Vorgeschmack auf Herbst
Zwar beginnt der kalendarische Herbst erst am 23.September um exakt 11:04 Uhr nach MESZ, allerdings werden die nächsten Tage bereits wettertechnisch einen kleinen Vorgeschmack auf diese Jahreszeit geben. Zumindest auf das, was die Mehrheit mit dem Herbst verbindet, nämlich Wind, Regen und kühle Temperaturen.
Tief "Erich" bringt Wetterumschwung
Heute ist das Wetter in Deutschland noch zweigeteilt. Während in der Südosthälfte Deutschlands unter schwächer werdendem Zwischenhochdruckeinfluss eine spätsommerliche Luftmasse mit Höchstwerten von zumeist knapp über 20°C anzutreffen ist, kündigt sich von Nordwesten her bereits der folgende Wetterumschwung an.
Hier greift das Frontensystem von Tief ERICH auf unsere Republik über. Das zugehörige Niederschlags- und Windfeld kämpft sich zum Mittwoch hin dann stetig weiter in Richtung Osten und Südosten, wobei es sich auf diesem Weg aber leicht abschwächt. Somit wird vor allem der Norden und Nordwesten Deutschlands am Mittwoch und Donnerstag in den herbstlichen Vorgeschmack mit viel Regen, Wind und Temperaturen deutlich unter den für die Jahreszeit üblichen Werten kommen.
Entstehung der Großwetterlage
Doch was ist der Grund für diesen herbstlichen Wetterwechsel? Dazu lohnt sich zunächst ein Blick auf die Großwetterlage. Schaut man auf die aktuelle Strömungssituation in der Nordhemisphäre (siehe Bild 1) in der mittleren Troposphäre im 500 hPa-Niveau (ca. 5,5 km Höhe), so erkennt man über dem gesamten Nordatlantik nahezu parallel zu den Breitengraden verlaufende Isohypsen (Linien gleichen Geopotentials).
Der Wind in der Höhe weht in guter Näherung quasiparallel zu diesen Linien und zwar umso schneller, je dichter gedrängt die Isohypsen angeordnet sind. Die Maxima dieser Westwindströmung werden als Jetstreak bezeichnet und können in Abbildung 2 sehr gut gesehen werden. Aus strömungsphysikalischen Gründen ist die Entstehung von Tiefdruckgebieten nun besonders auf der linken Ausströmseite nach einem solchen Jetstreak begünstigt.
Genau eine solche Situation finden wir derzeit vor (Bild 3), so dass ein für die Jahreszeit vergleichsweise intensives Tief (Kerndruck unter 978 hPa) über den Britischen Inseln entstehen konnte, was auf den Namen ERICH getauft wurde. Auf der Rückseite von ERICH kann nun mit der resultierenden West- bis Nordwestströmung rasch kühle Luft polaren Ursprungs nach Deutschland einfließen.
In der Folgezeit verschiebt sich das Tiefzentrum weiter nach Norden in Richtung Norwegische See, aber zugleich wird ERICH damit zu einer Art steuernde Zyklone (Tief mit großer horizontaler Ausdehnung), was einer typischen Wetterlage für den Herbst oder Winter entspricht. Im Sommer sind Tiefs sonst fast immer kleinräumig mit vergleichsweise geringen Druckgegensätzen. In diesem Fall wird jedoch großflächig hochreichende Kaltluft in die Zirkulation einbezogen, was ebenso die Tiefdruckgebietsentstehung bzw. -aufrechterhaltung forciert (Bild 4).
Ruhiger Spätsommer nicht in Sicht
Somit entstehen über Nord- und Mitteleuropa am Mittwoch und Donnerstag (Bilder 5 und 6) recht große Druckgegensätze, welche in Form von Wind durch die Atmosphäre „abgebaut“ werden möchten. Da zugleich viel Feuchtigkeit durch den Weg über den Atlantik involviert ist, kommt es zudem zu teils ergiebigen Regenfällen.
Ab Freitag beruhigt sich die Wetterlage dann zwar wieder allmählich, allerdings ist ein ruhiger Spätsommer mit einem stabilen Hochdruckgebiet auch danach nicht in Sicht. Die Analyse der nordhemisphärischen Strömungssituation (Bild 1) zeigt insgesamt dominierende Kurzwellenstrukturen, was tendenziell eher dynamische Wetterlagen begünstigt. Nachdem in den letzten Jahren echte Herbststürme aufgrund von langwellig dominierten, also eher stabilen, Großwetterlagen eher die Ausnahme blieben, sind zumindest die atmosphärischen Ausgangsbedingungen dahingehend diesmal etwas günstiger.