Das Klima Südamerikas

23.07.2013 erstellt von Marcus Kundisch, La Paz, Bolivien / Frank Abel

Heute etwas Besonderes: Ein Gastbeitrag von Meteorologe Marcus Kundisch aus La Paz, Bolivien

Heute nehmen wir Sie mit auf eine Entdeckungsreise zur anderen Seite der Welt. Gemeinsam erleben wir diverse Klima- und Vegetationszonen auf dem südamerikanischen Kontinent und wandern dabei vom Amazonas-Regenwald durch die Anden bis nach Feuerland.

Südamerika ist ein klimatechnisch sehr interessanter Kontinent. Eine große Vielfalt an Vegetationsformen ist hier zu finden. Es gibt warme und kalte Wüsten, tropischen Regenwald, einen riesigen ausgetrockneten Salzsee und den höchstgelegenen See der Welt. Siedlungsgebiete auf über 3.000 Metern sind hier trotz reduziertem Sauerstoffgehalt der Luft keine Seltenheit.

Zunächst sei festgehalten, dass sich die Luft aufgrund der Coriolis-Kraft der Erde (durch die Erddrehung) in den Druckgebieten im entgegengesetzten Drehsinn zur Nordhalbkugel bewegt. Tiefdruckgebiete drehen sich also mit, Hochs entgegen dem Uhrzeigersinn.

Entlang der Westküste Südamerikas erstrecken sich die Anden, dessen höchste Erhebung mit 6.962 Metern der Berg Aconcagua in Argentinien ist. Der nördliche Teil des Kontinents ist verbreitet mit tropischem Regenwald bewachsen. Hier herrscht warmes und sehr feuchtes Klima („Äquatorialklima“). Gemeinsam mit der dort vorherrschenden großräumigen Zirkulation entstehen sehr dicke Quellwolken, aus denen der tropische Regen mit Tropfen bis zu einem Zentimeter Durchmesser fällt. Ursache ist die Sonneneinstrahlung, welche ja bekanntermaßen am Äquator ganzjährig am höchsten ist.

Tropen: fünf Mal so viel Regen wie in Mitteleuropa!
Das sorgt für eine hohe Verdunstung im Regenwald, woraus wiederum die dicken Wolken entstehen. Die Zone des tropischen Regens wandert leicht mit den Jahreszeiten, also mit dem sich ändernden Höchststand (Zenit) der Sonne, nach Norden oder Süden, jedoch lediglich über dem nördlichen Teil des Kontinents. Einen Großteil dieser Fläche macht das Amazonasbecken aus.

Der Begriff der Jahreszeiten existiert in der Nordhälfte Südamerikas eigentlich nicht. Hier kennt man nur Regenzeit und Trockenzeit (siehe Abb. 2.1 und 2.2). Grund hierfür ist die eben erwähnte Regenzone, die mit dem Sonnenstand wandert. Ist also bei uns Sommer, dann liegt diese Regenzone, im Fachterminus „Innertropische Konvergenzzone“ genannt, weiter nördlich.

Im tropischen Regenwald fällt pro Jahr mit einer Menge von 2.000 bis 4.000 mm über fünf Mal so viel Regen wie in Mitteleuropa. Dabei sollte man einbeziehen, dass sich diese Menge fast gänzlich auf die Regenzeit konzentriert, während es bei uns das ganze Jahr über Niederschläge gibt. Das sagt viel über die Intensität des Regens aus! 

Brandrodung: Pro Minute 35 Fußballfelder
Der südliche Teil des Regenwaldes im Amazonasbecken leidet dann (also im Südhalbkugel-Winter) unter Trockenheit. Diese Periode machen sich die Bauern zunutze und vergrößern ihre Felder, indem sie den (nun trockenen) Regenwald mit gelegten Bränden roden. Hier werden in einer Minute(!) allein in Brasilien 4.000 Quadratmeter Wald vernichtet. Das entspricht einer Fläche von 35 Fußballfeldern – pro Minute! Seit 1970 wurden 700.000 km² Amazonas-Regenwald vernichtet. 6 Millionen km² sind noch übrig, das bedeutete bei konstantem Fortschreiten der Abholzung das Ende des brasilianischen Regenwaldes im Jahr 2030. Das Ausmaß kann man sich übrigens auch selbst mithilfe von Google Earth veranschaulichen:

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Die Anden: Höchster See der Welt und Hotels aus Salz
Doch nicht nur tropisches Klima, auch gemäßigte und extreme Klimate beherrschen den südamerikanischen Kontinent. Vor allem in den Anden wird es regelmäßig nachts aufgrund der Höhe frostig, während tagsüber mit Sonnenschein auch mal angenehme 14-17°C erreicht werden können, wie beispielsweise in La Paz. Die Stadt mit dem Regierungssitz Boliviens liegt auf 3.600 m üNN, direkt in den Anden.

