Der Herbst bietet wettertechnisch einige Facetten. Heute blicken wir auf die Windentwicklung.
Kommt noch der Goldene Oktober oder gibt es nach Jahren relativer Ruhe mal wieder einen richtigen Herbststurm? Ein wenig wurde darauf ja schon in den gestrigen News eingegangen, wo aber vor allem gezeigt wurde, dass bisher der Niederschlag das Außergewöhnlichste am Oktober war.
Schauen wir uns heute also mal etwas detaillierter an, was in Sachen Dynamik nun in der Atmosphäre in den nächsten Tagen passieren wird. Bereits der erste Blick auf die 300 hPa-Karte (Bild 1) aus unseren Profikarten lässt erahnen, dass die Wetterküche etwas für uns bereit hält und sich die Wetterlage umstellen und der jetzige flache Hochkeil schnell verdrängt wird. Grund dafür ist ein nahezu zonal über den Nordatlantik direkt auf Mitteleuropa gerichtetes Starkwindband, ein so genannter Jetstreak. Hier herrschen in ca. 9 km Höhe Windgeschwindigkeiten von bis zu 300 km/h. Diese sorgen nicht nur für mächtig Rückenwind bei Transatlantikflügen aus den USA gen Mitteleuropa, sondern sie sind auch sozusagen der Motor für die Atmosphäre.
Dort wo die horizontalen Windgradienten besonders groß sind - also in den Regionen wo sich die Windgeschwindigkeit auf möglichst kurzem Weg am schnellsten ändert - herrschen die größten Scherkräfte. Wenn diese stark genug sind, dann können ursprünglich laminare Luftströmungen turbulent werden und verwirbeln. Klassischerweise entstehen auf diese Art dynamische Tiefdruckgebiete auf der linken, vorderen Ausströmseite eines solchen Jetstreaks, der hier die größten Windgeschwindigkeitsgradienten und damit die größten Scherkräfte herrschen. Zur Veranschaulichung dieses Prozesses kann man sich auch einen von Nord nach Süd gerichteten Stock im Wasser vorstellen, der auf seiner Südseite durch die dortige schnellere Strömung stärker beschleunigt wird als durch die langsamere Strömung der Nordseite. Der Stock wird durch diese Scherkräfte anfangen eine Drehbewegung im Gegenuhrzeigersinn durchzuführen.
Nichts anderes passiert nun auch in der Atmosphäre mit der Luft, die anfängt auf der Nordseite des Jetstreaks einen Wirbel zu bilden. Da dieses Starkwindband aber nicht stationär ist, sondern sich auch selbst gen Mitteleuropa verlagert, geschieht gleiches natürlich auch mit dem zugehörigen Tief, welches man in Abbildung 2 sehr schön sehen kann. Solange der Windgradient in der extremen Form vorhanden ist, besteht auch weiterhin ein Antrieb zur Aufrechterhaltung- bzw. zur Verstärkung des Tiefs, welches sich dann bis zum Bodenniveau durchsetzt.
Ist es ein Herbststurm?
Im jetzigen Fall fällt der Luftdruck im Tiefkern kurz vor dem Landgang nach derzeitigen Prognosen auf ca. 995 hPa (Abbildung 3). Im norddeutschen Raum wird hierbei der Südwest- bis Westwind deutlich auffrischen. In Böen sind dann Stärke 8 bis 9 zu erwarten. Das Auftreffen aufs Festland leitet für die meisten Tiefdruckgebiete allerdings auch gleichzeitig den Abschwächungsprozess ein. Die Bodenreibung sorgt dafür, dass der Wind bis zu 45° von seiner eigentlichen Richtung ins Zentrum hinein gerichtet abgelenkt wird. Dies führt zum sogenannten Auffüllungsprozess eines Tiefs und der Kerndruck steigt dann zumeist wieder rasch an. Nur in den wenigen Fällen, wo weiterhin die eingangs beschriebenen dynamischen Voraussetzungen vorhanden sind bzw. diese sich sogar intensivieren, kann auch ein Tief über dem Land noch Verstärkungstendenzen aufweisen. Dies ist diesmal allerdings nicht gegeben und so muss auch nicht mit einem wirklichen Herbststurm gerechnet werden.
Selbiger lässt auch nachfolgend noch auf sich warten, denn die Wetterlage wird sich grundlegend umstellen. Nach dem Abzug des Tiefs etabliert sich zum Wochenende hin eine recht stramme Südwestströmung. Mit dieser werden subtropische Luftmassen angezapft und bis nach Deutschland transportiert (Abbildung 4). Der Goldene Oktober scheint also dann doch noch zu kommen, zumindest für die Südosthälfte Deutschlands, denn hier wird vielerorts am Sonntag die 20°C-Marke noch einmal geknackt (siehe Abbildung 5).