Herbstliche Temperaturen und wechselhaftes Wetter. Am Wochenende dominiert die Schafskälte Deutschland.
Pünktlich zum Wochenende erreicht die sogenannte Schafskälte Deutschland. Mit einer Drehung der Strömung auf Nord wird es demnach deutlich kühler. Aber was hat es mit der Schafskälte eigentlich auf sich? Woher kommt die Kälte?
Wetterlage
Anhand der Abbildung 1 werden die Druckverhältnisse am Boden deutlich. Somit liegt derzeit ein Hochdruckgebiet (Antizyklone) über dem Atlantik und ein Tiefdruckgebiet (Zyklone) über Südschweden. Zwischen diesen beiden Druckgebilden strömen Luftmassen polaren Ursprungs südwärts nach Mitteleuropa. Das Strömungsmuster ist auch gut im 500hPa-Geopotential (Abbildung 2) zu erkennen. Die 500hPa-Isolinien zeigen die Verteilung von Hoch- und Tiefdruckgebieten in der mittleren Atmosphäre, in einer Höhe von etwa 5,5 km, falls sie abgeschlossen sind. Sonst bezeichnet man Gebiete relativ tieferen Luftdrucks als Trog und Gebiete relativ höheren Luftdrucks als Keil oder Rücken. Anhand der Abbildung 2 wird ein deutlicher Trog sichtbar, dessen Achse sich bis zum Mittelmeer erstreckt. Auf der Trogrückseite sind die Isobaren stark geschert, also stark gedrängt, wodurch ein starkes Druckgefälle besteht. Hohe Windgeschwindigkeiten in der Höhe sind das Resultat (grün eingefärbtes Windfeld über den Britischen Inseln in Abbildung 2). Auch in tieferen Luftschichten, nämlich im 850hPa-Niveau (etwa 1,5 km Höhe) ist ein ähnliches Muster erkennbar (Abbildung 3).
Deutlich kühler und wechselhafter
Doch welcher Wettercharakter resultiert aus dieser Druckkonstellation? Kurzum, es wird deutlich kühler und wechselhafter. Während am Freitag in der Mitte Deutschlands, vor allem in einem Streifen von Rheinland-Pfalz über Thüringen bis an die Oder, Höchstwerte von über 25°C erreicht wurden (Abbildung 4 und 5), geht es heute mit der Temperatur merklich in den Keller. Somit prognostiziert das ECMWF-Modell um 14 Uhr MESZ Werte deutlich unter der 20-Grad-Marke (Abbildung 6), tagsüber höchstens nur noch 11 bis 17°C. Auf den Bergen werden sogar nur einstellige Höchstwerte erreicht. Dabei sind Schauer und einzelne Gewitter möglich. In Verbindung mit einem lebhaften Nordwestwind ist der Wettercharakter eher herbstlich.
Sommerliche Kleidung kann auch am Sonntag in weiten Teilen Deutschlands erst einmal im Schrank bleiben. Mit Höchstwerten um 12 Grad in München und 20 Grad in Berlin ist es für den bevorstehenden kalendarischen Sommeranfang vielerorts deutlich zu kühl. Vor allem im Süden bleibt es ungemütlich, während sich nach Norden hin wieder öfter die Sonne durchsetzen kann.
Schafskälte - eine meteorologische Singularität
Meteorologen bezeichnen den häufigen Kälterückfall im Juni (meist zwischen dem 4. und 20.) als "Schafskälte" - der Begriff geht darauf zurück, dass zu dieser Jahreszeit die Schafe bereits geschoren sind und bei niedrigen Temperaturen frieren müssen. Die Schafskälte tritt nicht jedes Jahr auf. Durch kühle und feuchte, aus dem Nordwesten einströmende Luft sinkt die Temperatur um 5 bis 10 Grad Celsius. Begleiterscheinungen können Bodenfrost und in den Gipfellagen der Mittelgebirge sogar noch einmal eine dünne Schneedecke sein.
Als meteorologische Singularitäten werden Witterungsereignisse bezeichnet, die zu bestimmten Zeiten des Jahres überdurchschnittlich häufig auftreten. Die bekanntesten Singularitäten in Mitteleuropa sind neben der Schafskälte die Schönwetterperioden Ende September (Altweibersommer) und im November (Martinssommer), Tauwetter zu Weihnachten sowie Kaltlufteinbrüche zwischen dem 11. und 14. Mai (Eisheilige).
Schafskälte als Hinweis für den Sommer?
Grundsätzlich sind die Übergangsjahreszeiten Frühling und Herbst anfällig für solche Wetterextreme. Aussagen darüber, ob auch der Sommer kühl und verregnet wird, sind nach Angaben der Wetterforscher von der Schafskälte nicht abzuleiten. Als sommerweisende Bauernregel gibt es ja schließlich den bekannten Siebenschläfertag am 27. Juni, der uns noch bevorsteht.
Dennoch gibt es eine Bauernregel für den heutigen Tag: "Wenn's regnet auf Gervasius, es 40 Tage regnen muss". (Gervasius = 19.6.)