Tornados am Pfingstmontag
Tragischer Ausgang des Pfingstfestes in einigen Orten Ostdeutschlands. Auf einer Strecke, die grob entlang der Elbe zwischen Brandenburg und Sachsen führte, hinterließ aller Wahrscheinlichkeit nach mindestens ein Tornado abgedeckte Häuser, er beschädigte Kirchen und knickte Bäume um. Ein 6-jähriges Mädchen verlor dabei sein Leben.
Ab dem frühen Nachmittag des Pfingstmontags, 24.05.2010, gingen dabei die ersten Schadensmeldungen ein. Besonders tragisch ging es dabei im sächsischen Großenhain zu. Ein Baum fiel durch den kräftigen Sturm auf ein Auto, in dem sich ein 6-jähriges Mädchen so schwer verletzte, dass es kurz darauf verstarb. In Walda-Kleinthiemig, einer kleineren Ortschaft, wurden gar 80 Prozent der Häuser abgedeckt. Hier ein Augenzeugen-Video aus Großenhain:
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Das Unwetter wütete zuvor bereits in Mühlberg an der Elbe, gelegen im Elbe-Elster-Kreis in Brandenburg. In dem 4.500 Einwohner zählenden Ort wurden dabei etwa 20 Häuser abgedeckt, zahlreiche Bäume umgeknickt und große Äste herausgedreht sowie eine Kirche bestätigt. Hier ein weiteres Video, das den Fund des Kirchturmdaches dokumentiert:
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War es ein Tornado?
In den Medien wurde bereits von einer "Windhose" beziehungsweise einem "Tornado" gesprochen (beides bezeichnet dasselbe Phänomen). Doch war es wirklich ein Tornado? Da solch ein Wirbelsturm auf sehr engem Raum und auch nicht über einen langen Zeitraum auftritt, wird er meist nicht von den Wetterstationen erfasst, was den Nachweis recht schwierig macht.
Daher wird ein Tornado meist anhand der entstandenen Schäden eingestuft, was bis zum Zeitpunkt dieser News noch nicht endgültig geschehen ist. Man spricht zurzeit noch von einem Verdachtsfall eines Tornados, der etwa die Stärke F2 haben dürfte. Diese F-Skala nennt sich auch Fujita-Skala. Seine Windgeschwindigkeiten liegen im Bereich 50 bis 70 Meter pro Sekunde oder 181 bis 253 km/h. Der schnellste bislang gemessene Tornado in Oklahoma-City hatte eine Windgeschwindigkeit von 510 km/h.
Aber auch bereits bei einem F2-Tornado werden ganze Dächer abgedeckt und leichte Gegenstände zu gefährlichen Geschossen. Oft sieht man dann kleine Äste oder Dachziegelsplitter senkrecht in Hauswänden stecken. Doch zurück zur Frage: War es ein Tornado?
Noch ein Schadensvideo
Dazu sollte man sich ein weiteres Amateurvideo aus Mühlberg genauer ansehen, insbesondere die Stelle, an der die Bäume abgeknickt wurden, gibt einen deutlichen Hinweis auf den Verursacher:
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Man sieht hier, dass die Bäume nicht gerade abgeknickt wurden, wie es durch einen geradlinigen Windstoß der Fall wäre. Sie sind eher aus dem Stamm durch herausgedreht worden. Ein deutlicher Hinweis, dass man es hier mit einer Rotation zu tun hatte. Für genauere Aussagen müsste man dann natürlich auch den Schadensort untersuchen - man kann aber davon ausgehen, dass es sich im Fall Mühlberg so gut wie sicher um einen Tornado gehandelt hat.
Wie entstand er?
Ein Tornado entsteht in den meisten Fällen in speziellen Gewitterwolke, genannt Superzelle (Abb. 2). Bei dieser sind grundsätzlich schwere Gewitter mit Starkregen, Hagel und Sturmböen möglich. Damit sie mit einem Tornado entstehen kann, benötigt sie drei Grundzutaten: Energie, labile Luftschichtung und Rotation. Schauen wir uns unter dem Gesichtspunkt den Pfingstmontag an:
Zu Beginn des Tages rückten bereits polare und damit kühlere Luftmassen aus dem Norden auf der Rückseite des Tiefs Zaza nach Deutschland voran, zu erkennen an der gezackten Linie in Abb. 3 (Kaltfront). Nach Süden hin herrschte noch die feuchte und wärmere Luft und damit energiereichere Luft subtropischen Ursprungs. Sie stellte daher die Energie für die Gewitter bereit, die man auf der so genannten CAPE-Karte in Abb. 4 erkennen kann. Sie lag gestern im Bereich um oder teils über 1000 J/kg, war also durchaus ausreichend vorhanden.
Dazu kam, dass zwischen dem Erdboden und etwa 3 km Höhe bereits eine nennenswerte Windscherung herrschte, hier fegte zwischen Tief Zaza und Hoch Siegbert der Wind mit 90 km/h im Mittel aus West (Abb. 5), selbst für diese Höhe recht kräftig, während am Boden ein nur schwacher Wind wehte. Zusätzlich schien zuvor noch die Sonne und konnte die Luft in Bodennähe noch weiter erwärmen, während gleichzeitig in der Höhe bereits die kältere Luft anmarschiert kam (Abb. 6), sodass die Schichtung zunehmend labil wurde. Damit konnte die Luft leicht aufsteigen und in Rotation geraten. Auch auf dem Niederschlagsradar sind die schweren Gewitter eindrucksvoll zu erkennen:
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War er vorhersehbar?
Konkret ist ein Tornado dabei nicht vorhersehbar, darum kann erst dann eine spezielle Tornadowarnung ausgesprochen werden, wenn er bereits auf dem Radar erkennbar ist. Wohl kann man aber im Vorfeld sehen, ob die entsprechenden Zutaten im ausreichenden Maß vorhanden sind. Doch selbst, wenn dies so ist, so bleibt doch ein Tornado ein höchst räumlich und zeitlich begrenztes Ereignis.
In den USA wird bei Tornado-Ereignissen zeitnah im Fernsehen über Laufbänder oder im Radio über Zwischenmeldungen gewarnt. Es wird nach wie vor in der Fachwelt diskutiert, ob diese Praxis auch in Europa einziehen sollte. Was meinen Sie?