Eisbohrprojekt II

Nicht nur russische, sondern auch britische Wissenschaftler bohren im ewigen Eis

Während sich die Natur bei uns auf den Winter einrichtet, beginnt auf der Südhalbkugel gerade die warme Jahreszeit. Und damit ein spannender Wettlauf in der Antarktis.

Wie wir bereits im August berichtet haben, versucht eine russische Expeditionsgruppe den subglazialen Wostok-See anzubohren. Dabei soll Wasser aus dem See unter einer circa vier Kilometer dicken Eisschicht gefördert werden. Bereits bis 3700 Meter vorgedrungen musste diese Gruppe Anfang 2011 die Arbeiten wegen des antarktischen Winters unterbrechen. Wissenschaftler erhoffen sich neue Erkenntnisse über die Entstehungsgeschichte unserer Erde und spekulieren über neue Mikroben, die sie zu finden hoffen.

Britisches Forschungskonsortium
Nun ist eine zweite Gruppe von Unerschrockenen aufgebrochen um ihr Glück bei einem anderen subglazialen See zu versuchen. Ziel der britischen Expedition ist der Ellsworth-See unter dem westantarktischen Eisschelf (78°58’4.44’’S, 90°34’27.56’’W; Bild 1). Von den rund 360 bekannten Seen unter dem Eis der Antarktis ist der Ellsworth-See einer der am besten zu erreichenden. Auch deshalb wählte die britische Forschungsgruppe ihn aus. Der See ist Schätzungen zufolge etwa zehn Kilometer lang, zwischen zwei und drei Kilometern breit und 150 Meter tief (Bild 2). Anfang Oktober diesen Jahres ist eine Voraustruppe mit fast 70 Tonnen Ausrüstung aufgebrochen um dort alle Vorbereitungen treffen, damit im nächsten Jahr die eigentliche Bohrung stattfinden kann (siehe Bild 3). Dazu werden dann zehn Forscher und Ingenieure in die Antarktis reisen und mit einer neuartigen Heißwasserbohrung die drei Kilometer dicke Eisschicht überwinden, um 24 Wasserproben (jeweils 50 Milliliter) aus unterschiedlichen Tiefen des Ellsworth-Sees zu nehmen und die am Grunde des Sees abgelagerten Sedimente zu untersuchen.

Neue Technologie verhindert Vermutzung des Sees
Die zu verwendende Technologie der Heißwasserbohrung verhindert eine Verunreinigung des ursprünglichen Seewassers durch externe Einträge, wie sie beispielsweise durch Kerosin in der Erforschung des Wostok-Sees möglich sind. Dazu wird das vorhandene Eis geschmolzen, auf 90°C erwärmt und als Bohrflüssigkeit verwendet. Als heißes Wasser in das Bohrloch eingebracht, wird es das Eis schmelzen und schließlich abgekühlt wieder an die Oberfläche in Tanks geleitet, die ein Einfrieren bei Umgebungstemperaturen von -20°C verhindern. Das Wasser wird in einem geschlossenen Kreislaufsystem verwendet und so die Verunreinigungsmöglichkeiten weiter minimiert. Die Wasserproben werden schließlich mit einer Titansonde an die Oberfläche gebracht (eine Animation des Vorgehens ist hier zu finden; Bild 4).

Klima als Herausforderung
Eine besondere Herausforderung stellen die extremen klimatischen Bedingungen dar. Auch während des antarktischen Sommers klettern die Höchsttemperaturen kaum über den Gefrierpunkt und eisige Winde erschweren die Arbeiten im Freien. Außerdem wird das Sonnenlicht aufgrund des extrem niedrigen Einfallswinkels durch Schnee und Eis stark reflektiert und kann dadurch keine erhebliche Wärmewirkung erzielen. Die britischen Forscher haben jedoch den Vorteil, dass sie wohl nur mit mittleren Temperaturen von ?25°C zu kämpfen haben, weit wärmer also als die kälteste jemals gemessene Temperatur von ?89,6 °C, gemessen an der Wostok-Station. Die Forscher werden voraussichtlich sechs Wochen in einer der kältesten und windigsten Gegenden der Welt ausharren um die Bohrung durchzuführen und den Ellsworth-See zu erreichen (Bild 5). Für die eigentliche Probensammlung werden den Briten dann nur knapp 60 Stunden zur Verfügung stehen bis das Bohrloch wieder zufriert.

Sind wir also gespannt, welche Gruppe von Antarktisforschern die erste sein wird, die einen subglazialen See anbohrt und saubere Proben zur weiteren Untersuchung vorweisen kann. Und welche Geheimnisse der Erdgeschichte uns die Forscher in Zukunft erklären.

Quellen der Bilder und weitere Informationen:
http://www.ellsworth.org.uk/
http://www.antarctica.ac.uk/