Achtung, Squall Line!

Heute Morgen, am 17.07.09, ist im Westen Deutschlands eine 'Squall Line' entstanden. Was ist das, und was passiert dort??

Wie gestern bereits berichtet, wird es heute bis in die kommende Nacht zum 18.07.09 hinein sehr ungemütlich bei uns. Von Südwesten überquert uns nämlich die Kaltfront des Tiefs Volkrat, auf dessen Rückseite eine ganz andere Luftmasse wartet. Vor dieser Kaltfront deutet sich am Morgen eine 'Squall Line' an. Auch von dieser geht Gefahr aus...

Der Begriff "Squall Line" wurde dabei schon im Ersten Weltkrieg vom Entwickler der "Polarfronttheorie" Jacob Bjerknes verwendet, dem wir das heutige Verständnis vom Wettergeschehen anhand von Warm- und Kaltfronten verdanken. Damals wurde mit dieser Squall Line die Kaltfront selber bezeichnet, seit Hamilton / Archbold 1945 bezeichnet man damit das Phänomen einer Gewitterlinie, die in der gleichen Orientierung der Kaltfront dieser vorauseilt.

Diese Gewitter, so kurzzeitig sie für den Beobachter am Boden auch sind, bergen ein hohes Unwetterpotenzial, insbesondere durch kurzen Starkregen, Hagel und geradlinige schwere Windböen. Die Entwicklung von Tornados spielt an Squall Lines eher eine untergeordnete Rolle.

Die kräftigsten Squall Lines kann man im mittleren Westen der USA und im tropischen Afrika beobachten. Die gut entwickelten Squall Lines kündigen sich schon aus der Ferne durch beeindruckende so genannte "Shelf Clouds" an:

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Diese entstehen in dem Übergangsbereich zwischen Auf- und Abwinden in der Wolke, wie am Schema in Abb. 2, bzw. Foto in Abb. 3 zu sehen ist. Überhaupt sind es besonders diese vertikalen Winde, von denen die Gefahr ausgeht.

Wie entsteht eine Squall Line?
Grob gesprochen liegt der Bildung von linienhaft angeordneten Gewittern auch ein gleicher, großflächiger (mesoskaliger) Hebungsmechanismus zu Grunde. Dies ist zum Beispiel im Vorfeld einer Kaltfront der Fall. Zunächst bilden sich die ersten Gewitter dort, wo es die beste Kombination aus Luftfeuchte, Labilität und Auftriebskräften gibt.

Die aus diesen Gewittern herabstürzende Luft verbreitet sich am Boden wie eine geworfene "Wasserbombe". An einem Rand dieser so genannten "Outflow Boundary" können sich dann wieder neue Gewitter entwickeln, meist südlich und östlich der "älteren Gewitter". Durch die Kombination von Auf- und Abwinden hält sich das System so selbst am Leben. Eine Squall Line kann daher besonders in den Tropen besonders groß und langlebig sein. Hier kann sie eine Länge von 1000 Kilometern bekommen und über 10 Stunden und mehr existieren.

Wie erlebt man den Durchzug einer Squall Line?
Zunächst sieht man eine "dunkle Wand" auf sich zukommen, bestenfalls mit einer gut ausgebildeten "Shelf Cloud". Bei Durchzug dieser "Shelf Cloud" kommt es schlagartig zu kräftigen Böen, die zum Teil unwetterartig ausfallen können, die Temperatur sinkt schlagartig.

Danach folgt eine 10 bis 20 km breite Zone mit intensiven Niederschlägen, teils auch Hagel, und auch in diesem Bereich kann es zu kräftigen Windböen kömmen. Danach folgen noch nachlassende, gleichmäßige Niederschläge aus dem hohen Schirm, der über der Ambosswolke hängt (Abb. 4), der Luftdruck steigt.

Woher kommen die kräftigen Windböen?
Eine der Hauptgefahren einer Squall Line sind sicherlich die zerstörerischen Windböen, die an der "Böenfront" auftreten und durchaus Orkanstärke erreichen können. Dabei kann sie ebenso große Zerstörungen verursachen wie ein Tornado, die Winde wehen dabei jedoch gradlinig und auf größerer Fläche, was den Schaden insgesamt sogar höher ausfallen lassen kann.

Diese Winde entstehen durch eine positive Rückkopplung: Wenn Niederschlag im Bereich der Gewitterzellen in eine Region kommt, in der die Kraft durch den Aufwind kleiner ist als die Erdanziehung, so fällt der Niederschlag beschleunigt gen Boden. Dabei sinken nicht nur die Niederschlagspartikel, sondern auch die diese umgebende Luftmoleküle. Und nicht nur das, es wird auch Luft mit nach unten gezogen, die nicht mit Wasser gesättigt ist.

Dadurch kann der Niederschlag in diesem Bereich verdunsten. Dabei entsteht jedoch Verdunstungskälte, und da kühlere Luft eine höhere Dichte hat und demnach schneller sinkt, wird die ohnehin vorhandene Abwärtsbeschleunigung weiter verstärkt.

Videos zur Veranschaulichung
Um die Prozesse innerhalb einer Squall Line zu verstehen, sagt ein (bewegtes) Bild sicherlich mehr als 1000 Worte. Darum seien an dieser Stelle die Videos des National Center for Atmospheric Research (NCAR) empfohlen:

Wolkenwasser (MPG)
Niederschlag und "Cold Pool" (MPG)
Cold Pool und Trajektorien (MPG)