Schnee und Gewitter?

Vorgestern gab es örtlich Schneegewitter, gestern im Westen gebietsweise Schneechaos. Wir erklären:

Mach einer meldete sich verwundert bei uns über Twitter oder Facebook. Er habe es gerade blitzen gesehen und donnern gehört, ob das denn im Winter überhaupt sein könne. In der Tat ist dies möglich, und wir erklären, wie es zu den Gewittern und dem Schneechaos gestern vor allem in Nordrhein-Westfalen kommen konnte.

Gewitter im Winter?
Docht zunächst schauen wir zwei Tage in die Vergangenheit, in der das turbulente Winterwetter seinen ersten Höhepunkt erreichte. Dabei zogen von Nordwesten her teils kräftige Gewitter über das Land, teils begleitet von markanten Böen. In Belgien kam es sogar zu einem Tornado mit erheblichen Schäden. Hier wurde eines der Schneegewitter vom 05.02.2013 im Video festgehalten:

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Wie können Gewitter im Winter entstehen? Für gewöhnlich kennt man Gewitter nur aus dem Sommer, vor allem an einem schwülwarmen Nachmittag. Doch im Winter sind Blitz und Donner sehr selten, aber - wie wir hier sehen - möglich. 

Zur Entstehung von Blitzen (und damit Donnern) benötigt man eine Gewitterwolke mit starken Aufwinden in ihrem Inneren. Nur so erreicht man eine ausreichende Trennung der elektrischen Ladung, die sich in Form des Blitzes dann wieder ausgleicht. Im Sommer ist es recht leicht, entsprechende Voraussetzungen für hoch reichende Gewitterwolken zu erreichen. Denn bei entsprechend geschichteter Atmosphäre sorgt zudem die kräftige Sonneneinstrahlung für eine starke Aufheizung des Bodens und damit einem Antrieb "von unten".

Im Winter jedoch fehlt dieser "Motor" weitgehend, und der Aufwind kann nur durch die Dynamik in der Atmosphäre selbst durch Wetterprozesse erreicht werden - dann, wenn (sehr) verschiedene Luftmassen aufeinander treffen.

Dieses ist im Moment der Fall, als uns am frühen Dienstag von der Nordsee her sehr kalte Höhenluft erreicht hat. Sie stammt aus arktischen Regionen bei Ostgrönland und ist auf ihrem Weg über den Atlantik entsprechend mit Luftfeuchtigkeit versorgt worden.

Die Ankunft dieser Höhenkaltluft mit Temperaturen von -35 bis -40°C in etwa 5 bis 5,5 km Höhe wurde dann von der Schauerlinie markiert, die von Gewittern durchsetzt war (siehe Radar in Abb. 2). Am Boden herrschten bei einem kräftigen Südwestwind gleichzeitig noch +5°C. Bei diesem extremen Unterschied kam es dementsprechend zu Gewittern, wobei auf der Rückseite sich die kalte Luft dadurch bemerkbar machte, dass der Regen vielerorts in Schneeregen oder Schnee überging. Auch in der nachfolgend labil geschichteten Atmosphäre konnten noch teils kräftige schauerartige Schneefälle mit Blitz und Donner entstehen.

Erklärung: Schneechaos am Mittwoch
Ganz ähnlich waren die Verhältnisse am gestrigen Mittwoch. Sie hängen auch mit den oben erwähnten Prozessen zusammen. Denn durch den Kaltvorstoß an der Westflanke des steuernden Tiefs entstand ein weiteres kleinräumiges Tiefdruckzentrum, das am gestrigen Morgen von BeNeLux aus dafür sorgte, dass auf seiner Vorderseite etwas wärmere Luft in Bodennähe herankam, während in der Höhe (500 hPa, 5 bis 5,5 km) weiterhin Temperaturen nahe -40°C herrschten. Diese Dynamik bei entsprechend hohem Unterschied der Luftmassen zwischen Bodennähe und Höhe reichte wiederum dafür aus, teils kräftige schauerartige Schneefälle entstehen zu lassen.

Man erkennt diese Aufwärtsbewegung übrigens sehr gut an der Omega-Karte in Abb. 4., die violetten bzw. weißen Bereiche zeigen dabei ein extremes Aufsteigen der Luft an, wodurch entsprechend Niederschlag entsteht, im Maximum auch Gewitterwolken (Abb. 5), gut korrespondierend mit dem 24-Stunden-Radarsummenbild von gestern (Abb. 6), das den Schwerpunkt deutlich am unteren Niederrhein zeigt.

In Kleve kam es binnen weniger Stunden bis 7 Uhr zu 15 cm Neuschnee, in Kalkar waren es 12, in Essen um 9 Uhr 14 cm (Abb. 7). Bei Temperaturen um 0°C (Abb. 8) und entsprechend feuchter Luft in Bodennähe tauten dabei die Schneeflocken leicht an und konnten mit anderen verkleben, sodass viele kleine zu einigen großen zusammen wuchsen (Abb. 1). Dieser schwere, nasse Schnee sorgte dann auch dafür, dass einige Bäume umstürzten und den Bahnverkehr teils stark behinderten. Es kam zeitweise zu 700 km Stau alleine in Nordrhein-Westfalen, später weiter südlich. Vor allem am Flughafen Düsseldorf gab es zudem viele Verspätungen und Flugausfälle.