Mildwinter und Natur
Zilpzalp, Singdrossel und Rotkehlchen begrüßen viele von uns mit Gezwitscher am Morgen, während einzelne Krokusse uns ihre Hälse entgegenstrecken. Kein Wunder also, wenn da bereits Anfang Januar Frühlingsgefühle aufkommen. Doch schadet der bisherige Mildwinter der Natur oder hilft er ihr eher?
Natur hat Frühlingsgefühle
Besonders im Vergleich zum Vorwinter zeigt sich auch anhand der Tier- und Pflanzenwelt. Vor einem Jahr war der Schnee auf dem Rückzug, jedoch vielerorts die Schneemassen aus dem Dezember 2010 noch nicht verschwunden. In diesem Jahr lag vor allem in Norden Deutschlands oft noch gar kein Schnee, und grau-grün-braun ist die vorherrschende Farbe, wenn man aus dem Fenster schaut.
Jedoch wird diese Färbung zum Teil durch erste bunte Blüten unterbrochen: mancherorts hat bereits die Hasel- und Erlenblüte begonnen, was empfindliche Allergiker auch anhand geringen Pollenflugs bemerken dürften (für diese empfehlen wir die iPhone-App PollenPro). Im Vergleich zum langjährigen Mittel ist Hasel- und Erlenblüte derzeit um etwa 16 Tage zu früh. Sogar Krokusse kann man vor allem im Rheinland sehen, an den wärmsten Ecken sind sogar bereits Tulpenblüten zu bestaunen.
Die Vögel stört's wenig
Doch manch einer könnte die derzeitige Entwicklung mit Sorge beobachten. Die Tierwelt kommt jedoch gut mit einer milden Witterung zurecht, meint auch der Naturschutzbund Deutschland NABU. Zwar sind die bei uns überwinternden Vogelarten auch auf die wechselnden jahreszeitlichen Bedingungen eingestellt. So oder so koste Kälte aber Energie, meint der NABU.
Ihnen dürfte ein derartig milder Winter also eher helfen als schaden, denn gerade die Nahrungssuche bedeutet bei gefrorenem und/oder schneebedecktem Boden ein Stress für die Tiere, dem sie in diesem Winter bisher nicht ausgesetzt waren. Bestes Beispiel ist der nach Fischen jagende Eisvogel, der sich weiterhin über das Nahrungsangebot freut und nicht mit vereisten Seeoberflächen zu kämpfen hat. In kalten, schneereichen Wintern können laut NABU 90 Prozent der Eisvögel verhungern.
Stattdessen ist noch genug Zeit und Energie übrig, um mit dem Balzkonzert zu beginnen. Ob das Gezwitscher dabei wirklich schon der Partnersuche dient, ist dabei nicht ganz sicher - wichtig ist es jedenfalls, da die männlichen Vögel damit ihr Revier abstecken, womit früher mit dem Nestbau begonnen werden kann. Viel problematischer für die Tierwelt wäre ein ständiger Wechsel zwischen kalter und milder Witterung, so die Experten des NABU Deutschland.
Auch die Kraniche und Störche, die teilweise in Deutschland geblieben sind, hätten kein Probleme. Denn sollte es tatsächlich zu einer winterlicheren Phasen kommen, so können sie auch dann noch ihre Reise in den Süden oder auch nur zu den nächsten milderen Küsten antreten.
Das Mythos über die Mückenplage
Oft wird befürchtet, dass uns nach sehr milden Wintern eine Mückenplage folgt. Jedoch hat entgegen landläufiger Meinung die Temperatur der Wintermonate nur einen geringen Einfluss auf das Mückenaufkommen im Sommer. Denn die Insekten überwintern so gut geschützt, dass ihnen Frost weitaus weniger anhaben kann als angenommen.
Die Eier der Stechmücken überwintern etwa auf feuchten Wiesen, und da sei es laut Insektenforscher Frank Mentzel vom Deutschen Entomologischen Institut in Müncheberg in den Lübecker Nachrichten egal, ob dies bei zehn Grad über oder 15 Grad unter null geschehe. Wenn, dann könnten sie eher Probleme bei milder Witterung bekommen, da es dann vermehrt zu Schimmelpilzbefall kommt. Dass ein milder Winter also eine Mückenplage im Sommer führt, zählt zu den urbanen Legenden.
Flora schützen
Andererseits vermehren sich die Blattläuse derzeit rasant, und Experten befürchten auch Probleme mit Mäusen, die dann in der Pflanzenwelt Schaden anrichten können. So sollte man vor allem ab dem Wochenende bereits herausgewachsene Triebe abdecken oder schützen, da wir es dann in Deutschland verbreitet mit Nachtfrost zu tun bekommen werden.