2 Fragen zu Fukushima

Was passiert mit der radioaktiven Wolke in den nächsten Stunden? Ist auch Deutschland betroffen?

Die Dramatik nach dem Erdbeben und Tsunami in Japan geht auch am heutigen Tag weiter. Die sorgenvollsten Blicke richten sich dabei auf die aktuellen Entwicklungen vor allem am Atomkraftwerk Fukushima, wo es erneut Explosionen gegeben hat. Für uns Meteorologen ist dabei besonders die Ausbreitung der Radioaktivität von Interesse.

Wie groß ist die Gefahr für Tokio?
In den gestrigen News berichteten wir bereits von der Wetterlage, die dazu führt, dass der Wind in den kommenden Stunden auf nördliche Richtungen drehen wird, wodurch die Sorge weckt, dass auch die Strahlenbelastung in der 34-Millionen-Metropolregion in und um Tokio gefährlich steigen könnte.

Diese Sorge besteht auch noch aus heutiger Sicht. Das Problem ist das Tiefdruckgebiet, das sich in der Nacht zum Dienstag (MEZ) über dem Südosten von Japans Hauptinsel Honshu befand (Abb. 2). Wir sehen in Abb. 3, wie der Wind westlich des Tiefdruckzentrums dreht und aus nördlichen Richtungen heranweht. Damit gelangt zugleich kältere Luft in die Region, die Temperaturen nördlich der Hauptstadt lagen bereits am Morgen unserer Zeit im einstelligen Bereich, und der meist schwache Wind drehte hier von West auf Nord (Abb. 4).

Damit ist in den nächsten Stunden auch für die stärker bewohnten Gegenden im Inneren der Insel, allen voran Tokio und Umgebung, die Lage äußerst kritisch, da nun radioaktiv verstrahlte Staubteilchen heranwehen können. Betrachten wir hierzu den Weg, den ein Luftteilchen laut amerikanischem Hysplit-Vorhersagemodell nehmen würde.

Wir sehen die Berechnungen für die kommenden Stunden und verschiedene Höhen in den Abb. 5 bis 8. Wir sehen, dass die größte Gefahr für den Ballungsraum in den kommenden Stunden gegeben ist. Allerdings scheint der Wind meist aus Nord und nur kurzzeitig aus Nordost zu wehen. Ein kleiner Hoffnungsschimmer, da Tokio dann eher am Rand des radioaktiv belasteten Gebietes befände. 

Während im weiteren Verlauf das Tief unter Verstärkung auf den Pazifik hinaus zieht (Abb. 9), frischt der Nordwind dann voraussichtlich noch einmal auf, um dann in allen Höhen auf Nordwest zu drehen, dies in der Nacht zu Mittwoch unserer Zeit (siehe dazu auch Abb. 10), wodurch die radioaktiven Aerosole wieder auf den Pazifik hinausgetragen würden.

Mit diesem Tief verbunden sind auch Niederschläge, die von Norden her teils in Schnee übergehen. Damit könnten lokal radioaktive Partikel aus der Luft abgeregnet beziehungsweise geschneit werden.

Ist auch Deutschland betroffen?
Geht es um die radioaktive Belastung aus der Luft, so kann man nur mit einem ganz klaren "Nein" antworten. Für Deutschland besteht in dieser Entfernung (knapp 9.000 km) keine Gefahr. Der Weg der radioaktiv belasteten Luft führt weit über das Meer, wo die meisten der Aerosole bereits absinken. Zudem werden die Staubteilchen durch Niederschläge aus der Luft ausgewaschen. Wir erinnern uns an Tschernobyl: Trotz extremer radioaktiver Belastung und Ostwind kam die Radioaktivität kaum über Westeuropa hinaus.

Dabei konnte die so genannte radioaktive Wolke aus Tschernobyl damals über eine viel weitere Distanz gelangen. Der dortige Reaktor war graphitmoderiert, im Kern des Reaktors gab es also unmittelbar brennbares Material, das durch das Feuer bis in große Höhen gelangen konnte. Diese Art der Explosion ist bei einem Siedewasserreaktor wie Fukushima nicht möglich, so Wolfram König, Präsident des Bundesamtes für Strahlenschutz in einem Interview.