Finale furioso beim Frühling
Heute um 7:04 Uhr Mitteleuropäischer Sommerzeit (MESZ) begann mit dem Jahreshöchststand der Sonne der kalendarische oder astronomische Sommer. Der laut Kalender letzte Frühlingstag war gekennzeichnet durch mancherorts extreme Wettererscheinungen.
Meteorologisch begann der Sommer schon am 1. Juni
Blickt man auf einen handelsüblichen Kalender, findet man dort beim 21. Juni den Vermerk "Sommeranfang". Damit ist gemeint, dass die Sonne in ihrem jährlichen Lauf den nördlichsten Stand erreicht. Sie steht dann genau genommen um 7:04 Uhr MESZ exakt über dem nördlichen Wendekreis, der sich auf 23 Grad und 26 Sekunden nördlicher Breite befindet. Dies entspricht in etwa dem Süden von Ägypten. Zum kalendarischen oder astronomischen Sommeranfang scheint die Sonne dort im Zenit, also senkrecht über der Erde. Somit ist es auch bei uns in Mitteleuropa am längsten hell und nachts wird es dann in Deutschland nicht richtig dunkel. Weiter nördlich feiern, zum Beispiel im russischen Sankt Petersburg, die Menschen die "weißen Nächte", und vom nördlichen Polarkreis an bis zum Nordpol ist die Sonne rund um die Uhr über dem Horizont; es scheint die Mitternachtssonne.
Gleichzeitig beginnt auf der Südhalbkugel der kalendarische Winter. Die Sonne wandert danach wieder jeden Tag ein Stück weiter nach Süden, bis sie zur Herbst-Tagundnachtgleiche am 22. September 2013 senkrecht über dem Äquator steht. Der Nordwinter bzw. Südsommer beginnt kalendarisch am 21. Dezember, wenn die Sonne über dem südlichen Wendekreis im Zenit steht. Am 20. März 2014 fängt mit der Äquatorüberquerung der Sonne in nördlicher Richtung der kalendarische Frühling an, und am 21. Juni 2014 wird um 13:51 Uhr der nächste kalendarische Sommeranfang sein.
Die Meteorologen fassen aber aus Gründen der Statistik jeweils drei komplette Kalendermonate zusammen, und da der meteorologische Sommer aus den Monaten Juni, Juli und August besteht, fing er bereits am 1. Juni an.
Letzter kalendarischer Frühlingstag war oft schon hochsommerlich
Der gestrige Donnerstag, der 20. Juni 2013, war in vielerlei Hinsicht alles andere als frühlingshaft, sondern zum Teil hochsommerlich.
Zwischen dem Osteuropahoch "Velvet" und dem Tief "Manni" über Frankreich zog gestern im Tagesverlauf das Tief "Norbert" von der Mitte Deutschlands nach Norden. Bereits morgens um 8:00 Uhr MESZ war es im Osten und Südosten Deutschlands sommerlich warm mit beispielsweise 26°C in München und 27°C in Görlitz. Zu dieser Zeit waren im westlichen Rheinland-Pfalz und im Saarland schon Gewitter aktiv, die an der Wetterstation Schmelz-Hüttersdorf bei Saarlouis 27,1 Liter Niederschlag pro Quadratmeter brachten.
Um 11:00 Uhr wurde in Deuselbach im Hunsrück eine einstündige Niederschlagsmenge von 32,6 l/m² registriert. Um 13:00 Uhr meldete die Station Bonn-Roleber 45,7 l/m² innerhalb der vergangenen Stunde. Im etwa 50 Kilometer weiter östlich gelegenen Nümbrecht im Oberbergischen Kreis erreichte der Wind in Böen die Sturmstärke 10.
Eine Stunde später lag fast ganz Nordrhein-Westfalen im Bereich starker Schauer und Gewitter. In Nümbrecht gab es mit 108 km/h (11 Beaufort) orkanartige Böen, und in Remscheid-Lennep kamen innerhalb einer Stunde 55 l/m² vom Himmel heruntergeprasselt. In diesen Gebieten lag die Temperatur meist bei kühlen 17 bis 20°C. Gleichzeitig hatten sich der Osten und Südosten Deutschlands auf Werte teils deutlich über 30°C aufgeheizt: Im fränkischen Nürnberg, im sächsischen Dresden-Strehlen sowie an der am südöstlichen Berliner Stadtrand gelegenen Station Kaniswall wurde jeweils 34°C gemessen.