Hier splitten sich die Bergketten, dazwischen formt sich die größte Hochebene der Welt: Das Altiplano. In dessen nördlichem Teil liegt auf 3.800 m ü. NN der weltweit höchste kommerziell schiffbare See, der Titicaca-See. Südlicher befindet sich der Salar de Uyuni: die mit 10.000 km² größte Salzfläche der Welt. Vor 10.000 Jahren ausgetrocknet, ist nun eines der größten Lithium-Vorkommen der Erde freigelegt. Darüber hinaus hat man dort Hotels komplett aus Salz errichtet – touristische Attraktionen:

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Das Klima dieser Region verbindet man nicht unmittelbar mit den Tropen, obwohl diese aus geografischem Blickwinkel zwischen den Wendekreisen liegt, und damit laut Definition in den Tropen. Wie oben erwähnt, gibt es hier keine Jahreszeiten. Hier herrscht „Tageszeitenklima“: Die Temperaturschwankungen sind zwischen Tag und Nacht größer als zwischen Winter und Sommer!

Hochgebirge: Wichtig für Klimaforschung
Für Klimaforscher sind besonders die Standpunkte im Hochgebirge wichtig. Aerosolpartikel (über die Auswirkungen hat Marcus Kundisch an dieser Stelle im März 2013 geschrieben), also winzige feste oder flüssige Teilchen in der Atmosphäre, können dort ungestört mit den globalen Zirkulationen lange Wege zurücklegen und vermessen werden. Dabei spielen Größe, chemische Zusammensetzung und die Farbe eine Rolle für die Forschung. Aerosolpartikel sind in der Lage, Sonnenstrahlung und Wärmestrahlung der Erde entscheidend in Weg und Intensität zu ändern, und haben damit direkte und indirekte Einflüsse auf unser Klima, indem sie die Temperaturen verschiedener atmosphärischer Schichten ändern, und die Lebensdauer von Wolken beeinflussen können.

An der Westküste des mittleren Südamerikas ist es sehr trocken. Prägend sind hier trockene Passatwinde. Fischer haben hier mit dem unregelmäßig auftretenden „El Niño“-Phänomen zu kämpfen. Aufgrund von veränderten Meeresströmungen im Südpazifik kommt es während solcher Phasen zwar zu mehr Niederschlag an der Westküste des Kontinents, also in Peru und Chile, allerdings strömt auch wärmeres Wasser vor die Küste. Das bedeutet weniger Nährstoffe für die Fische und somit Fischsterben, außerdem ist das Wasser zu warm für die diese sehr temperaturempfindlichen Tiere.

Eine weitere Besonderheit der Anden ist der Einfluss auf das großräumige Klima: Die lange Bergkette mit Nord-Süd-Erstreckung stört die Westwindzirkulation in den mittleren Breiten (Abb. 3 und 4), welche auf der Südhalbkugel ebenso vorhanden ist wie bei uns. Aufgrund diverser theoretischer Erhaltungssätze der Meteorologie geschieht es, dass sich in der dem Wind abgewandten Ostseite des Gebirges („Lee“) häufig Tiefdruckgebiete entwickeln.

Der Süden: kühlgemäßigter Regenwald und Feuerland
Doch direkt im Regenschatten hinter dem Gebirge, wie beispielsweise in Patagonien, kommt es oft zu Dürren. Währenddessen existiert in Chile aufgrund von heftigen Niederschlägen im Weststau der Anden der (kühlgemäßigte) Valdivianische Regenwald. Historisch gesehen gibt es hier eine einzigartige Fauna, mit sehr alten, immer noch existierenden Arten:

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Weiter polwärts gewandert, gelangen wir zur Südspitze des Kontinents, nach Feuerland. Hier herrscht das „kühle Kontinentalklima“. Wie in Russland oder dem mittleren Nordamerika gibt es hier Jahreszeiten, Niederschlag fällt ganzjährig, und die höchsten Temperaturen gibt es im Sommer.