Winterzeit - Lawinenzeit!
Der Winter hatte es bisher in sich! Anfangs war die Alpensüdseite deutlich vom Schnee begünstigt, nun bekommt die Nordseite den von allen Skifahrern langersehnten "Powder". Aber nicht vergessen: Lawinengefahr!
Lawinenunfälle in den Medien
Aktuell häufen sich in den Medien Berichte von Lawinenunfällen. Am Wochenende alleine wurden im Alpenbereich mehrere Lawinenunfälle gemeldet, die Bergrettung war zum Teil im Dauereinsatz. In den Bayrischen Alpen haben drei Lawinen mehrere Wintersportler unter sich begraben, ein Snowboarder wurde dabei am Wallberg getötet, weitere schwerverletzt. Das Risiko war durchaus bekannt. Der Lawinenwarndienst meldete zu diesem Zeitpunkt Stufe 4 in Lagen ab 1400 Meter, auch die Polizei hatte ausdrücklich vor dem Risiko gewarnt.
Lawinengefahr der nächsten Tage
Auf der Alpennordseite fielen in den letzten Tage erhebliche Mengen an Neuschnee, vor allem die üblichen "Nordstaulagen" konnten sich vor Schnee kaum retten (Abbildung 1 zeigt die Dicke der Neuschneedecke am Mittwoch Morgen). Vor allem in Kammlagen frischte der Wind zudem stürmisch auf, womit es zu erheblichen Schneeverfrachtungen kam. Die Lawinenwarndienste melden im Nordalpenbereich verbreitet Lawinenwarnstufe 4 – große Gefahr! Aufgrund der weiterhin frostigen Temperaturen entspannt sich die Lawinengefahr nur zögerlich.
Was ist die Ursache der aktuellen Gefahrensituation?
Erheblicher Neuschnee und Windverfrachtungen sind die perfekten Zutaten für die wohl berühmt-berüchtigste Lawinenart der Wintersportler – die Schneebrettlawine. Jedes Jahr fordert sie unzählige Todesopfer. Bei der windinduzierten Schneeumlagerung zerbrechen die feinen Schneekristalle und bilden eine dicke instabile Schicht, die bei geringer Zusatzbelastung (oft nur das Gewicht eines einzelnen Skifahrers) abgeht. Im Allgemeinen sinkt die Gefahr nach Schneefallende sukzesive, denn unter dem Eigengewicht setzt sich der Schnee, was zu einer besseren Bindung der Kristalle innerhalb der Schicht führt. Leicht positive Temperaturen und die Sonnenstrahlung unterstützen diesen Prozess. Da es aber weiterhin frostig bleibt, wird dieser Vorgang aktuell kaum unterstützt und die Gefahr sinkt nur zögerlich. Zudem ist in den nächsten Tagen wieder mit Neuschnee zu rechnen (siehe Abbildung 3).
Ist die Gefahr im Frühjahr vorbei?
Die Aussage "Winterzeit – Lawinenzeit!" kommt leicht über die Lippen. Natürlich ist dies nicht falsch, aber die Gefahr wird von vielen Faktoren günstig oder ungünstig beeinflußt. Generell gilt: Lawinen gibt es immer, sobald Schnee liegt! Aber die Art der Lawinen unterscheiden sich, je nach Entstehungsbedingungen, Exposition und Wetter (eine gute Übersicht gibt Wikipedia). Im Hochwinter und besonders in inneralpinen Regionen kann sehr feiner und lockerer Schnee als Staublawine abgehen (siehe Abbildung 4). Im Frühjahr steigt die Lawinengefahr oft im Tagesverlauf, obwohl kein Neuschnee fällt. Besonders in tieferen Lagen bringt das Tauwetter eine Durchfeuchtung der Schneedecke mit sich und das Schneepaket rutscht an der Grasnabe ab. Die Gefahr bei dieser Art der Lawinen besteht in deren "Kompaktheit". Der Verschüttete wird buchstäblich einbetoniert, Zwischenräume zum Atmen befinden sich darin kaum.
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Richtige Strategie
Im offenen Gelände besteht nie hundertprozentige Sicherheit, aber das Risiko kann minimiert werden. Neben der empfohlenen Ausrüstung (dazu gehören mindestens Lawinenpiepser, Schaufel, Sonde, Erste-Hilfe-Set) und einer Versicherung bei Bergunfällen gehört auch die richtige Strategie, das Risiko zu Minimieren, dazu. Der Tourengeher sollte nicht nur über das Gelände Bescheid wissen, sondern auch über das Wetter, die Kompetenzen seiner selbst und seiner Kollegen, sowie auf Änderungen im Gelände reagieren können. Als Informationsquelle seien hierbei besonders die beiden unten angeführten Bücher zu empfehlen.
Europäische Lawinenwarnstufen
Im Moment herrschen in weiten Teilen Europas sehr gute Wintersportbedingungen (siehe Abbildung 2). Sogar auf dem Bungsberg in der Holsteinischen Schweiz liefen seit drei Jahren die Lifte wieder. Die Lawinengefahr wird dort sicherlich nie ein Thema sein. Für die restlichen europäischen Länder hat sich Einschätzung der Gefahr deutlich erleichtert, denn seit 1993 gilt die Europäische Gefahrenskala für Lawinen: Dort gelten die Stufen 1 (gering) bis 5 (sehr groß) ((siehe auch hier). Ein Blick auf http://www.avalanches.org/ vom Eidgenössischen Institut für Schnee- und Lawinenforschung im Schweizer Davos sollte vorher also nicht fehlen. Dort finden Sportler Informationen zur aktuellen Lawinenwarnstufe in allen Europäischen Wintersportgebieten.
Fazit
Also nie "blind" ins freie Gelände, sondern sich vorher informieren. Oder am besten einen Lawinenkurs belegen. Glück hatte der Skifahrer im oben gezeigt Video. Ein Skifahrer löst beim alleinigen Abfahren eine Lawine aus, die wasserfallartig den Berg runterfließt. In diesem Falle fing es noch gut aus....
Literaturtipps:
Werner Munter, 3 x 3 Lawinen. Bergverlag Rother, 2002, ISBN 3-7633-2060-1
Martin Engler: Die weiße Gefahr – Schnee und Lawinen. Verlag Martin Engler, 2001, ISBN 3-9807591-1-3; siehe auch http://www.av-snowcard.de/
Webtipps:
saac.at Kostenlose Lawinencamps für Skifahrer und Snowboarder ab 14 Jahren
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