Tornado in Luçon
So schnell, wie er sich bildete, so schnell löste er sich wieder auf: Ein Tornado hat gestern im Gebiet von Luçon im Département Vendée in West-Frankreich für Schäden gesorgt. Die Unwettergefahr verlagert sich in den nächsten Tagen eher in den Mittelmeerraum.
Tornado nur etwa 40 Sekunden am Boden
Die Unwetter begannen im Westen Frankreichs am Vormittag. Bereits gegen 9 Uhr traten in Sud-Vendée und auch andernorts teils kräftige Gewitter mit Starkregen auf, begleitet von teils schweren Sturmböen (Abb. 1). In Sainte Hermine traf ein Blitz ein Geschäft, die Kunden und das Personal kamen aber mit dem Schrecken davon. Blitzschläge sorgten auch in Corpe und Thiré für Schäden an Hausdächern.
Aber das wohl markanteste Ereignis fand kurz nach 10 Uhr im Norden der Ortschaft Luçon statt. Dort bildete sich ein Tornado, der auch von mehreren Personen fotografiert werden konnte, es wurden auch zwei Videos ins Internet gestellt, die hier und hier angesehen werden können. Dort ist zu erkennen, dass der Wirbel sehr kurzlebig war, sein Bodenkontakt dauerte etwa 40 Sekunden, weswegen er in den Medien fälschlicherweise als "Mini-Tornado" bezeichnet wird (so eine Bezeichnung existiert in der Meteorologie nicht). Der helle Lichtblitz, der dort zu erkennen ist, stammt von einem Blech, das durch die Luft gewirbelt wurde und einen Kurzschluss an einer Hochspannungsleitung mit 20.000 Volt verursachte.
Die Polizei und Einsatzkräfte der Gemeinde mussten anschließend den Strom kurzzeitig abstellen, um das Blechstück bergen zu können. In einem etwa 100 Meter breiten und einem Kilometer langen Streifen gab es größere Schäden an landwirtschaftlichen Gebäuden, Menschen wurden nach jetzigem Stand nicht verletzt.
Wie entstand der Tornado?
Damit ein Tornado entstehen kann, benötigt man mehrere Zutaten: Die Luft muss leicht aufsteigen können und feucht genug sein. Damit es zu der Rotation der aufsteigenden Luftsäule kommt, muss sich zudem der Wind mit der Höhe ausreichend ändern, man spricht dabei von Windscherung.
Diese Zutaten ergaben sich durch den Kaltluftvorstoß, der im Zusammenhang mit dem Tiefdruckgebiet Christine stand - wir berichteten ja gestern bereits davon, dass es sich in mehrere Zentren aufgeteilt hat. In Abb. 3 sehen wir die Wetterlage am gestrigen Montagmittag, also kurz nach Auftreten des Ereignisses. Die gestrichelte Linie zeigt eine Konvergenz an, dort strömt die Luft am Boden zusammen, wodurch sie aufsteigt. Gleichzeitig gibt es große Temperaturunterschiede zwischen der Luft über dem Atlantik und der Kaltluft in der Höhe: Während die Oberfläche des Meerwassers der Biskaya eine Temperatur um +12°C hat (Abb. 4), herrschten gleichzeitig in einer Höhe von rund 5,5 km Werte teils unter -30°C (Abb. 5). Dadurch war die Atmosphäre sehr labil, ein Luftpaket vom Boden her kann also sehr leicht aufsteigen.
Unwettergefahr nun im Mittelmeerraum
Ähnlich stellt sich die Situation nun im Mittelmeer dar, wo sich ein weiteres Zentrum von Tief "Christine" befindet. In der Höhe herrscht dort immer noch recht kalte Luft, während das Meerwasser von West nach Ost zwischen 12 und 18°C warm ist. Insbesondere an den Westküsten des mittleren und südlichen Italiens, Siziliens sowie auch in der Adria sowie dem Ionischen Meer können dabei Tornados vor allem über dem Meer entstehen, so genannte Wasserhosen - die Gefahr einzelner Tornados existiert aber auch ein Stück weiter landeinwärts.
Vor allem aber muss man mit gebietsweise kräftigen Gewittern mit Gefahr von Hagel, Starkregen und Sturmböen rechnen. Ortsgenau kann man sich mithilfe unserer Unwetterzentrale europaweit über Gefahren informieren. Besitzer eines Smartphones oder Tablets mit der WeatherPro App bekommen diese für den jeweiligen Standort ebenfalls angezeigt.