Unwetteralarm Südeuropa
Eine brisante Wetterlage braut sich gegenwärtig zusammen. In den nächsten Stunden und Tagen sind vom westlichen Mittelmeer kommend schwere Unwetter zu erwarten - Von Starkregen, schweren Gewittern mit Hagel und Sturm, Überschwemmungen bis hin zu Starkschneefall in den Alpen ist alles möglich.
Das dürfte ein sehr unruhiges Wochenende für viele Bewohner und Besucher der Mittelmeerländer und auf der Balkanhalbinsel werden. Denn im Moment brodelt es in der Wetterküche sehr. Grund ist der bei uns bereits deutlich spürbare Kaltluftvorstoß, der in den kommenden Stunden und Tagen ostwärts über das Mittelmeer wandert und die Luftmassen aufeinander prallen lässt.
Rasante Entwicklung
Dieser so genannte Trog ist sehr mächtig und stößt weit nach Süden in den westlichen Mittelmeerraum vor (Abb. 2). Diese Verhältnisse in der Höhe sind im Folgenden der Antriebsmotor für die unwetterartige Entwicklung. Denn dieser Trog wird nun recht schnell weiter ostwärts über den Mittelmeerraum wandern.
Noch wichtiger ist es dabei, sich die Unterschiede in den verschiedenen Höhen anzusehen. Denn während diese kalte Höhenluft weiter nach Osten wandert, sorgt sie für günstige Bedingungen dafür, dass sich ein Tiefdruckgebiet über Norditalien deutlich verstärken kann. Wie explosionsartig sich dieser Komplex verstärkt, kann man dabei sehr gut erkennen, wenn man die Abb. 3 und 4 miteinander vergleicht.
Auf seinem Weg in die Adria fällt der Luftdruck rapide ab, da es sich am linken Rand des Jetstreak befindet, das ist der Bereich der höchsten Windgeschwindigkeiten in der Höhe, die um den Trog herumwehen (in 9 km Höhe sind durchaus 300 km/h möglich, siehe Abb. 5 und 6). Noch dazu fällt in Abb. 5 und 6 auf, dass die anfangs noch gerade nach Süden vorstoßende Kaltluft sich am Samstagmorgen in den niedrigeren Breiten nach Osten neigt. Man nennt dies einen "negatively tilted trough". Was ist so besonders daran?
Negatively tilted trough
Leider gibt es keine deutsche Fachbezeichnung hierfür. Kurz erklärt: diese im südlichen Teil nach Osten gebeugte Form deutet darauf hin, dass sich das Tiefdrucksystem auf dem Höhepunkt befindet. Um die Spitze am südlichen Teil eines solchen Troges herum wehen die kräftigsten Höhenwinde, das wichtigste ist aber, dass es sehr große Unterschiede in den Temperaturverhältnissen am Boden und in der Höhe gibt.
Denn während in Bodennähe warme und feuchte Luft herangeführt wird, kommt in mittleren und hohen Luftschichten bereits die kältere Luft hereingerauscht. Damit nehmen die Unterschiede drastisch zu, wodurch die Atmosphäre deutlich labiler geschichtet ist, was bedeutet, dass ein Luftpaket leichter aufsteigen kann. Da dieses Paket dann aus feucht-warmer und damit sehr energiereicher Luft besteht, können sich kräftige Gewitter entwickeln.
Gleichzeitig gibt es eine starke Windscherung, also eine große Änderung der Windrichtung und -stärke mit der Höhe. Das sieht man sehr schön an der Prognose eines Höhenprofils von Krk, Kroatien für Samstag, den 15.05.10, 8 Uhr in Abb. 7. Während in Bodennähe ein teils frischer Wind aus Nordost weht, kommt er in etwa 3 km Höhe teils stark aus Südost, in großen Höhen dann wieder aus Südwest.
Starkregen, Hagel, Sturm, Tornados
Das bedeutet, dass zum einen bei einem Gewitter Auf- und Abwindbereiche voneinander getrennt werden, zum anderen kann die aufsteigende Luft in Rotation geraten, wodurch neben Starkregen auch großkörniger Hagel, zerstörerische Böen im Abwindbereich und Tornados möglich werden.
Schwerpunkt dieser Unwetter dürften Rumänien, Bulgarien, Bosnien-Herzegowina, Serbien, Montenegro und Albanien werden. Aktuell herrscht aber bereits von den Balearen und im Tagesverlauf dann auch weiter östlich große Unwettergefahr. Der Extremwetterindex des europäischen Vorhersagemodells in Abb. 8 und 9 zeigt hierfür deutliche Signale .
Dauerregen, Schneefall
Aber abgesehen von den Gewittern gehen auch von den Wassermassen selbst Gefahr aus, etwa durch Überflutungen und Schlammlawinen. Dieser Dauerregen wird in der Nähe der Zugbahn des Tiefs selbst auftreten, und zwar nördlich und westlich des Tiefdruckkerns, also auf der kalten Seite.
In der kalten Luft ist dabei die Schneefallgrenze ungewöhnlich niedrig, sodass es hier zu nennenswerten Neuschneemengen kommen dürfte. Abb. 10 mit der prognostizierten Neuschneesumme bis Dienstag hat für Mitte Mai sicherlich Seltenheitswert. Erhebliche Neuschneemengen sind dabei vor allem teils in den österreichischen Alpen sowie ansatzweise auch in den Karpaten zu erwarten.
Im Flachland setzt fortlaufend von der Adria über das östliche Österreich, Slowenien und Kroatien bis in die südliche Ukraine teils kräftiger Dauerregen mit entsprechender Überflutungsgefahr ein. Erneut gilt also auch Unwettergefahr für Wien, und das, nachdem es hier bereits in den vergangenen Tagen zu Überflutungen gekommen war:
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Alles in allem wird dies also ein Wochenende, in dem man im südlichen und südöstlichen Europa die Wettervorhersage mitsamt Unwetterwarnungen genau im Auge behalten sollte.