Unwetter im Osten

Die Unwetter-Woche setzt sich fort, doch zum Samstag hin ist vor allem Osten Deutschlands betroffen

Beinahe jeden Tag haben wir in dieser Woche über Unwetter berichtet. Auch heute bleiben wir diesem Thema treu, denn man muss wieder von teils kräftigen Entwicklungen ausgehen. Der Unterschied ist, dass es nicht wie bisher den Westen, sondern vor allem den Osten Deutschlands treffen wird.

Komplizierte Wetterlage
Die Wetterlage an sich sieht dabei auf den ersten Blick recht einfach aus, ist aber bei näherem Hinsehen doch recht kompliziert. Schaut man sich dabei nur die aus dem Fernsehen noch bekannte Bodenkarte mit den Fronten an (Abb. 2), so würde man erwarten, dass von dem Tief bei Schottland namens Olivia ein Ausläufer von West nach Ost durchzieht und dementsprechend Schauer und Gewitter mitbringt.

Ausgehend von den vergangenen Tagen wäre also zu vermuten, dass eher im Westen Deutschlands kräftigere Gewitter entstehen, die sich nach Osten hin abschwächen oder ganz auflösen. Doch dieses Mal ist es genau umgekehrt.  

Blick ins Detail
Was macht die Lage an diesem Wochenende also so anders? Zunächst einmal erkennen wir auf der Frontenkarte vor der Kaltfront eine Linie, eine so genannte Konvergenzlinie. Wir haben ja schon in den vergangenen Wetternews besprochen, dass gerade im Sommer oft die heftigsten Gewitter in diesem Bereich vor der Kaltfront auftreten, wo die Luft am Boden zusammenströmt und damit zum Aufsteigen gebracht wird. Auch dieses ist aber nichts Neues und schon in der vergangenen Woche aufgetreten.

Wichtiger ist zunächst die Tatsache, dass hinter den Unwettern vom Mittwoch zwar nicht ganz so heiße und vor allem auch trockenere Luft von Nordwesten nach Deutschland gekommen ist. Aber dennoch befinden sich noch Überreste der schwül-warmen Luft bei uns, und zwar liegen sie - noch inaktiv - im Südosten unseres Landes. Dies sieht man beispielsweise an der relativen Luftfeuchte in Abb. 3.

Gleichzeitig muss man wissen, dass wir es streng genommen derzeit nicht mit einem Tief Olivia zu tun haben, sondern dass über den Britischen Inseln und Färöern zwei Tiefs um einen gemeinsamen Schwerpunkt kreisen, die sich nun vereinen zu einem zentralen "Haupttief", das weiter nordöstlich zieht. Insgesamt bedeutet dies, dass wir noch wärmere Luft über die Alpen herangeschaufelt bekommen und haben damit den Grund für die heutige Hitze, über 35°C sind bei zunehmender Schwüle an der Neiße möglich. Damit haben wir im Südosten Deutschlands ein enormes Energiepotenzial mit hohem Wassergehalt, also schwül-heiße Luft, die aber meist noch nicht aktiviert ist. 

Nacht zum Samstag: Es geht los
Bis hierhin verharrte das Tief bei den Britischen Inseln mehr oder weniger ortsfest.Bewegung kommt erst in die Sache, weil ein Tief in mittleren Höhen (ein so genanntes Höhentief) bei der Irischen See entsteht. Dies ist das eigentlich neue im Vergleich zu den bisherigen Unwetterlagen. Es sorgt nämlich gleich für mehrere Prozesse: Zum einen bringt es die Kaltfront in den Nordwesten Deutschlands voran, zum anderen sorgt es aber auch für die eben schon besprochene Aktivierung der schwül-heißen Luft (Abb. 4), sodass sich in dieser Gewitter von Südbaden her im Laufe der Nacht zum Samstag ziemlich schnell in Richtung östliches Brandenburg und zum Morgen auch bis zum Oderhaff vorarbeiten können.

Damit haben wir es mit zwei Regionen zu tun. Die erste sind Schauer und Gewitter, die an der Kaltfront entstehen und ab dem heutigen Freitagabend (16.07.10) von der Nordsee heranziehen und am Mittag etwa den Bereich Harz - Lübeck erreicht haben werden (Abb. 5). Auf dem Weg nach Osten schwächt sich die Kaltfront ab und löst sich schließlich auf zugunsten der zweiten Region (Abb. 6).

Diese verahrrt im Südosten Deutschlands, in der bis zum Sonntagmorgen die Gefahr von schweren Gewittern herrscht. Durch die der Höhenströmung geschuldeten Aufwärtsbewegung wird auch das Windfeld am Boden beeinflusst, denn aufsteigende Luft wird dabei am Boden durch zusammenströmende Luft "ausgeglichen" (Abb. 7).

Dies verstärkt sogar noch die Unwettergefahr für den Südosten, während die Winddrehung die oben angesprochene Kaltfront auflöst, oder anders ausgedrückt: Die Gewitter aus dem Nordwesten fallen zusammen zugunsten der Gewitter im Südosten.

Unterschiedliche Gefahrenschwerpunkte
Da wir es hier mit zwei unterschiedlichen Prozessen zu tun haben, sind die Hauptgefahren dieser zwei Regionen auch unterschiedlich. Im Umfeld der Kaltfront besteht dabei die Hauptgefahr vor allem durch Hagel und Sturmböen, aber nur punktuell durch Starkregen. 

Ganz anders liegen die Schwerpunkte im Südosten Deutschlands. Hier sorgt der hohe Wassergehalt der Luft für die Gefahr extremer Regenmengen. Stellenweise sind dabei durchaus 50 Liter pro Quadratmeter in kurzer Zeit möglich (Abb. 8).

Man muss dazu sagen, dass "stellenweise" bedeutet, dass es für die meisten nicht so extrem kommen wird. Aber wo die schwersten Gewitter vorbeiziehen, muss man mit überfluteten Straßen und Unterführungen und volllaufenden Kellern rechnen. Aber auch hier herrscht zusätzlich die Gefahr von Hagel und Sturmböen, vor allem am östlichen Alpenrand.

Die unterschiedlichen "Unwetter-Regionen" sind in Abb. 1 noch einmal zusammengefasst. Wer wissen möchte, wie es für den eigenen Standort konkret aussieht, der sollte zeitnah unsere Unwetterwarnungen verfolgen. "Volltreffer" lassen sich nämlich nur im Bereich von Stunden voraussagen.