Eisschrank Mitteleuropa
Eine für Dezember außergewöhnliche Luftmasse hält an diesem Wochenende weite Teile Mitteleuropas fest im Griff. Viele Wettermodelle hatten aufgrund der seltenen Wetterlage Vorhersage-Probleme, vor allem was die Temperaturen angeht.
Wetterlage
In der vergangenen Nacht schob sich ein kleines Höhentief von Polen langsam westwärts und hatte dabei eisig kalte arktische Luftmassen im Gepäck (siehe Bild 2). Diese Kälte ist im Dezember außergewöhlich, denn es handelte sich bei der herangeführten Luft um eine Form der „kontinentalen Arktikluft“. Sie stellt den unteren Rand der überhaupt möglichen Temperaturen dar, wenngleich die aktuell eingeflossene Luft für diese Luftmassengattung noch eine „recht milde“ Variante darstellt. Normalerweise befinden sich diese Luftmassen in Sibirien, wo es natürlich auch deutlich kälter wird, in Mitteleuropa taucht sie hingegen nur alle paar Jahre im Winter auf und dann vorzugsweise im späteren Verlauf des Hochwinters, so wie beispielsweise im Februar 1956, als in Berlin-Dahlem mit -26,0°C das dortige absolute Temperaturminimum seit Messbeginn registriert wurde.
Wie streng ist die Kälte?
Werfen wir einen Blick auf die morgendlichen Minimumtemperaturen, die in Abbildung 3 wiedergegeben sind, so stellen wir fest, das ganz Mitteleuropa deutlich im Frostbereich liegt, abgesehen von einigen Küstenregionen. Ab -10°C spricht man in der Meteorologie von sogenanntem „strengen Frost“ und der wurde sehr häufig erreicht, in Deutschland sowie im östlichen Mitteleuropa sogar flächendeckend. Am kältesten war es außerhalb der hohen Gebirgslagen in Dippoldiswalde (am Rande des Osterzgebirges), dort wurden -23,6°C erreicht. Aber auch im sonst insgesamt eher selten richtig kalten Rhein-Main-Gebiet wurde es sehr eisig, das nahe Frankfurt gelegene Schaafheim meldete bei 4 cm frischem Schnee -20,7°C Minimum. Auch im Baltikum, sowie in Polen und auf dem Balkan wurden gebietsweise Minima um -20°C erreicht, so beispielsweise in Oppeln (Opole) an der Oder mit -19,8°C oder im serbischen Novi Sad mit -21,2°C. Im südestnischen Valga waren es sogar -25,2°C. Für dortige Verhältnisse richtig kalt war es aber auch in Frankreich, beispielsweise in Chateauroux in der Landschaft Berry mit -12,8°C. In Spanien und Großbritannien wurde vermehrt mäßiger Frost registriert.
Eisig vor allem in Bodennähe
Sehen wir uns die Minima in 5 cm Höhe an, so stellen wir fest, dass vor allem in Regionen mit frischem Schnee noch tiefere Werte auftraten, hier lagen die Temperaturen in Deutschland teils deutlich unter -20°C, so zum Beispiel im nordrhein-westfälischen Lügde-Paenbruch, wo -27°C gemessen wurden. Auch in Dippoldiswalde war es mit -26°C ähnlich kalt. Selbst im südfranzösischen Aurillac konnten -20°C registriert werden.
Strenge Kälte auch tagsüber
Auf Bild 4 sind die aktuellen Temperaturen von 12 Uhr MEZ zu sehen, dabei fällt auf, dass auch in den Mittagsstunden noch teils strenger Frost herscht, in Deutschland und Polen sogar flächendeckend. Dies ist bedingt durch die sehr kalte Luftmasse, denn beim aktuell tiefsten Sonnenstand des Jahres kann es sich auch tagsüber kaum erwärmen, selbst wenn blauer Himmel vorherrscht. In sächsischen Görlitz werden aktuell nur -15,9°C gemessen, im niedersächsischen Wunstorf -13,5°C. Selbst im eher südfranzösischen St. Etienne ist es mit -7°C für dortige Verhältnisse sehr kalt.
„Wintermärchen“?
In weiten Teilen Mitteleuropas hat sich vor und bei dem Einfließen der arktischen Kaltluft eine dünne Schneedecke gebildet (Abbildung 5), wodurch auch die teils sehr tiefen Minima mit erklärt werden können. Selbst Frankreich liegt fast flächendeckend ein wenig Schnee, welcher im Zusammenspiel mit der Kälte einen Hauch von Wintermärchen bedeutet. Vollständig gültig ist dieser Begriff in Ostfriesland, in Teilen des Baltikums und auf dem Balkan, wo teils 20 bis 30 cm Schnee anzutreffen sind.
Höhepunkt der Kälte erreicht?
In der kommenden Nacht wird es bei zeitweisem Aufklaren nochmals sehr kalt, auf Abbildung 6 sehen wir die berechneten Minima des britischen Modells UKMO. Strenger Frost ist fast überall zu erwarten, stellenweise können auch in Deutschland wieder die -20°C unterschritten werden. Damit ist dann aber der Höhepunkt erreicht, ab morgen wird es allmählich wieder bergauf gehen mit den Temperaturen, wenngleich es zunächst noch frostig bleibt.