Lokaler Sandsturm im Norden?

Was im April 2011 die Massenkarambolage auf der A19 bei Rostock verursachte und was heute passieren kann:

Viele werden sich noch an die Katastrophe vom 8. April 2011 auf der A19 bei Rostock erinnern. Damals kam es zu dem schlimmsten Verkehrsunfall, den Mecklenburg-Vorpommern je erlebt hat. Ein "Sandsturm" nahm den Autofahrern damals plötzlich die Sicht. 83 Autos rasten ineinander, acht Menschen starben. Auch heute könnten Böen im Norden Deutschlands Staub aufwirbeln, wenngleich nicht ganz so intensiv wie damals.

Autofahrer sollten im Norden aufpassen

Wer heute im Norden Deutschlands mit dem Auto unterwegs ist, der sollte dann besonders umsichtig fahren, wenn sein Weg an weiten Ackerflächen vorbei führt. Denn es ist durchaus möglich, dass im Tagesverlauf fortschreitend von West nach Ost durch böig auffrischenden Wind Ackerstaub aufgewirbelt wird. Lokal kann eine solche Staubwolke dann auch die Sichtweite von jetzt auf gleich drastisch reduzieren, was das Unfallrisiko erheblich erhöht.

Vor gut vier Jahren, am 8. April 2011, sorgte eine solche Staubwolke (in den Medien auch gern als "Sandsturm" bezeichnet) für den schwersten Verkehrsunfall in der Geschichte Mecklenburg-Vorpommerns. Damals sorgten schwere Sturmböen dafür, dass Staub und Sand von den ausgetrockneten Äckern auf die A19 bei Kavelstorf zwischen Güstrow und Rostock geweht wurde. Dabei konnten die Autofahrer von jetzt auf gleich weniger als fünf Meter weit sehen. Es kam zu einer Massenkarambolage, an denen 83 Autos beteiligt waren, die dramatischen Bilder gingen damals durch die Medien. Acht Menschen verloren bei dem Massenunfall ihr Leben. Eine genauere Beschreibung gibt es in unserer Unwetterzentrale nachzulesen; aktuell wird das Ereignis immer noch juristisch aufgearbeitet. Die Reporter von NonstopNews machten damals die folgenden Aufnahmen:


Roh-Aufnahme von der Massenkarambolage auf der A19 bei Rostock am 08.04.2011

Warum gerade im Frühling?

Auch, wenn wir in diesen Tagen längst nicht die Auswirkungen vom April 2011 erwarten, sollte man also lokal mit Sichtbehinderungen rechnen. Doch wieso muss unsere Unwetterzentrale heute wie damals ausgerechnet im April vor solchen Phänomenen warnen?

Das hat zwei Gründe. Der erste: Es gibt im Frühling eine erhöhte Wahrscheinlichkeit für kräftige Tiefs, die sich von Norden kommend einem entsprechend starken Gegenspieler gegenüber sehen, nämlich einem kräftigen Hoch weiter südlich, hervorgerufen durch den recht großen Temperaturgegensatz zwischen den nach dem Winter noch oft kalten oberen Luftschichten in den polaren Regionen gegenüber der bereits respektablen Erwärmung der Luft in den Subtropen. Im Übergangsbereich zwischen diesen beiden kräftigen Drucksystemen herrscht dementsprechend auch ein großes Druckgefälle, als Ausgleich weht dort ein dementsprechend kräftiger Wind. 

Im April 2011 war es das kräftige Hoch "Ruth" über Großbritannien, an dessen Nordostflanke das Sturmtief "Joachim" entlang zog. Bei der aktuellen Wetterlage sind die Gegensätze bei weitem nicht so ausgeprägt. Dennoch frischt zwischen dem Südosteuropahoch "Ostra" und dem nun von Nordwesten heranziehenden Tief "Roland" der Südwest- bis Westwind im Norden Deutschlands spürbar auf. Insbesondere in der Nähe von Schauern oder einzelnen Gewittern sind dabei in Küstennähe auch einzelne Sturmböen möglich, unsere Unwetterzentrale hatte am Samstagmorgen bereits Unwetterwarnungen vor Windgeschwindigkeiten von 70 bis 80 km/h in Nordseenähe aktiv, Vorwarnungen gelten für den gesamten Norden Deutschlands

Wind ist also der eine Faktor. Der andere ist der bislang fehlende Regen. Dies hat dazu geführt, dass viele Böden ausgetrocknet sind. Das gilt insbesondere für die obere Erdschicht, die Bodenkrume. Da zu dieser Jahreszeit viele Felder aber noch nicht bestellt sind oder die Saat noch nicht aufgegangen ist, liegt diese lockere, trockene Staubschicht ungeschützt und ist im Norddeutschen Tiefland dem Wind schutzlos ausgeliefert. In dieser Kombination können vor allem also im frühen April lokal Staubstürme ("Sandstürme") entstehen, wenn die Wetterlage mitsamt Vorwitterung entsprechend gegeben ist.

Aktuell muss man von West nach Ost fortschreitend bis in die kommende Nacht aufpassen. Dies gilt insbesondere vor Ankunft der Schauer oder wenn diese nur schwach ausgeprägt sein sollten. Im Nordosten kann es dort, wo keine oder nur schwache Schauer entlang ziehen, auch am Montag noch einmal für lokale Aufwirbelungen von Erde kommen, sodass man auch dann noch einmal aufpassen muss. Wir empfehlen allen, die im Norden unterwegs sind, sich mobil per AlertsPro über die Windbedingungen an seinem Aufenthaltsort zu informieren und vorausschauend zu fahren.