Nach Rekordtemperaturen des Atlantiks im März erwarten Experten mehr Hurrikane als normal
Hurrikan-Experten erwarten eine überdurchschnittliche Hurrikan-Saison in diesem Jahr. Darüber sind sich zwei unabhängige Institute, eines von der Colorado State University in den USA und ein privates Unternehmen in Großbritannien (Tropical Storm Risk, Inc. / TSR einig). Was sind die Gründe?
Das Augenmerk gilt in diesem Fall der so genannten Hauptentwicklungsregion für Hurrikane im tropischen Atlantik. Viele Hurrikane entstehen hier aus so genannten "Easterly Waves" vor der Küste Afrikas. Diese Wellenstörungen in der Atmosphäre wandern dann über den tropischen Atlantik ostwärts und können sich unter gegebenen Bedingungen verstärken. So kann bestenfalls aus einer Easterly Wave zunächst eine Tropische Depression und dann ein Tropischer Sturm werden. Eine organisierte Struktur, das um ein Zentrum herum rotiert ab einer mittleren Windgeschwindigkeit von über 118 km/h nennt man dann Hurrikan.
Die Easterly Waves sind für 60% aller benannten tropischen Stürme und 85% der kräftigen Hurrikane verantwortlich. Die Stärke der Hurrikane richtet sich dabei nach der so genannten Saffir-Simpson Skala, die sich ebenfalls an der mittleren Windgeschwindigkeit orientiert. Dabei gibt es 5 Kategorien, einen Hurrikan ab Kategorie 3 nennt man dann einen "Major Hurricane". Hurrikane können nicht nur durch die extremen Winde als noch viel mehr durch die Wassermassen der schauerartigen Niederschläge und auch Sturmfluten im Küstenbereich für enorme Schäden verantwortlich sein - Das wohl prominenteste Beispiel der jüngsten Zeit ist der Hurrikan Katrina aus dem Jahr 2005, der New Orleans komplett verwüstete. Hier eine Demonstration, wie kräftig Hurrikane sein können:
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Ihre Energie beziehen Hurrikane dabei aus der tropisch-feuchten Luft. Sie muss von unten permanent nachgeführt werden, damit der Hurrikane sich verstärken kann oder auch nur erhalten bleibt. Je wärmer also die Oberflächentemperatur des tropischen Meerwassers, umso mehr Energie steht zur Verfügung. Ist zudem die Windscherung, also die Änderung des Windes mit der Höhe, gering, so können sich über dem wärmsten Wasser die kräftigsten Wirbelstürme entwickeln.
Rekordtemperaturen des Atlantiks
Alarmierend für die Experten sind derzeit die Oberflächentemperaturen des Atlantikwassers. Denn in der so genannten Hauptentwicklungsregion (MDR = Main Development Region) für Hurrikane auf dem tropischen Atlantik waren die im März 2010 ermittelten Werte so hoch wie noch nie seit Beginn der Aufzeichnungen im Jahre 1850 (auch wenn viele Daten in der Zeit vor 1910 fehlen).
Die Abweichung betrug +1,26°C von den langjährigen Mittelwerten, das ist die höchste Abweichung überhaupt, die nur im Juni 2005 ebenfalls festgestellt wurde. Die bisherige höchste März-Abweichung von +1,06°C wurde damit weit übertroffen. Die Erfahrung zeigt: Sind die Wasseroberflächentemperaturen in der MDR überdurchschnittlich hoch, so folgt auch eine sehr aktive Hurrikan-Saison. Nur bei einem starken El Niño gilt diese Schlussfolgerung nicht.
Wieso ist der Atlantik so warm?
Der Grund wurde in unseren Wetternews bereits angesprochen. Hier geht es um zyklische Änderungen in den ozeanischen und atmosphärischen Strömungen, im Speziellen um die Arktische Oszillation (AO) und Nordatlantische Oszillation (NAO). Hatten wir bis in die 90er Jahre des letzten Jahrhunderts zurück dabei häufig die so genannte positive Phase, so war sie in den vergangenen Monaten teils stark negativ.
Das bedeutet unter anderem, dass die Luftdruckunterschiede zwischen dem uns bekannten Azorenhoch (genauer: die Hochdruckzone, die sich häufig zwischen Azoren und Bermuda befindet) und Islandtief wenig stark ausgeprägt sind. Dies bedeutet wiederum schwächere Passatwinde, die zum einen für weniger kühlende Verdunstung der Meeresoberfläche sorgen, zum anderen für eine schwächere Durchmischung mit dem kälteren Tiefenwasser des Atlantik. Überlagert ist noch die beobachtbare generelle Erwärmung des Meerwassers in den letzten Jahrzehnten aufgrund der steigenden Globaltemperatur.
Schlussfolgerung für die Hurrikane?
Schaut man in die Vergangenheit zurück, so waren alle Hurrikansaisons mit den letzten Rekord-Märzwerten des Atlantik-Meerwassers 1958, 1969 und 2005 überdurchschnittlich stark. Im Mittel kam es in diesen Saisons zu 11 Hurrikanen, davon 6 starken. Die Normalwerte liegen bei 6 Hurrikanen und 2 starken.
Vorhersagen für diese Hurrikansaison
Dr. Phil Klotzbach und Dr. Bill Gray von der Colorado State University (CSU) prognostizieren daher für diese Saison 8 Hurrikane, davon 4 starke Hurrikane. Daraus leitet sich eine 30% höhere Wahrscheinlichkeit ab, dass ein Hurrikan auch die Ostküste der USA trifft (zu 45%) oder die Golfküste (zu 44%). Die Forscher erwarten, dass der momentan noch mäßige El Niño seine für April und Mai typische Umkehr hin zu neutralen Verhältnissen oder sogar zu La Niña Bedingungen hin macht, was ebenfalls für Hurrikane begünstigend wirkt (siehe Abbildung links).
Es sollte aber gleich dazu gesagt werden, dass die April-Vorhersagen noch an Treffsicherheit zu wünschen übrig lassen, immerhin aber einen Trend abbilden können. Interessanter wird dann die Prognose im Juni sein.
Die britische Firma Tropical Storm Risk, Inc. (TSR) prognostiziert in eine ähnliche Richtung. Auch sie sagt zu 74% eine deutlich überdurchschnittliche Hurrikan-Saison voraus mit 8,5 Hurrikanen, davon 4,0 der Kategorie 3 oder höher. Laut der TSR-Vorhersage könnten statistisch 2,3 Hurrikane die USA treffen.
Man kann mit Sicherheit davon ausgehen, dass die Einwohner der gefährdeten Regionen, aber auch die Versicherungen die weiteren Prognosen mit besonderer Aufmerksamkeit verfolgen werden.