Wetterküche kam nachmittags vielerorts erst so richtig in Gang
Am Nachmittag kam die Wetterküche dann weiter in Fahrt:
Die Gewitterschauer über Nordrhein-Westfalen waren nach wie vor sehr aktiv (Bochum kam bis 15:00 Uhr auf 50,6 l/m² in einer Stunde) und zogen langsam weiter nach Norden, gleichzeitig bildeten sich auch verstärkt in Hessen, Oberfranken und am Alpenrand neue, mächtige Gewitterzellen aus.
Um 17:00 Uhr wurden entlang einer Linie von Ostfriesland über das Leine- und Weserbergland und Thüringen bis zur Oberpfalz teils mit Hagel durchsetzte Gewitter beobachtet.
Die stärksten Böen gab es in Bremen mit Sturmstärke 10, und die einstündigen Niederschlagsmengen erreichten entlang der Gewitterlinie gebietsweise 5 bis 15 l/m². In Löningen im Oldenburger Münsterland waren es 24,7 l/m² und in Heinersreuth im Landkreis Bayreuth kamen 31 l/m² zusammen. In Oberschwaben und dem bayerischen Allgäu wurden nun auch teils erhebliche Niederschlagsmengen im Zusammenhang mit den sich entwicklenden Gewitterzellen gemessen; Kaufbeuren meldete eine Summe von 15,8 l/m². Sehr deutlich sind die Temperaturunterschiede auf engem Raum: Während beispielsweise in Celle 29°C gemessen wurden, betrug die Temperatur 35 km weiter südwestlich in Hannover nur 22°C und im benachbarten Wunstorf sogar nur 19°C. Innerhalb einer ähnlichen Distanz (auch etwa 35 km) waren die Temperaturunterschiede im Südwesten Bayerns noch drastischer mit 30°C im oberbayerischen Wielenbach bei Weilheim und 15°C in Kaufbeuren.
Das südliche Bayern war es auch, wo zum nächsten Wetterbeobachtungstermin um 18:00 Uhr die höchsten Windspitzen auftraten: Jeweils 10 Beaufort gab es in Augsburg, Lechfeld und Landsberg. Dazu fielen bis zu 34,1 l/m² im ostallgäuischen Buchloe. In der weiter nördlich gelegenen Gewitterlinie betrug die maximale Niederschlagsmenge örtlich etwas mehr als 25 l/m² (Dörpen im Emsland sowie Alperstedt im Thüringer Becken).
Um 19:00 Uhr hatte sich die letztgenannte Gewitterlinie weiter verlagert und brachte nun auch Schleswig-Holstein, Hamburg und Sachsen-Anhalt vermehrt Gewitter. Nach Süden schloß sich die ehemals südbayrische Gewitterzelle an, die sich schon gebietsweise mit den Gewittern in Franken zusammengeschlossen hatte. Auch über dem Dreiländereck zur Schweiz und Frankreich ballten sich mächtige Gewittertürme zusammen. Vom südwestlichen Polen zog eine weitere Zelle in die Lausitz. Sturmböen der Stärke 9 wurden nun im bayerischen Regierungsbezirk Schwaben, im östlichen Harzvorland und in Büsum an der Nordseeküste erreicht. Im Süden (bis zu 35,5 l/m², Diedorf bei Augsburg) und Osten Deutschlands (bis zu 23,4 k/m², Olbersleben in Nordthüringen) wurden einmal mehr teils sehr hohe einstündige Niederschlagsmengen verzeichnet.
Die Krone bei den einstündigen Niederschlagssummen setzte um 20:00 Uhr aber Leipzig mit 59,9 l/m² auf. Besonders stürmisch war es zu der Zeit im südlichen Oberrheingraben (Freiburg und Lahr jeweils 10 Beaufort). Später, zwischen 0 und 1 Uhr am frühen Freitag, wurde in Lautertal-Hörgenau an der Wasserkuppe in Hessen die höchste Böe registriert: 122 km/h, das entspricht Orkanstärke.
Ergiebige 12-stündige Niederschlagsmengen
Neben den mancherorts unwetterartigen kurzzeitigen Niederschlagssummen sind auch die 12-stündigen Werte beachtlich, bei denen deutlich wird, dass es drei Gebiete gab, in denen es besonders nass wurde.
Zum einen war dies der Osten um das Dreiländereck Thüringen-Sachsen-Sachsen-Anhalt, wobei die maximalen 60 l/m² in Leipzig wie erwähnt innerhalb einer einzigen Stunde zusammenkamen. Ein ähnlich hoher maximaler Wert wurde bei den südwestbayersichen Gewittern in Buchloe mit 58 l/m² erreicht.
