In den kommenden Tagen und auch in der nächsten Woche wird es vor allem im Norden oft stürmisch. Wieso ist das so, und wo muss man in der nächsten Zeit besonders aufpassen?
Im Norden bemerkt man es in den letzten Tagen bereits deutlicher - einhergehend mit der sehr milden Luft sind wieder windige Zeiten angebrochen. Nicht nur das, auch das unbeständige Wetter wird uns in der nächsten Zeit auch erhalten bleiben. Einzelne Berechnungen verschiedener Wettermodelle berechnen für Freitag und Samstag, vor allem aber an einzelnen Tagen in der kommenden Woche auch Sturmgefahr nicht nur für Küste und Berge, sondern auch weiter im Landesinneren. Wie kommt es zu dem ständigen Wind, und wann sollten wir besonders auf Sturm achten?
Große Temperaturunterschiede
Wenn es darum geht, die Sturmlage derzeit zu verstehen, müssen wir viel weiter westlich auf unserer Nordhalbkugel ansetzen, in unserer Wetterküche, dem Atlantik. Grundsätzlich entstehen die Sturm- und Orkanwirbel durch große Temperaturunterschiede, die aus Ausbrüchen polarer Luft hervorgehen, die bei Grönland südwärts Richtung Atlantik stoßen und dort auf deutlich wärmere Luft treffen. Temperaturunterschiede sind dabei eng gekoppelt mit Druckunterschieden, und die Natur ist bestrebt, diese Unterschiede auszugleichen. Und dieser Ausgleich geschieht über den Wind.
Besonders beeindruckend ist dieser Ausgleichswind in der höheren Atmosphäre zu sein. Dort weht an der Grenze zwischen polarer Luft im Norden und subtropischer Luft im Süden ein Starkwindband um unseren Globus, genannt Jetstream. Bei besonders großen Unterschieden kommt es dort zu enormen Windgeschwindigkeiten. Wie an der Abbildung zu sehen, werden dort über dem Atlantik momentan zum Teil über 350 km/h erreicht. Man kann sich diesen Jetstream als Autobahn vorstellen, der die Intensität und auch die Zugbahn der Tiefs vorgibt.
Aber auch in Bodennähe werden bei den kräftigeren Wirbeln immer wieder Orkanböen über dem Atlantik erreicht, und bei entsprechender Zugbahn können diese dann auch vor allem in den küstennahen Gebieten sowie auf Bergen ebenfalls auftreten. Inwiefern müssen wir in Deutschland also in den kommenden Tagen mit Sturm rechnen?
Sturmgefahr in Deutschland
Zunächst herrscht vor allem auf den Gipfeln der nördlichen Mittelgebirge in den kommenden Tagen häufig Sturm, allen voran auf dem Brocken. Das ist für diesen sehr exponiert stehenden, nördlichsten über 1.000 Meter hohen Berg allerdings nichts Ungewöhnliches. Schaut man sich die Windprognose im 7-Tage-Wetter für den Brocken an, so erkennt man, dass nur für den kommenden Sonntag sowie für den nächsten Mittwoch keine Orkanböen berechnet werden. Aber auch sonst muss im höheren Bergland gelegentlich mit Sturmböen, teils auch über 100 km/h gerechnet werden, insbesondere am Samstag. Dennoch sollte man diese Windgeschwindigkeiten nicht unterschätzen, wie das folgende Video vom Januar 2015 zeigt, als fast genau vor einem Jahr Orkantief ENGEL für ähnliche Windgeschwindigkeiten auf dem Brockenplateau sorgte:
Tief ENGEL mit Orkanböen auf dem Brocken am 29.01.2015 - nicht zur Nachahmung empfohlen!
Doch wie sieht es für das Flachland aus? Zunächst beschränkt sich die Sturmgefahr dort auf die küstennahen Regionen ab der kommenden Nacht zum Freitag, während über dem Norden Deutschlands die Tiefausläufer schleifen und zunächst nur wenig südwärts vorankommen. Bis in der Nacht zum Samstag nimmt dann allerdings die Sturmgefahr auch an der Ostsee sowie im westlichen Niedersachsen bis zum nördlichen Nordrhein-Westfalen zu, während sich der Tiefausläufer allmählich südwärts in Bewegung setzt. Vor allem in Schauernähe sind dann Windböen in Sturmstärke möglich. Danach beruhigt sich der Wind etwas.
Im Laufe des Samstags zieht die Kaltfront dann weiter südwärts und mit ihr auch die Gefahr von Sturmböen, sodass am Sonntagnachmittag vor allem noch in Alpennähe mit Windspitzen über 80 km/h auch in tiefen Lagen gerechnet werden muss. Da es im Detail dabei noch Unsicherheiten gibt, lohnt es sich, zeitnah die Sturmwarnungen auf den Seiten unserer Unwetterzentrale oder mobil per AlertsPro App mitzuverfolgen.
Einzelne schwere Sturmböen zum Wochenstart
Interessant ist auch, was die verschiedenen Wettermodelle für die kommende Woche anbieten. Hier muss allerdings gleich vorweg geschickt werden, dass die verschiedenen berechneten Lösungen noch sehr weit auseinander driften, genaue Prognosen also mit größter Vorsicht zu genießen sind. Zu sehen ist aber das Potenzial für Sturm, das sich in der kommenden Woche entfalten könnte.
In den Fokus rückt zunächst einmal der kommende Wochenanfang. Hier herrscht noch einigermaßen Übereinstimmung unter den verschiedenen Vorhersagemodellen (allen voran ECWMF und GFS), dass südlich eines über Skandinavien ziehenden Sturmtiefs in knapp 1,5 km Höhe Windgeschwindigkeiten in Orkanstärke erreicht werden können, vor allem zum Dienstag hin über dem Nordosten Deutschlands. Ob diese Geschwindigkeiten auch im Flachland auftreten können hängt dann von der so genannten Rückseite des Tiefs ab. Dabei erfolgt an und hinter der Kaltfront der Übergang zu Schauerwetter. Und bei kräftigen Schauern kann dann dieser kräftige Höhenwind in Form von kurzzeitigen Böen auch den Boden erreichen. Jedenfalls sind in der Nordhälfte gebietsweise schwere Sturmböen zu erwarten!
Interessant wird es dann erneut am kommenden Donnerstag, wo zur Weiberfastnacht viele in den Straßenkarneval starten werden. Während das amerikanische Vorhersagemodell in Sachen Wind eher ruhige Zeiten vorhersagt, berechnete das ECMWF Modell mit seinem Lauf gestern Mittag einen kräftigen Sturmwirbel, der von der Nordsee her in Richtung Westmecklenburg ziehen sollte. Damit hätte sein Hauptsturmfeld vor allem über der Mitte Deutschlands gelegen, und einzelne orkanartige Böen über 110 oder gar Orkanböen um 120 km/h wären denkbar gewesen. Im aktuellen Lauf hat das Modell zwar diese Lösung wieder verworfen, es zeigt aber, dass man auf die Sturmentwicklung in den kommenden Tagen ein wachsames Auge werfen sollte ...