Der Nor'easter

In Nordamerika tobt seit Freitag ein klassischer Schneesturm, genannt Nor'easter. Wie entsteht er?

Seit Freitag beschäftigt ein Tief am Rand einer Luftmassengrenze den nordamerikanischen Kontinent. Es hinterließ ein schmales Band kräftigen Schneefalls von den Great Plains bis in den Südosten der USA und entlang der Ostküste bis Neuengland mit blizzard-ähnlichem Sturm. Dieses Wetterphänomen nennt man einen Nor'easter.

Der Nor'easter ist für die kräftigsten Blizzards, also Schneestürme, im Nordosten der USA verantwortlich. Sein Name rührt von der Hauptwindrichtung auf seiner Rückseite, Nordosten, her. Von hier gelangen nämlich auf der Rückseite eines entsprechenden Tiefs am Boden arktische Luftmassen bis weit in das Landesinnere voran, die damit für die Schneefälle verantwortlich sind.

Die Zugbahn dieses Tiefs führt irgendwann an dem Atlantik in der Nähe der Ostküste Nordamerikas vorbei, bis er schließlich über Labrador und Neufundland verschwindet. Auf diese Weise kann sich die feuchte Meeresluft mit der kalten Luft aus der Arktis mischen, wodurch auf der kalten Seite die kräftigen Schneefälle entstehen.

Schnee bis in die Südstaaten
Auch in diesem Fall sind seit dem vergangenen Wochenende respektable Schneemengen zusammengekommen. Bis hinab in die Südstaaten Alabama und Georgia fielen in einem engen Streifen mehrere Zentimeter Neuschnee.

Die höchsten Mengen in den USA wurden aber Sonntag und Montag in Neuengland erreicht. Hier kamen bis zu 30 cm Neuschnee zusammen (Abb. 3 und 4), wobei es in Kombination mit stürmischen Böen (Abb. 5) zudem zu Verwehungen kam.

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Abb. 6 zeigt das Tief vom Satelliten aus am 02.03.09 um 19 Uhr MEZ, in Abb. 7 (Analyse vom 03.03.09, 1 Uhr MEZ) ist es bereits vor der Küste Neuenglands angekommen. Die Schärfe der Luftmassengrenze demonstriert zum einen die Darstellung der so genannten äquipotenziellen Temperaturen, ein Maß für den Energiegehalt der Luft (Abb. 8), zum anderen die Temperaturgegensätze auf engem Raum, gemessen am 03.03.09 um 6 Uhr MEZ (Abb. 9).

Wie entsteht ein Nor'easter?
Die Ursachen dafür sind in der Höhenströmung der Atmosphäre zu suchen, daher betrachten wir den Wind in einer Höhe, in der etwa ein Luftdruck von 300 hPa herrscht, das entspricht etwa 9 km (Abb. 10).

Wir sehen, wie hier die Luft aus den arktischen Regionen weit bis in den Südosten der USA vordringt, wodurch sich die extrem unterschiedlichen Luftmassen zwischen dem kalten Kanada und denen der subtropischen Südstaaten interagieren können.

Treffen derart große Gegensätze aufeinander, kann die Mischung durchaus explosiv sein: Kräftige Tiefdruckgebiete mit starken Winden können entstehen, die dann auf der Vorderseite dieses Kaltluftvorstoßes unter den kräftigsten Höhenwinden nordwärts wandern.

Von der genauen Zugbahn dieses Tiefs hängt es nun ab, ob Regen oder Schnee fällt, denn östlich des Tiefdruckzentrums wird die subtropische Luft nordwärts geführt, hier fällt Regen, westlich hiervon die polare südwärts, hier also Schnee, im Übergangsbereich kommt es zu gefährlichem Eisregen.

Wie häufig tritt ein Nor'easter auf?
Ein wesentlicher Faktor ist hier die so genannte Arktische Oszillation (AO). Das ist ein Strömungsmuster, welches das Wetter in den Wintermonaten in Nordamerika wesentlich beeinflusst. Oszillation heißt dabei, dass sich hier Strömungsmuster in einem bestimmten Zeitraum abwechseln, in diesem Fall in etwa auf einer wöchentlichen Zeitskala. Dabei gibt es eine positive und eine negative Phase der Arktischen Oszillation.

In der positiven Phase der AO befindet sich der Jetstream, der in der Höhe an der Grenze der unterschiedlichen Luftmassen weht, sehr weit nördlich. In diesem Fall kann die kalte Luft aus Kanada kaum südwärts vordringen. Meist ist es dann besonders im Süden der USA überdurchschnittlich mild und Schneestürme treten kaum auf.

In der negativen Phase befindet sich in der Höhe meist ein blockierender Rücken in der Nähe von Grönland und/oder von Alaska (aktuell zu sehen an Abb. 10). Die kalte Luft aus Kanada wird dadurch förmlich gezwungen, südwärts auszuweichen. Es kommt insbesondere zwischen den Great Plains und dem Südosten der USA zu einer sehr kühlen Witterung mit Temperaturen deutlich unter dem Schnitt und dementsprechend auch zur Entwicklung mehrerer Nor'easter.

Bekannte Nor'easter
1. Die kräftigsten Nor'easter sind zugleich auch für die schwersten Blizzards verantwortlich. Vom 11. bis 13. Februar 2006 sorgte solch ein Schneesturm für 68,3 cm Schnee in New York, einem neuen Rekord seit Aufzeichnungsbeginn 1869.

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2. Der "große Blizzard" von 1978 fand zwischen dem 25. und 27. Januar des Jahres statt. In den Great Plains kam es zu schweren Orkanböen bis zu 161 km/h, in der Nähe von Detroit, Michigan, fielen 72 cm Schnee. In Ohio starben 51 Menschen durch den Sturm.

3. Der wohl schwerste Nor'easter war der Blizzard vom 11. bis 14. März 1888. Es fielen bis zu 147 cm Schnee. In Gravesend, New York, türmten sich durch Orkanböen bis 129 km/h (inoffiziell) die Schneewehen  bis zu 15,8 Meter. 400 Menschen starben bei diesen Schneesturm, der Schaden belief sich auf 1,2 Mrd. US-Dollar (auf 2008 umgerechnet).

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Bilderlizenzen:

(1) CC by-sa
(2) CC by-nd