tage über Belgien bildete und dann am Abend von Westen her Deutschland erreichte.
Zuvor: Heißeste Pfingsten seit Jahrzehnten
Genug Energie stand den Gewittern dabei in Form von Hitze und zunehmender Luftfeuchtigkeit zur Verfügung. Denn Pfingsten 2014 wurde in den Medien als eines der heißesten Pfingsten seit Jahrzehnten bezeichnet, da zwischen Osteuropa-Hoch WOLFGANG und Tief ELA mit südlicher Strömung Luft aus dem Mittelmeerraum herantransportiert wurde. Tatsächlich wurden vor allem im Südwesten Deutschlands neue Rekorde für die ersten Junitage aufgestellt, die größtenteils bis heute Bestand haben. Spitzenreiter war Ihringen, die MeteoGroup Wetterstation meldet von dort am 09.06.2014 eine Höchsttemperatur von 38,2 Grad. Auch in NRW war es noch heiß, die Maxima lagen meist zwischen 29 und 33 Grad in schwüler Luft.
Weiter westlich, über Frankreich, bildeten sich schon früher am Nachmittag teils kräftige Gewitter, die sich nach Nordosten verlagerten und in Anzahl und Intensität zunahmen. Diese schlossen sich dann im Verlauf zu einem Gewittersystem zusammen, einem so genannten MCS (mesoscale convectice system). Dieser großräumige Komplex bringt über große Flächen kräftige Niederschläge für längere Zeit. Die dort eingelagerten Superzellen sorgten zudem für teils großen Hagel, Starkregen und entsprechend gefährliche Fallböen. Aus Ardon in Frankreich liegen in der Unwetterdatenbank ESWD Berichte über Hagelkörner mit einem Durchmesser von 11 cm vor.
Die Gewitterlinie, die sich dabei am früheren Abend über Belgien bildete, ließ dann in unserer Unwetterzentrale die Alarmglocken läuten. Kurz vor 20 Uhr erreichte diese dann den Westen Nordrhein-Westfalens, wobei gegen 20 Uhr aus der Eifel erste orkanartige Böen gemeldet wurden. Hier ein Zeitraffer der aufziehenden Gewitterlinie:
Zeitrafferaufnahmen vom Durchzug der Gewitterlinie in Hagen am 09.06.2014
Umgekippte Bäume, Überflutungen, Orkanböen
An dieser Gewitterlinie entstanden Fallböen - der Niederschlag kühlte die Luft auf ihrem Weg nach unten weiter ab und beschleunigte sie. Diese stürzte aus der Gewitterwolke heraus zu Boden und breitete sich seitwärts aus, sodass es zu sehr hohen Windspitzen bis in den Orkanbereich hinein kam. Den höchsten Wert meldete die Wetterstation am Flughafen Düsseldorf mit 142 km/h, wobei lokal wahrscheinlich noch höhere Windgeschwindigkeiten aufgetreten sind, wie die Schäden vermuten lassen (weitere Werte im ausführlichen Bericht der Unwetterzentrale). Neben den Böen wurde der Durchzug der Gewitterlinie begleitet von heftigem Starkregen, der Keller unter Wasser setzte und Unterführungen volllaufen ließ. Viele Blitze zuckten über den Himmel, in sechs Stunden wurden über 100.000 registriert.
Die heftigen Böen ließen dabei die voll belaubten Bäume reihenweise umstürzen. Zehntausende sind dabei dem Unwetter zum Opfer gefallen, Schwerpunkt war das Rheinland und das westliche Ruhrgebiet von Neuss und Düsseldorf über Mülheim, Essen und Bochum. Die Folgen waren dementsprechend: Der Bahnverkehr stand teils tagelang still, etliche Ampeln fielen aus und der Rückreiseverkehr am Pfingstmontag kollabierte. Mindestens sechs Menschen starben bei dem Unwetter, Dutzende wurden verletzt.
Auf den Seiten unserer Unwetterzentrale gibt es einen ausführlichen Bericht über das Pfingstunwetter 2014 in NRW von Thomas Sävert und Stefan Laps.