Zweigeteiltes Wetter

15.06.2010 erstellt von Frank Abel

Im Süden Deutschlands grau und nass, im Norden viel Sonnenschein. Wie geht es weiter?

In den kommenden Tagen geht es zwischen Kiel, Hamburg, München und Passau recht unterschiedlich zu. Während man sich in der Nordhälfte auf einen freundlichen Donnerstag bei 20 bis 24°C freuen kann , droht im Süden die Gefahr von lokalem Starkregen. Ein Höhentief sorgt hier für ungemütliches Wetter, ist jedoch auch schwer berechenbar.

Ein Höhentief bezeichnet dabei einen Tiefdruckwirbel, der auf den Bodendruckkarten kaum als Tiefdruckgebiet auszumachen ist, sondern vor allem in den höheren Luftschichten erkennbar ist. In unserem Fall hat sich aktuell dieser Höhenwirbel über Skandinavien abgespalten. Diesen Prozess nennt man "Abtropfprozess". Ein Begriff, der sehr anschaulich formuliert, wie sich ein abgeschlossener Bereich kalter Luft in der Höhe abspaltet und dann als kleinräumiges Gebilde weiter wandert.

Höhentief schwer vorhersagbar
Diese Höhentiefs sind dabei recht problematisch, denn sie können von den Vorhersagemodellen nicht gut erfasst oder prognostiziert werden. Man kann sie sich in etwa vorstellen wie ein Fettauge in der Suppe. Auch bei diesem ist ja der Zugweg recht schwer vorhersehbar. Und so bestehen bei der weiteren Wetterentwicklung für Europa und auch für Deutschland in dieser Woche große Unsicherheiten.

Ein Trend jedoch ist hierzulande klar. Von Südwesten her werden sich in den kommenden Tagen mehr und mehr Wolken zeigen, und die Niederschlagsneigung wird deutlich zunehmen, während nach Nordwesten hin das noch kräftige Hoch Vakur, heute mit Zentrum über dem nördlichen Ostatlantik, seinen Einfluss hat. 

Dienstag: Im Norden sonnig, im Süden erster Regen
Nördlich von Eifel, Kyffhäuser und Leipziger Tieflandsbucht werden wir also häufig die Sonne zu sehen bekommen, und mit Regen ist demnach auch nicht zu rechnen. Gleichzeitig sorgt der kalte Höhenwirbel jedoch bereits über dem südwestlichen Europa dafür, dass die Luft unter ihm aufsteigt. Es kommt am Boden also zu Druckfall, wodurch sich wiederum ein Tief über Frankreich verstärken und aktiv werden kann.

Hiervon wird man dann bereits in Richtung Südbaden und Alpen etwas mitbekommen, wo im Tagesverlauf und zum Abend hin vermehrt Regen fallen wird. Auch der Wind nimmt bei den steigenden Gegensätzen zwischen steigendem Luftdruck von Norden und fallendem von Süden zu, sodass in Richtung Rhein und Alpenvorland ein böiger Wind wehen wird, in höheren Lagen muss mit stürmischen Böen gerechnet werden.

Am Mittwoch nehmen die Gegensätze noch weiter zu. Das besagte Höhentief wandert weiter in Richtung Frankreich und auf das nordwestliche Italien zu, sodass der mit ihm verbundene Regen vom Alpenrand weiter nach Norden ausgreifen dürfte. Die "nördlichsten Tropfen" fallen voraussichtlich bis zu einer Linie Eifel-Vogtland. Nördlich hiervon sollte es zumindest meist trocken bleiben, und von den nördlichen Mittelgebirgen in Richtung Küsten zeigt sich immer häufiger die Sonne, teilweise bleibt es sogar wolkenlos.

Andererseits muss gerade in Baden-Württemberg und Bayern mit teils länger anhaltendem Regen gerechnet werden, wobei hier die Sonnenstrahlen höchstens vereinzelt durch die Wolken brechen können. Je näher man sich in der Nähe der Alpen befindet, desto eher muss man dabei auch mit kräftigem Regen rechnen, der teils auch von Blitz und Donner begleitet sein kann. Wo der kräftigste Regen genau auftreten wird, kann man wegen der oben beschriebenen Unsicherheiten aber heute noch nicht einschätzen. Die Temperaturen halt sich hier meist im Bereich von maximal knapp unter 20°C auf, im Norden meist etwas darüber.

Der Donnerstag sieht ähnlich aus, die Details sind nach wie vor unsicher. Vermutlich werden die Niederschläge noch etwas weiter nördlich ausgreifen, sodass auch Sachsen, Thüringen, das südliche Sachsen-Anhalt und Nordhessen betroffen sein könnte. Nach Süden hin muss mit schauerartigem, teils gewittrigem Regen gerechnet werden, während zumindest zwischenzeitlich in Alpennähe auch die Sonne zu sehen sein dürfte.

Nach Norden hin scheint weiter die Sonne, oder es driften ein paar Wolkenfelder von der Ostsee an die Küsten, die aber kaum für Schauer gut sein dürften. 

Am Freitag zeigt nun das europäische Vorhersagemodell, das sich an den östlichen Alpen ein zweiter Tiefschwerpunkt bilden könnte, und dieser Wirbel zöge dann über Tschechien und Polen weiter in Richtung Baltikum (Abb. 3). Das amerikanische Vorhersagemodell hingegen belässt das Höhentief mit seinem Schwerpunkt über dem südwestlichen Mitteleuropa (Abb. 4), wo es allmählich abschwächt. 

Demzufolge zeigt das amerikanische Modell den Niederschlagsschwerpunkt über der Schweiz und dem nordwestlichen Italien (Abb. 5), das europäische dagegen über der Balkanhalbinsel und Tschechien bis in das südöstliche Deutschland (Abb. 6).

Wahrscheinlich ist daher aus heutiger Sicht, dass die Niederschläge im Süden weiter auftreten und zunehmend auch im Osten mit Schauern gerechnet werden muss. Sollte dies so kommen, sollte es Gärtner und Landwirte freuen, immerhin gilt wegen der anhaltenden Trockenheit hier gebietsweise bereits die höchste Waldbrandwarnstufe. Im Nordwesten dagegen sollte es meist trocken und teils auch freundlich sein. 

Bis Freitag wird es also besonders im Süden Deutschlands nass. Unwetterartige Erscheinungen dürften hier aber höchstens örtlich auftreten. Deutlich höher ist die Unwettergefahr südlich des Alpenhauptkamms, wie man an den Niederschlagssummen erkennen kann (Abb. 7 und 8)

Am Wochenende sehr kühl?
Was gleichzeitig am Freitag im Norden Europas passiert, dürfte ebenso interessant sein. Die Mehrzahl der Vorhersagemodelle prognostizieren, dass sich das Hoch wieder auf den Atlantik zurückzieht, sodass uns an seiner Ostflanke wieder polare Luft erreichen kann. Die wohl ungemütlichste Prognose stammt dabei vom europäischen Modell. Hier arbeiten dieses Hoch und das o.g. Tief, das dann in Richtung Baltikum gezogen ist, zusammen und schaufeln die kältestmögliche Luft auf Deutschland zu (Abb. 9). 

Sollte dieses Vorhersagemodell Recht behalten, so müssten wir mit Aprilwetter rechnen. Nicht nur wegen eines Wechsels von Sonne, Wolken und Schauern, sondern auch in Sachen Temperatur wären wir dann nicht weit von diesem Monat entfernt: Die Höchsttemperaturen lägen meist zwischen 14 und 18°C, an der Ostsee bei 12°C und nur im Süden könnten hier und da 20°C erreicht werden.