Woher kommt die Wärme?
Allmählich wird es milder in Deutschland, und zum Wochenwechsel werden wir von Südwesten her häufiger die 20°C-Marke überschreiten, am Oberrhein wird es Montag teils schon sommerlich warm. Aber woher kommt so plötzlich diese Frühlingswärme? Auf der Suche nach der Antwort stoßen wir auf einen Giganten:
Gigantisches Tief über dem gesamten Atlantik
Der erwähnte Gigant ist ein Tief, das sowohl von seiner geographischen Ausdehnung als auch von seiner Intensität zu beeindrucken weiß. Die wichtigsten Wettermodelle sind in recht guter Übereinstimmung, dass dieses Tief am Samstag seinen Höhepunkt erreichen wird. Es liegt dann mit seinem Zentrum bei etwa 50°N mitten auf dem Atlantischen Ozean und reicht von Neufundland bis in den Nordwesten Spaniens und bis nach Großbritannien. Sein tiefster Druck wird von den Vorhersagemodellen in guter Übereinstimmung mit beeindruckenden 950 hPa oder knapp darüber vorhergesagt (Abb. 2). Zum Vergleich: Die meisten Hurricanes haben einen höheren Kerndruck, nur Hurricane Sandy war 2012 intensiver mit einem Minimum von 940 hPa.
Wir werden zum Wochenende dadurch auf die Vorderseite dieses Monstrums geraten, das Tief führt also wie ein Schaufelbagger von Südwesten her die subtropische Luft über Spanien nach Deutschland. Diese massive Zufuhr von Warmluft bedeutet eine Absinkbewegung der Luft, und das bedeutet wiederum, dass der Luftdruck am Boden steigt: Ein Hoch etabliert sich also, sodass die Sonne scheinen kann, was die Temperaturen natürlich noch zusätzlich in die Höhe treibt. Und so ist auch erklärbar, warum ausgerechnet im Südwesten die höchsten Temperaturen zu erwarten sind, am Montag ist im Oberrheingraben durchaus der ein oder andere Ort denkbar, der mit Höchsttemperaturen um 25°C seinen ersten offiziellen "Sommertag" erlebt.
Kälte für den Atlantik, Wärme für uns
Die Frage ist aber wiederum: Wieso kann so ein gigantisches Tief überhaupt entstehen? Die Ursache sind unterschiedlich temperierte Luftmassen, die hier aufeinander treffen. Gerade im Frühling sind die Temperaturunterschiede besonders groß: Ganz im Norden hält sich noch die sehr kalte Luft aus der Polarnacht, andererseits sorgt der höhere Sonnenstand in den niederen Breiten bereits für eine kräftigere Erwärmung.
Die kälteste Luft der Nordhemisphäre befindet sich derzeit bei Spitzbergen im äußersten Nordosten Europas mit Temperaturen von rund -44°C in gut 5 km Höhe. Diese kälteste Luft erreicht nun Island, da sich über dem offenen Eismeer und nördlichen Polarmeer mehrere kleine Tiefdruckwirbel gebildet haben. In unserem MeteoEarth-Screenshot in Abb. 4 erkennt man, wie diese arktische Luft wie auf einem Förderband von Tief zu Tief nach Island und dann in Richtung Atlantik geführt wird.
Nur durch diese Kaltluftzufuhr kann sich das Tief, das sich derzeit noch nicht sehr ausgeprägt vor der Küste Neufundlands befindet, dann so verstärken, es stellt gewissermaßen den Antrieb dar, ähnlich wie man damals mit einer Peitsche einen Kreisel zum schnelleren Rotieren gebracht hat.
So betrachtet entsteht die Wärme bei uns zum Wochenende also dadurch, dass Kälte arktischen Ursprungs über Island kommend den mittleren Atlantik erreicht (Abb. 5) und dadurch das Tief zum "Explodieren" bringt, was für Mitteleuropa wiederum Frühlingswärme und Sonne zum Wochenwechsel bedeutet.