Schwarzes Meer: Unwetter
Die Kälte, die in den meisten Teilen Europas mittlerweile für Herbstgefühle mit Temperaturen zum Teil deutlich unter den Durchschnittswerten verantwortlich ist, prallt nun auf die feuchtwarme Luft im Südosten unseres Kontinents. In diesem Bereich ist die Lage nun durchaus brisant: Unwetter mit großkörnigem Hagel und kräftigen Windböen drohen.
Dabei ist die feuchtwarme Luft ein Überbleibsel aus der Hitzewelle, die Anfang des Monats noch auf der Balkanhalbinsel herrschte. Wie in Abb. 1 zu sehen kommt sie auf der Vorderseite einer "Kaltluftinsel" in der Höhe (einem so genannten Höhentief) von Afrika über das Mittelmeer in die Türkei, wo gestern in Ankara noch 32°C erreicht wurde (siehe Extremwerte von gestern).
Um die Unwetterlage zu verstehen, muss man sich dabei vor allem die unterschiedlichen Verhältnisse mit der Höhe ansehen:
Windänderung mit der Höhe
Am Boden befindet sich im Bereich dieser unterschiedlichen Luftmassen ein nicht sehr intensives, aber räumlich recht ausgeprägtes Tiefdruckgebiet mit dem Namen Olivia (Abb. 2.1 und 2.2), das sich von Griechenland bis in die Ukraine erstreckt. Der Wind dreht dabei gegen den Uhrzeigersinn. Dabei ist er besonders an der Westseite zum ausgedehnten Hoch Dieter recht kräftig, wie in Abb. 3.1 zu sehen ist.
In etwa 5,5 km Höhe dagegen zeichnet sich deutlich das oben schon erwähnte Höhentief ab. Es ist angefüllt mit kalter Luft und bewegt sich weiter südostwärts auf das schwarze Meer zu. In der Höhe weht dabei der Wind ebenfalls gegen den Uhrzeigersinn um diesen Bereich herum.
Der Wind dreht also mit der Höhe von Nord auf Südwest und ist dabei auch recht kräftig, in 5,5 km liegt die Geschwindigkeit bereits um 90 bis über 100 km/h (siehe Abb. 3.2 und 3.3). Diese so genannte Windscherung ist auch deutlich im Radiosondenaufstieg von Istanbul am heutigen Morgen um 2 Uhr MESZ zu erkennen (Abb. 4).
Alle Zutaten für Unwetter
Gleichzeitig schiebt sich dabei die kältere Luft über die bodennahen feuchtwarmen Schichten, was bedeutet, dass die Atmosphäre labiler wird und die energiereiche Luft (Abb. 5) leichter aufsteigen kann.
Bei dieser Kombination - Windscherung, feuchtwarme Luft am Boden und kalte in der Höhe - können sich nun kräftige Gewitter bilden, die durch die Änderung des Windes in Rotation geraten, wodurch so genannte Superzellen entstehen, die großkörnigen Hagel produzieren können und sehr kräftige Böen. Vereinzelt sind in solch einer Lage auch Tornados nicht auszuschließen, insbesondere über dem warmen Wasser des Schwarzen Meeres könnten sich auch Wasserhosen bilden.
Welche Regionen sind wann betroffen?
Die Unwettergefahr ist dabei bereits am heutigen Morgen vorhanden, wobei sie im Laufe des Tages weiter ansteigt. Der Extremwetter-Index des Europäischen Modells (Abb. 6) zeigt dabei, dass sich die Unwettergefahr langsam vom Balkan und der Westtürkei am heutigen Tag in Richtung Ukraine am Donnerstag verlagert, wobei die Hauptgefahr von großen Hagelkörnern und kräftigen Windböen ausgeht.
Auch die Niederschlagsmengen dürften im Bereich dieser Gewitter beachtlich werden, unser Multi-Model MOS berechnet 24-stündige Spitzenwerte von über 70 Litern pro Quadratmeter (Abb. 7).