Wie kalt wird's noch?
Das ein oder andere Auto wird im Nordosten Deutschlands bereits nicht mehr oder nur mühsam angesprungen sein, zum Teil hörte man auch schon von geplatzten Wasserleitungen. Die kälteste Luft sickert nun in Deutschland ein, dabei gab es schon am Dienstagmorgen, 26.01.10, Temperaturen in Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg von örtlich unter -20°C. Und es wird noch kälter werden...
Denn die kälteste Luft ist noch nicht angekommen. Sie hat sich derzeit im Zentrum eines so genannten Kältehochs über der Osteuropäischen Tiefebene konzentriert. Dieses Hoch entsteht, wenn sich die Luft über ausgedehnten Landmassen wie über Sibirien abkühlt. Kältere Luft hat eine höhere Dichte, sie sinkt deshalb zum Boden und übt dementsprechend auch einen höheren Druck auf ihn aus. In der Höhe erkennt man durch diese Absinkbewegung im Gegenteil eine Vertiefung des Geopotenzials, gleichbedeutend mit hier sinkendem Luftdruck.
Kalte, schwere Luft
All diese Effekte erkennt man in Abb. 2: Die kalte Luft hat am Boden den Druck steigen lassen, man erkennt den höchsten Luftdruck mit teils über 1040 hPa in einem ausgedehnten Gebiet von Sibirien über Skandinavien bis zu den Britischen Inseln. Deutlich zu sehen sind auch die Gegenspieler in Sachen Temperatur: ein warmes, "orange-rotes" Hoch vom Atlantik, das auch in höheren Luftschichten bis über 5,5 km hinaus noch erkennbar ist, und das eben angesprochene "tiefblau-graues" Kältehoch, das typischerweise in der Höhe nicht besonders mächtig ist.
An den Farbflächen erkennt man, dass wir in Sachen Temperatur momentan höchstens von Osten her von der kältesten Luft gestreift werden. Doch darf man nicht vergessen, dass die hier farblich dargestellten Temperaturen denen entsprechen, die auf einer Höhe herrschen, bei der ein Druck von 850 hPa herrscht, in diesem Fall also etwas unterhalb von 1,5 km. Da die Luft so eine hohe Dichte hat, muss man sich dabei eher vorstellen, dass die Kälte bodennah mit dem Nordostwind heran kriecht.
Auf die Wolken kommt es an
Zudem ist die Festlandsluft sehr trocken, sodass sich auch die Wolken im Verlauf des Montags von Nordosten her auflösen konnten und tagsüber die Sonne sehen lassen, nachts dagegen die Sterne. Und gerade die Bewölkung in der Nacht ist wesentlich dafür verantwortlich, wie kalt es werden wird. Denn fehlen die Wolken komplett, so kann die Wärme als langwellige Strahlung in die Atmosphäre entweichen. Dadurch kühlt die Luft noch weiter ab. Die kühlste und damit dichteste Luft sammelt sich dabei in Tal- und Muldenlagen (Abb. 3).
Sind dagegen noch Wolken vorhanden, so wird ein großer Teil der Wärmestrahlung von der Erde kommend an den Wolken zurück reflektiert (Abb. 4). Es wird daher längst nicht so kalt, man kann das Wort Wolkendecke daher durchaus wörtlich auffassen.
Wie kalt kann es werden?
Diese Tatsache gestaltet die Temperaturprognose im Winter deutlich komplizierter als in den Sommermonaten. Insbesondere, da sich dabei vieles in den untersten Luftschichten abspielt. Es bräuchte von den Vorhersagemodellen eine wesentlich größere Auflösung in der Vertikalen, um hier die Prozesse ausreichend erfassen zu können. Auch ist die Bandbreite der möglichen Temperaturen bei windschwachen winterlichen Hochdruckgebieten deutlich höher als im Sommer.
Sicher ist jedenfalls, dass wir in der kommenden Nacht den Höhepunkt des Frostes in Deutschland erleben werden, und sehr wahrscheinlich befinden wir uns von heute, Dienstag bis morgen, Mittwoch 27.01.10, in den kältesten 24 Stunden des Jahres. Vergleichen wir hierzu die Temperatur auf der 850 hPa Fläche mit den Temperaturen am Boden von heute Morgen, 26.01.10, 7 Uhr MEZ in Abb. 5 und 6. Während in der Höhe die Temperatur im Osten Deutschlands um -10°C lag, erreichte sie am Boden selbst in Deutschland örtlich -21°C.
Schauen wir nun 24 Stunden in die Zukunft. Dabei rückt der "Kältepol" von Osten her noch näher (Abb. 7) und sorgt dann für Temperaturen auf dem 850 hPa von etwa -13°C (Abb. 8). Nach dem kalten Tag am heutigen Montag spricht vieles dafür, dass dabei von Osten her die Temperaturen häufig die -20°C-Marke unterschreiten, örtlich sogar deutlich.
Möchte man dabei eine gute Abschätzung "nach unten", also was bestenfalls an Frost möglich ist, so schaut man sich am besten die Modelle an, die nur für ein begrenztes Gebiet vorhersagen, die so genannten Lokalmodelle. Denn sie haben eine deutlich bessere Auflösung und können daher bodennahe Prozesse besser abbilden. In Abb. 9 sehen wir hier eine solche Prognose des britischen Lokalmodells (UKMO) für die Nacht zum 27.01.10. Demnach kann man mit den tiefsten Temperaturen zwischen der Lüneburger Heide, großen Teilen Sachsen-Anhalts, der Südhälfte Brandenburgs, ansatzweise Berlin und Ostsachsen rechnen.
Vorsichtsmaßnahmen gegen strengen Frost
Falls nicht schon geschehen, sollte man besonders in diesem Bereich Vorkehrungen treffen:
- Gummidichtungen von Autos, Fenstern und Haustüren mit Glycerin behandeln, damit sie nicht festfrieren (erhältlich im Baumarkt)
- Eis auf Regentonnen aufschlagen, damit diese nicht platzen
- Frostschutz im Kühler des Autos überprüfen lassen
- bei Dieselmotoren Frostschutz besorgen (Additiv, an der Tankstelle erhältlich)
- frei liegende Wasserleitungen schützen, Wasserhahn schließen
So kann man zumindest im südlichen Deutschland morgen noch einen frostig-freundlichen Tag erleben, während von Norden bereits das nächste Schneetief naht und im Tagesverlauf Frostabschwächung bringen wird.