Der Sturm am letzten Freitag
Am Freitag, den 08.04.2011 traf das erste markante Sturmereignis des Jahres den Norden und den Osten Deutschlands. Leider gab es dabei in Mecklenburg-Vorpommern einen schweren Verkehrsunfall. Bei dem Unfall auf der Autobahn A19 (an der Anschlussstelle Rostock-Laage) waren rund 80 Autos ineinander gefahren. Das schockierende Szenario wurde begünstigt durch ein stark eingeschränktes Sichtfeld. Nur war es kein Nebel, diesmal sorgte ein Sandsturm für das sprichwörtliche Chaos. Bis in den späten Abend hinein waren mehrere hundert Mann von Polizei, Feuerwehr und Deutschem Roten Kreuz im Einsatz.
Die meteorologischen Dauerbrenner in den Medien waren bisher der vergangene intensive Winter, Hochwasser und Rekordtemperaturen. Müssen wir uns jetzt auch noch an Sandstürme gewöhnen?
Aus meteorologischer Sicht sind Sandstürme bei uns jederzeit möglich, nur ist die Wahrscheinlichkeit im Frühjahr und im Sommer am höchsten. Gigantische Sandwände wie in der Sahara, in der Wüste Gobi oder auch in Australien müssen wir nicht befürchten, jedenfalls nicht in absehbarer Zeit. Selten gelangen sandbeladene Luftmassen von der Sahara über die Alpen hinweg bis nach Deutschland. Im Alpenraum kommt es gelegentlich zu einer rötlich-orangen Verfärbung des Himmels, da dort bei strammen Südwindlagen unzählige Sahara-Staubpartikel die Sicht trüben. Dieses optische Phänomen ist allerdings vorrangig im Süden zu beobachten. Ferner spielt sich dieses meteorologische Ereignis in großer Höhe und nicht am Erdboden ab.
Im Norden Deutschlands müssen wir nach anderen Ursachen forschen. In Mecklenburg-Vorpommern beginnt die Vegetationsphase etwas später als in den anderen Bundesländern. Derzeit liegen dort noch viele Ackerflächen brach. Der Unfall ereignete sich im Anschluss an ein kleines Waldstück, wo der stark böige Wind trockenen Sand und Erdklumpen von den angrenzenden Feldern auf die Autobahn wehte. Da diese aufgewirbelten Partikel recht groß waren, kam es zu einer drastischen Sichtverminderung. Laut Angaben der Polizei sei die Sichtweite zeitweise auf unter 10 Meter gesunken.
Besonders im Frühjahr und im Sommer werden trockene sowie sandige Ackerflächen oder sehr lockere Sandmassen aus den Tagebaulandschaften aufgewirbelt. Als harmlos kann man dabei nur die sogenannten Sandteufel einstufen. Diese kleinen Trichter oder Tromben lösen sich meist innerhalb weniger Sekunden auf und spiegeln die Dynamik und die Turbulenz der bodennahen Atmosphäre wider.
Kurzer Rückblick und Windentwicklung in der kommenden Woche
Am Freitag frischte in Mecklenburg-Vorpommern der westliche bis nördliche Wind bereits am Morgen auf und verstärkte sich bis zum Mittag stetig weiter. Zur Unfallzeit konnten im Raum Rostock bereits Böen mit Geschwindigkeiten von 60 bis 80 km/h registriert werden. Der Schwerpunkt der höchsten Windspitzen lag am Nachmittag. Zwischen 12 und 17 Uhr wurden fast im gesamten Bundesland Mecklenburg-Vorpommern Windspitzen zwischen 70 und 100 km/h gemessen. Entscheidend war zudem die hohe mittlere Windgeschwindigkeit über einen Zeitraum von mehreren Stunden hinweg. Die eher spärliche Vegetation konnte diesem Wind kaum etwas entgegensetzen. Im Sommer mindert die Reibung an den laubehafteten Wäldern immerhin die Windgeschwindigkeit in der bodennahen Luftschicht. Im weiteren Tagesverlauf verlagerte sich das Hauptwindfeld langsam weiter nach Südosten und erfasste am frühen Abend auch Brandenburg sowie Berlin. Dort wurden bisher keine größeren Schäden gemeldet.
Am heutigen Samstag zieht das Sturmfeld nach Polen ab und von Westen her setzt sich zunehmend ruhiges, meist windschwaches Hochdruckwetter durch. Doch schon im Laufe der kommenden Woche meldet sich das teils stürmische Aprilwetter zurück. Von Nordwesten her wird es am Dienstag und zum Mittwoch hin windiger, wobei einige Schauer über das Land ziehen, auch Graupel und Gewitter sind nicht auszuschließen. An der See sowie in höheren Berglagen sind orkanartige Böen durchaus vorstellbar. In der Nähe von Ackerflächen kann es erneut zu größeren Sandverwehungen kommen, allerdings mindern Regenschauer die Gefahr von größeren Sandbewegungen.