Die dritte Zone mit sehr hohen Niederschlagssummen reichte vom Saarland bis zum westlichen Münsterland, wo 50 bis 70 l/m² und maximal 87 l/m² (Deuselbach) erreicht wurden.
Nachts weiter turbulentes Wetter
Im Verlauf des Abends zogen die Gewitter von Sachsen und Sachsen-Anhalt nach Brandenburg und in den Berliner Raum und führten zu weiteren Sturmböen (Flughafen Schönefeld und Baruth südlich von Berlin mit jeweils 10 Beaufort) sowie weiterem teils unwetterartigem Regen (einstündig bis 22:00 Uhr im sächsischen Hoyerswerda 41,6 l/m² und in Drewitz nordöstlich von Magdeburg 43,6 l/m²).
Zu dieser Zeit befand sich im äußersten Osten noch sehr warme und schwüle Luft (Manschnow im Oderbruch meldete 28°C bei 76% relativer Feuchte), während es etwas weiter westlich schon deutlich abgekühlt war (in Lindenberg südöstlich von Berlin waren es nur 19°C). Auch im Südwesten Deutschlands (39,9 l/m² in Bad Bergzabern in der Südpfalz, orkanartige Böen der Stärke 11 in Rheinstetten bei Karlsruhe sowie auf dem Weinbiet im Pfälzerwald) ging es weiter heftig zur Sache.
In Berlin zog sowohl aus Südosten als auch aus Südwesten eine mächtige Wolkenfront auf, die dank der einsetzenden Dunkelheit durch ihre enorme Blitzfrequenz auffiel und weitere schwere Sturmböen und starken Regen mit sich brachte. In Wusterwitz im westlichen Brandenburg fielen bis um 23 Uhr innerhalb einer Stunde 61,9 l/m².
Um Mitternacht wurden die höchsten Niederschlagswerte im Nordosten Deutschlands gemessen (45,9 l/m² im nordbrandenburgischen Neuruppin, dazu Sturmböen der Stärke 9, und 48,6 l/m² in Bertsdorf-Hörnitz am Zittauer Gebirge), aber auch im hessischen Offenbach kam mit 28,7 l/m² eine beträchtliche Menge zusammen. Von Mittelfranken bis nach Osthessen wurden Sturmböen der Stärke 9, in Würzburg sogar der Stärke 10 registriert.
Unwetter beeinträchtigen weite Teile Deutschlands
Die Unwetter beeinträchtigten unter anderem das "Hurricane"-Festival im niedersächsischen Scheeßel, führten zu vollgelaufenen Kellern, Hagel und unzähligen Feuerwehreinsätzen wegen Blitzeinschlag. In Berlin-Zehlendorf entgleiste ein S-Bahn-Zug aufgrund eines auf die Strecke gefallenen Baumes. Und nicht nur am Boden sorgten die Gewitterwolken für Unwetter, auch in über 10 km Höhe machten sie sich bemerkbar: Flugzeuge mussten teils große Haken um die Wolkentürme schlagen, da diese über die Reiseflughöhe hinausreichten.
Abkühlung zu Beginn des kalendarischen Sommers
Während heute zu Beginn vor allem im Norden Deutschlands anfangs noch teils starke Schauer und Gewitter zu erwarten sind, ist es im Süden des Landes oft recht freundlich und trocken. Dazu erwärmt sich die Luft lediglich auf 21°C im Raum Köln bis 27°C in Berlin und weiter östlich; im Oberallgäu und auf den Ostfriesischen Inseln ist es etwas kühler.
Der Samstag bringt verbreitet recht angenehme 22 bis 26°C, wobei sich Sonne und oft nur lockere Wolken abwechseln. An den Alpen und zur Nordsee hin kann es gelegentlich regnen. Am Sonntag erwartet uns vor allem in Bayern die eine oder andere Regenwolke, weiter nördlich scheint längere Zeit die Sonne und Schauer sind am ehesten in Nordseenähe zu erwarten, sonst bleibt es häufig trocken.
Damit können wir uns nicht nur von den Unwettern erholen, sondern auch wieder bei angenehmeren Temperaturen das Wochenende genießen, zumal es auch nachts dann nicht mehr so stickig ist. Egal, ob kalendarisch oder meteorologisch: Wir befinden uns nun auf jeden Fall im Sommer, auch wenn uns die nächsten Tage mitunter geradezu kühl vorkommen.
Wir wünschen Ihnen ein angenehmes und erholsames Wochenende!