Bleibt der Sommer?
Am Sonntag, dem 27. Juni ist Siebenschläfer. Und die Bauernregel besagt, dass das "Wetter am Siebenschläfertag sieben Wochen halten mag". Es ist also die beste Zeit, sich das Wetter der kommenden Zeit genauer anzusehen, um einen Trend für den restlichen Sommer 2010 herauszuarbeiten.
Bilderbuchwetter zu Siebenschläfer
Nähme man die Bauernregel wörtlich, so könnten wir uns auf einen Bilderbuchsommer freuen. Denn am Sonntag, dem Tag des Achtelfinals Deutschland - England, sieht es hochsommerlich aus in ganz Deutschland. Das Hoch Xerxes lässt beinahe keine Störungen zu, nur eine leichte Schauerneigung existiert am Alpenrand, und die Höchsttemperaturen liegen meist im Bereich 25 bis 30°C, an den Küsten darunter, am Oberrhein etwas darüber (Genaueres im Ortewetter).
Immerhin stimmt diese Bauernregel statistisch ausgewertet zu 61%, wenn man das Wetter am 27. Juni zugrunde legt. Was spricht also dagegen? Grundsätzlich sollte man für eine Auslegung von derartigen Regeln nicht nur das Wetter eines einzelnen Tages, sondern die gesamte Witterung um diesen Zeitraum herum in Betracht ziehen. Zum zweiten gab es nach Aufstellung der Siebenschläferregel die Kalenderreform, so dass insgesamt eher der Zeitraum 5. bis 10. Juli für die Auslegung in Frage kommt. Tut man dies, so steigt die Trefferwahrscheinlichkeit sogar auf 65%, also fast auf zwei Drittel. Was passiert aber zu diesem Zeitraum?
Das Wetter in der kommenden Woche
500 hPa Isohypsen
Um die Wetterlage in der kommenden Zeit etwas besser erklären zu können, folgt hier ein kleiner Schnellkurs in Sachen Kartenauswertung. Denn da das Wetter zu einem großen Teil auch in der Vertikalen geschieht, betrachtet sich der Meteorologe gerne die Höhenströmung. Sehr wichtig und in unseren Wetternews immer wieder gezeigt ist die Karte, die die Höhenlinien zeigt, auf der ein Luftdruck von 500 hPa herrscht. Diese Linien gleicher Höhe nennt man Isohypsen, sie befinden sich in einer Höhe, die um einen Mittelwert von 5,5 km schwankt.
Da wir in unseren Breiten in der Westwindzone leben, weht der Wind etwa parallel zu diesen Linien von West nach Ost. Dies geschieht also nicht glatt, sondern der Westwind in der Höhe "schlingert" hier um die Erde, es gibt Auslenkungen nach Norden und nach Süden. In dem Beispiel der Höhenkarte in Abb. 2 weht der Höhenwind also beispielsweise vom Atlantik in Richtung Britische Inseln und "biegt" dann nach Norden über die Nordsee ab, um wiederum in Richtung Skandinavien "abzubiegen".
Ist dabei die Ausbuchtung der Höhenlinien bei uns nach Süden gerichtet, so nennt man dies einen Trog (Abb. 3). Eine nach Norden gerichtete Ausbuchtung nennt man Keil (Abb. 4). In einem Trog dringen dabei kühlere polare Luftmassen nach Süden vor, in einem Keil die subtropischen nach Norden.
Wo ist das Wetter am sommerlichsten?
Was bedeutet das aber für unser Wetter? Man muss sich dabei die 500 hPa Windkarte vorstellen wie eine Autobahn, sie dirigiert die Entstehung und Zugrichtung von Hochs und Tiefs am Boden. Man stelle sich dazu vor, dass Autos über diese Autobahn fahren, sie stellen die Luft dar. Diese Autos fahren also von West nach Ost über uns hinweg. Vor der Kurve, in der sie links abbiegen müssen, müssen sie ihr Tempo reduzieren. Haben sie die Kurve durchfahren, werden sie wieder schneller.
Man kann sich so leicht vorstellen, dass die Autos sich vor der Kurve dichter zusammendrängen, um nach der Kurve ihren gegenseitigen Abstand wieder zu vergrößern. Genau dies gilt auch für die Luft in der Höhe vor einer so genannten Trogachse, das ist die gedachte Linie, die in Abb. 3 zu sehen ist und auch in Abb. 2 blau markiert ist. Westlich dieser Achse staut sich die Luft, sie weicht dabei nach unten aus. Das bedeutet, dass am Boden der Luftdruck steigt, es bildet sich ein Hoch. Das Gegenteil passiert östlich dieser Achse. Es kommt in der Höhe zu einem Massendefizit, der von unten her ausgeglichen wird, am Boden entsteht ein Tief. Genau entgegengesetzt sind die Bedingungen bei einem Keil mit der Keilachse. Damit gilt zusammengefasst:
Das ruhigste Wetter kann man westlich einer Trogachse im Bereich der Keilachse erwarten. Je mehr sich eine Trogachse nähert, desto unbeständiger wird das Wetter.
Die perfekte Sommerkombination für Deutschland wäre dabei ein ausgeprägter Trog über Westeuropa, während Deutschland selbst im Bereich einer Höhenkeils liegt. Dann werden auf der Trogvorderseite warme subtropische Luftmassen von Südwesten herangebracht, während das Wetter selbst ruhig und meist sonnig ist. Diese Kombination bekommen wir dann am Sonntag, wie in Abb. 2 zu sehen ist.
Weiterer Ausblick
Jedoch bleibt dieses Trog-Keil-Muster nicht ortsfest, sondern es wandert mal schneller, mal weniger schnell. In unserem Fall verlagert es sich im Verlauf der nächsten Woche allmählich ostwärts, sodass das Wetter nach sommerlichem Start von Westen her zunehmend unbeständig werden wird. Solange wir jedoch noch auf der Vorderseite der Trogachse liegen, wird die warme und zunehmend schwüle Luft herangeführt. Gewitter können die Folge sein, auch die Gefahr von Unwettern dürfte in der kommenden Zeit allmählich zunehmen.
Was passiert also zu Anfang des Monats? Mehrere Ensemble-Modellberechnungen belassen uns bis dahin auf der Vorderseite der Trogachse, wie in Abb. 5 zu sehen ist. Das Wetter ist unbeständig und warm, allerdings auch mit einigen sonnigen Momenten. Man sieht, dass die "Schärfe" und Lage des Troges dabei unterschiedlich prognostiziert wird, hier herrscht also noch Unsicherheit.
Schauen wir noch weiter in die Zukunft, so werden wir wohl in den Bereich dieses Troges kommen, wodurch subtropische zunehmend durch polare Luftmassen ersetzt. Der Temperaturtrend entwickelt sich dabei also voraussichtlich von viel zu warm in Richtung etwas zu warm, verglichen mit den langjährigen Mittelwerten (Abb. 6), dabei dürfte der Wettercharakter im Verlauf der ersten Julidekade wieder gewohnt unbeständig werden (Abb. 7).
Wie wird also der Sommer 2010?
Da die Erhaltungsneigung um diese Zeit - wie auch an der Trefferquote der Siebenschläferregel zu sehen - recht hoch ist, sollte man daher auch von einem weiter unbeständigen Sommer in diesem Jahr ausgehen. Die Temperaturentwicklung ist dabei sehr unsicher, vermutlich geht es entsprechend oft hin und her mit heißen bis schwülen und abwechselnd kühlen Phasen.