Ein Schneesturm mit Dimensionen, wie wir sie in Mitteleuropa nicht kennen, zieht derzeit über die japanischen Inseln hinweg.
Ein Orkantief, das alle uns bekannten Winterstürme in den Schatten stellt, sorgt in Japan aktuell für extrem schwierige Bedingungen. Dabei kommt es gebietsweise zu extremem Starkschneefall und schweren Orkanböen, an den Küsten türmen sich meterhohe Wellen. Auch der Flugverkehr ist betroffen, es kam bei Turbulenzen zu Verletzungen.
Mindestens drei Tote und mehrere Verletzte
Die möglichen Extremwerte, die mit diesem kräftigen Orkantief, das derzeit über der nördlichen japanischen Insel Hokkaido ostwärts auf den Pazifik zieht, sind dabei durchaus beeindruckend und nicht mit den Stürmen hier bei uns in Mitteleuropa zu vergleichen.
So kam es an diesem Mittwoch (Ortszeit) nördlich von Japan bereits zu Orkanböen von 120 km/h, auf der Insel Hokkaido kam es zu Windspitzen bis 144 km/h bei 10 bis 20 cm Neuschnee in kurzer Zeit. Knapp nordöstlich auf der russischen, aber von Japan beanspruchten Insel Kunaschir wurden bis 1 Uhr unserer Zeit bereits Spitzenwerte bis 159 km/h gemeldet (Juschno-Kurilsk).
Nach bisherigen Medienangaben kam es dabei zu mindestens drei Todesfällen. 203 Flüge mussten gestrichen werden. Eine Maschine der American Airlines von Seoul auf dem Weg in die USA musste in Tokio notlanden, Turbulenzen haben dafür gesorgt, dass sich mindestens ein Dutzend der Passagiere an Bord Verletzungen zugezogen haben. Die Behörden haben die Einwohner von Hokkaido aufgefordert, heute das Haus nicht zu verlassen.
Örtlich 80 bis 100 cm Neuschnee, Windspitzen bis 180 km/h
Dieser Schneesturm hat durchaus noch Potenzial für mehr: Schneeschauer, die über das Japanische Meer ziehen, können durch den Sturm in westlichen Staulagen der Gebirge 80 bis 100 cm Neuschnee bekommen. In exponierten Lagen im Norden des Landes sind dabei schwere Orkanböen mit 180 km/h möglich – meterhohe Verwehungen sind dann die Folge. An den Küsten wird vor Wellenhöhen von sieben bis zehn Metern gewarnt. Erste winterliche Eindrücke gibt es bereits aus den sozialen Netzwerken, die man mit MeteoEarth.com über den SocialLayer abrufen kann.
Wieso fällt in Japan so oft so viel Schnee?
Immer wieder kommt es in Japan, insbesondere auf Hokkaido, zu imposanten Neuschneemengen. Im Internet kursieren immer wieder Fotos von meterhohen Schneewänden, die sich an den Straßen auftürmen und die dort fahrenden Autos klein wirken lassen. Wieso ist das so?
Der Grund ist die geographische Lage, bei der im Winter alle für Schneestürme günstige Bedingungen zusammen kommen: Dabei baut sich über Sibirien ein kräftiges Kältehoch auf (kalte Luft sinkt ab, der Luftdruck am Boden steigt – Ostsibirien ist ja die kälteste bewohnte Region der Erde) mit extrem niedriger Temperatur. An seinem östlichen Rand entstehen häufig Tiefdruckgebiete, in diesem Fall über dem Osten Chinas, wo in der Nacht zum Mittwoch die Temperatur auf lokal bis zu -30 Grad fiel.
Nun kommt das Wasser ins Spiel: dieses ist wegen des Kuroshio bei Honshu recht warm (dieser „Golfstrom des Westpazifiks“ durchquert dort das Japanische Meer). Durch den extremen Temperaturunterschied zwischen dem Meerwasser und der sehr kalten Höhenluft kommt es regelmäßig zu einer „Bombogenese“ (starker Luftdruckfall eines Tiefs in kurzer Zeit). Nächste Zutat ist dann noch die Orographie. Auf der Rückseite entstehen über dem warmen Meer Schneeschauer, die strichweise extreme Neuschneemengen bringen können („Lake Effect Snow“), insbesondere im Stau der in Japan Nord-Süd-orientierten Gebirge. Daher kommt es in Tokio auf deren windabgewandten Seite im Winter oft zu Lee-Effekten mit föhnigen Aufheiterungen und guter Fernsicht.