Die Reise der Warmluft

Es ist eine beeindruckender Prozess, wenn warme Atlantikluft auf den kalten Kontinent trifft.

Die europäische Kältewelle der letzten Wochen war sicherlich beeindruckend. Zumindest für europäische Verhältnisse. Denn in anderen Regionen der Erde, die vergleichbar weit von tropischen Breiten entfernt liegen, sind Wintertemperaturen von -10 bis -30 Grad keine Besonderheit. Vielmehr zeigt die Seltenheit solcher Kälte in Europa, dass wir uns an einen im Grunde viel beeindruckenderen Prozess gewöhnt haben.

Kontinuierlich transportiert der Nordatlantik- oder Golfstrom mit einer Leistung von 1000 Terawatt warmes Wasser nordwärts und gibt diese Wärme auch an die Luftmassen westlich Europas ab. Mit recht hohen Temperaturwerten sind diese Luftmassen dafür verantwortlich, dass Europa gemäßigte Wintertemperaturen bekommt. Dabei ist der Transport der Warmluft ein Wettlauf gegen die Zeit, da Luft eine geringe Wärmekapazität hat und sich über den kalten Landmassen rasch abkühlt. Es ist vor allem dem hohen Feuchtegehalt der Meeresluftmasen zu verdanken, dass der Wärmegehalt des Nordatlantiks auch in Osteuropa noch spürbar ist.

Derzeit ist es wieder soweit: Vom Atlantik hat sich eine Zunge Warmluft nach Osten auf den Weg gemacht. Wir wollen diesen Weg nachverfolgen und zeigen, wie sich der Einfluss des Atlantiks im Laufe der Zeit verändert.

 

16. Februar 2012, Irland

Aus den milden Luftmassen über dem zentralen Nordatlantik hat sich eine Warmluftblase nach Norden geschoben und wird nun in der Frontalzone mit westlichen Winden auseinandergerissen. Die Warmluftzunge streckt sich am vergangenen  Freitag bis nach Irland (Fig. 1). Mit 10 Grad ist von kaltem Winterwetter dort nichts zu spüren. Allerdings hat sich die Luftmasse schon etwas abgekühlt, seit sie auf den zentralen Nordatlantik mit Werten um 15 Grad gestartet ist.

 

17. Februar 2012, England

Mit lebhaftem Westwind fegt die atlantische Warmluft über die Gebirge Großbritanniens und erreicht England. Föhn im Lee der Berge sorgt dafür, dass sich die Luft bis zum Boden durchsetzen kann. Das Maximum erreicht in London 13 Grad, und dazu scheint auch ab und zu die Sonne.

 

18. Februar 2012, Deutschland

Inzwischen überquert die Warmluftblase Deutschland. Sie ist kleiner geworden und weniger warm, und sie kann sich nicht überall gleich gut durchsetzen. Am besten klappt dies noch am Niederrhein und im Lee des Harzes, wo Werte bis 10 Grad erreicht werden können. In Süddeutschland halten sich dagegen schon bodennahe Kaltluftschichten.

 

19. Februar 2012, Polen

Über der schneebedeckten Landschaft Polens bringt die Warmluftblase verbreitetes Tauwetter. Dabei kühlt sie sich rasch weiter ab. In Warschau werden immerhin noch Temperaturwerte um 5 Grad erreicht.

 

20. Februar 2012, Weißrussland

5 Tage nach dem Beginn der Reise bringt die atlantische Warmluft in Weißrussland Tauwetter. Nach der großen Kältewelle ist dies geradezu frühlingshafte Wärme, obwohl nur noch wenig über 0 Grad erreicht werden.

 

21. Februar 2012, Westliches Russland

Der Wärmegehalt der Atlantikluft ist in Bodennähe nur noch wenig spürbar. Viele Wolken und Schneefälle werden in der Luftmasse ausgelöst, doch es bleibt beim Dauerfrost.