Im Laufe des Mittwochs bis in die folgende Nacht sind wieder schwere Unwetter im Westen möglich!
Derzeit entwickelt sich erneut eine brisante Wetterlage über Europa. Diese Wetterlage ist von ihrem Unwetterpotenzial durchaus vergleichbar mit der vom Montag, als schwere Gewitter Personen- und Sachschaden verursachten (wir berichteten). Wo, wann und warum müssen wir heute wieder damit rechnen?
Im Westen schwül-heiß
Unwetter brauchen dabei mehrere Zutaten. Eine Hauptzutat ist dabei zunächst einmal Energie. Woher stammt die Energie? Aus der spürbaren Wärme, die wir auch auf dem Thermometer ablesen können und aus der im Wasser "gespeicherten" Wärme. Den höchsten Energiegehalt hat demnach schwül-heiße Luft.
Diese schwüle und heiße Luft wird dabei, ganz ähnlich wie am Montag, auf der Vorderseite eines Troges, also eines Kaltluftvorstoßes über dem östlichen Atlantik herangeführt. Er ist in Richtung Britische Inseln und Bretagne gerichtet und bewegt sich langsam östlich voran, sehr gut zu sehen in Abb. 2.
In diesen Trog eingebettet befindet sich das kräftige Tief Olivia am Boden. Auf der Vorderseite schiebt es schwüle und heiße Luft von Südwesten her nach Deutschland. Besonders in Südbaden, speziell im Markgräflerland wird die Luft also wieder drückend schwül werden bei rund 36°C im Oberrheingraben. Nach Osten hin ist die Luft dagegen recht trocken und die Hitze mit Höchsttemperaturen um 34°C besser zu ertragen.
Energie und Dynamik
Aber schwül-heiße Luft allein reicht nicht aus. Die zweite Zutat ist die Dynamik, damit die potentielle Energie "spürbar" wird. Diese potentielle Energie für Gewitter nennt man übrigens CAPE (Convective Available Potential Energy). Schaut man sich also eine CAPE-Darstellung in den Profikarten an und sieht hohe Werte, so muss das noch nicht zwingend für eine hohe Gewitterwahrscheinlichkeit sprechen. CAPE wird in Joule pro Kilogramm angegeben, die Werte steigen von Frankreich her zum heutigen Abend auf rund 1.000 bis 1.500 J/kg (Abb. 4).
Wie kommt die Luft in Bewegung? Grundsätzlich durch den Luftmassenwechsel, der sich bei Durchzug der Fronten des Tiefs Olivia vollzieht. Aber man muss noch etwas genauer hinsehen, um die Unwettergefahr abschätzen zu können. Dabei geht es vor allem um die Verhältnisse in der Vertikalen, also von unten nach oben in der Atmosphäre.
Denn während am Boden die sehr warme und feuchte Luft von Frankreich und Benelux heranweht, pustet in mittleren Höhen von rund 3 Kilometern ein kräftiger Wind um das Tief herum (Abb. 5). Hier wird dann bereits in der Höhe die kühlere Luft hereingeschoben, die dafür sorgt, dass die Atmosphäre labiler wird, die Luft also leichter aufsteigen kann.
Für das Aufsteigen und damit der Schauer- und Gewitterbildung sorgt dann auch die Front selbst. Verschärfend wirkt ein kleines Detail, ein so genannter Kurzwellentrog. Auf der Höhenkarte im 700 hPa (rund 3 km Niveau) kann man ihn in der Vorhersage für heute, 14.07.10, 20 Uhr, kaum ausmachen (Abb. 5), erst wenn man den Kartenausschnitt für die Benelux-Länder vergrößert (Abb. 7) ist er deutlicher zu sehen.
Ohne auf Details einzugehen, kann diese kleinräumige "Störung" dafür sorgen, dass in diesem Bereich die Luft kräftig aufsteigt (Abb. 8) und sich am Boden ein kleines Tief bildet, das wiederum das Windfeld in der Höhe aufrecht erhält oder verstärkt, wobei auch die Windscherung weiter zunehmen kann. Die Vorhersagemodelle prognostizieren Geschwindigkeiten von über 100 km/h in etwa 3 km Höhe und über 140 km/h in rund 5,5 km.
Unwetter: Was kann passieren?
Die Hauptgefahr besteht also darin, dass sich ab heute Abend von Frankreich und Benelux kommend eine Gewitterlinie formiert, die man auf dem Radar als Linie oder sogar Bogen (Bow Echo, siehe Wetternews vom Dienstag) erkennt mit all den bekannten Folgeerscheinungen. Zusammengefasst:
* Spätnachmittags im Westen und Südwesten örtlich, abends und nachts häufig Schauer oder Gewitter, Gefahr von Hagel, örtlich 2 bis 4 cm Durchmesser möglich, Starkregen und Sturmböen
* besonders im Nordwesten von der Saar bis zum Mittel- und Niederrhein auch Gefahr durch orkanartige Böen über 110 km/h
* besonders in Richtung Emsland bis zur Nordsee auch Gefahr durch wiederholten gewittrigen Starkregen mit Überflutungsgefahr
Im Verlaufe der Nacht zum Donnerstag ziehen die Gewitter weiter ostwärts, wobei die Unwettergefahr in diese Richtung allmählich abnimmt, aber nicht ganz verschwindet. Man sollte also heute ab und zu ein Auge auf das Europaradar und aktuelle Unwetterwarnungen haben.